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Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881.

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Insel. Erneuert wurde periodisch auch (von der Sonne, wie
in Cuzco) das vestalische Feuer, sonst unverlöschlich erhalten,
gleich dem der Damara, die es sich auf den Wanderungen
von einer Jungfrau vortragen liessen, die Spartaner dagegen
auf dem Feldzug durch die Pyrphoros (vom Altar entnom-
men, worauf der König dem Zeus Agetor geopfert hatte).

Wie in den Upanishad Indiens aus dem Asat*) (Nicht-
sein), entwickelt sich bei den Maori die Welt aus dem Kore
(noch nicht), in erster Ableitung, gleich der auf den in Or-
mazd Geist aufsteigenden Zweifel angeregten, auf den Wegen
buddhistischer Avixa (durch die Nidana).

Aus den Kreisungen unendlicher Po oder Urnächte, tritt
in Oceanien dieser Process in lebendige Wirkung, und so
strahlt der von Tane (beim Hervorblick aus dichter Umhül-
lung der Eltern) aus dem Jenseits erschauter Glanz in die-
jenigen Religionen ein, die einen Ausblick dahin eröffnen.

Bei Damascius bildet Kronos, nachdem er aus dem Chaos
Aether und Erebos geschaffen, das Ei, aus dem Phanes her-
vortritt. Nach dem Midrach Tanchuma hat Jehova durch
Weisheit**) die Erde gegründet, mit der Thora berathend

*) Als weder Nichtsein noch Sein war (Na asad asid) und in Alles Ein-
gehüllt nur der Einzige athmete, da, in der Dunkelheit entstand zuerst
das Begehr (Kamas) zum Leitungsfaden für die umschlossenen Fähigkeiten
(im Rigveda). Im Anfang war das All nicht seiend (asad vai idam agre asih)
bis zum Athmen (Satapatha Brahmana).
**) Die grossartigste Gründung, welche die Welt je gesehen, fand Statt
zur Zeit des deshalb der Grosse genannten Constantin, als bei Gründung des
Christenthums auf palästinischen Unterlagen durch Staatsdonationen die ge-
sammte Benefizenz (wie sonst von den Kaisern direct in Stadt-Almosen und
Schenkungen verliehen) in die Hände der Bischöfe (unter Erweiterung der
früher in den Gemeinden von den Diakonen besorgten Verwaltung) gelangte,
um aus den Fonds Xenodochien, Ptochotrophien, Gerokomien, Nosokomien,
Orphanotrophien u. s. w. (s. Burckhardt) zu stiften. Der beste Grundbesitz,
unter dem Vorwand, den Armen zu helfen, wurde angeeignet, und alle
Welt dadurch verarmt, klagt Zosimus, freilich ein "heidnischer Eiferer"
(s. Güldenpenning). Dagegen stellt der heilige Ambrosius (zur Zerstörung
der Synagoge, als Schlupfwinkel des Wahnwitzes und Haus der Gottlosig-

Insel. Erneuert wurde periodisch auch (von der Sonne, wie
in Cuzco) das vestalische Feuer, sonst unverlöschlich erhalten,
gleich dem der Damara, die es sich auf den Wanderungen
von einer Jungfrau vortragen liessen, die Spartaner dagegen
auf dem Feldzug durch die Pyrphoros (vom Altar entnom-
men, worauf der König dem Zeus Agetor geopfert hatte).

Wie in den Upanishad Indiens aus dem Asat*) (Nicht-
sein), entwickelt sich bei den Maori die Welt aus dem Kore
(noch nicht), in erster Ableitung, gleich der auf den in Or-
mazd Geist aufsteigenden Zweifel angeregten, auf den Wegen
buddhistischer Avixa (durch die Nidana).

Aus den Kreisungen unendlicher Po oder Urnächte, tritt
in Oceanien dieser Process in lebendige Wirkung, und so
strahlt der von Tane (beim Hervorblick aus dichter Umhül-
lung der Eltern) aus dem Jenseits erschauter Glanz in die-
jenigen Religionen ein, die einen Ausblick dahin eröffnen.

Bei Damascius bildet Kronos, nachdem er aus dem Chaos
Aether und Erebos geschaffen, das Ei, aus dem Phanes her-
vortritt. Nach dem Midrach Tanchuma hat Jehova durch
Weisheit**) die Erde gegründet, mit der Thora berathend

*) Als weder Nichtsein noch Sein war (Na asad asid) und in Alles Ein-
gehüllt nur der Einzige athmete, da, in der Dunkelheit entstand zuerst
das Begehr (Kamas) zum Leitungsfaden für die umschlossenen Fähigkeiten
(im Rigveda). Im Anfang war das All nicht seiend (asad vai idam agre asih)
bis zum Athmen (Satapatha Brahmana).
**) Die grossartigste Gründung, welche die Welt je gesehen, fand Statt
zur Zeit des deshalb der Grosse genannten Constantin, als bei Gründung des
Christenthums auf palästinischen Unterlagen durch Staatsdonationen die ge-
sammte Benefizenz (wie sonst von den Kaisern direct in Stadt-Almosen und
Schenkungen verliehen) in die Hände der Bischöfe (unter Erweiterung der
früher in den Gemeinden von den Diakonen besorgten Verwaltung) gelangte,
um aus den Fonds Xenodochien, Ptochotrophien, Gerokomien, Nosokomien,
Orphanotrophien u. s. w. (s. Burckhardt) zu stiften. Der beste Grundbesitz,
unter dem Vorwand, den Armen zu helfen, wurde angeeignet, und alle
Welt dadurch verarmt, klagt Zosimus, freilich ein „heidnischer Eiferer“
(s. Güldenpenning). Dagegen stellt der heilige Ambrosius (zur Zerstörung
der Synagoge, als Schlupfwinkel des Wahnwitzes und Haus der Gottlosig-
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[56/0090] Insel. Erneuert wurde periodisch auch (von der Sonne, wie in Cuzco) das vestalische Feuer, sonst unverlöschlich erhalten, gleich dem der Damara, die es sich auf den Wanderungen von einer Jungfrau vortragen liessen, die Spartaner dagegen auf dem Feldzug durch die Pyrphoros (vom Altar entnom- men, worauf der König dem Zeus Agetor geopfert hatte). Wie in den Upanishad Indiens aus dem Asat *) (Nicht- sein), entwickelt sich bei den Maori die Welt aus dem Kore (noch nicht), in erster Ableitung, gleich der auf den in Or- mazd Geist aufsteigenden Zweifel angeregten, auf den Wegen buddhistischer Avixa (durch die Nidana). Aus den Kreisungen unendlicher Po oder Urnächte, tritt in Oceanien dieser Process in lebendige Wirkung, und so strahlt der von Tane (beim Hervorblick aus dichter Umhül- lung der Eltern) aus dem Jenseits erschauter Glanz in die- jenigen Religionen ein, die einen Ausblick dahin eröffnen. Bei Damascius bildet Kronos, nachdem er aus dem Chaos Aether und Erebos geschaffen, das Ei, aus dem Phanes her- vortritt. Nach dem Midrach Tanchuma hat Jehova durch Weisheit **) die Erde gegründet, mit der Thora berathend *) Als weder Nichtsein noch Sein war (Na asad asid) und in Alles Ein- gehüllt nur der Einzige athmete, da, in der Dunkelheit entstand zuerst das Begehr (Kamas) zum Leitungsfaden für die umschlossenen Fähigkeiten (im Rigveda). Im Anfang war das All nicht seiend (asad vai idam agre asih) bis zum Athmen (Satapatha Brahmana). **) Die grossartigste Gründung, welche die Welt je gesehen, fand Statt zur Zeit des deshalb der Grosse genannten Constantin, als bei Gründung des Christenthums auf palästinischen Unterlagen durch Staatsdonationen die ge- sammte Benefizenz (wie sonst von den Kaisern direct in Stadt-Almosen und Schenkungen verliehen) in die Hände der Bischöfe (unter Erweiterung der früher in den Gemeinden von den Diakonen besorgten Verwaltung) gelangte, um aus den Fonds Xenodochien, Ptochotrophien, Gerokomien, Nosokomien, Orphanotrophien u. s. w. (s. Burckhardt) zu stiften. Der beste Grundbesitz, unter dem Vorwand, den Armen zu helfen, wurde angeeignet, und alle Welt dadurch verarmt, klagt Zosimus, freilich ein „heidnischer Eiferer“ (s. Güldenpenning). Dagegen stellt der heilige Ambrosius (zur Zerstörung der Synagoge, als Schlupfwinkel des Wahnwitzes und Haus der Gottlosig-

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Zitationshilfe: Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bastian_voelkergedanke_1881/90>, abgerufen am 22.11.2024.