Völker zu schmücken lieben, trotz der in ihren Lehren ein- gesogenen Weisheit, kommt es sonderbarerweise noch immer einmal vor, dass die Natur entgegensträubt, sich dem, was wir im bessern Wissen decretirten, geziemender Weise zu fügen.
Kaum hatte zum Besten gleichsam der in den Volks- kalendern fortlebenden Astrologen, in den ersten Jahren des Jahrhunderts, ein Grosser unter den Philosophen die Noth- wendigkeit der (heiligen) Planetenzahl gerade für logisch bewiesen festgestellt, als das Teleskop zu addiren begann, und ein erster Kopf sich zeigte, mit langem Schwanz dahinter. Dann feierte die Genauigkeit der Methode ihren glänzenden Triumph in der Entdeckung des neuen Wandlers an der für Deckung der Störungen gewünschten Stelle. Seitdem indess haben sich die gerufenen Planetengeister unaufhaltsam ver- mehrt, ob in solchen Mengen nöthig? für das System oder vielleicht (bei befangloser Ungestörtheit durch ihre Störungen) überflüssig? wenn vorher schon Alles bereits genügend ge- stimmt hatte, -- das bleibt Sache der Zionswächter auf ihren Warten.
Auch sonst mehren sich die Fälle von Störungen, unter dadurch bedingten Rectificationen der Theorien in allen Clau- suren naturwissenschaftlicher Kopfarbeiten nicht nur, sondern auch historischer hie und da, und wer sich allzu exclusiv in privilegirten Deductionshäuschen abzuschliessen vorzieht, läuft Gefahr, dieselben unversehens zusammenratteln zu hören, wenn eine für den inductiven Aufbau der Völkerkunde bedürftige Thatsache sich in der Quere dazwischenschöbe. Die Weltgeschichte 16), innerhalb des von den classischen Autoritäten bereits abgesteckten Bezirkes wohnlich einge- richtet, baute denselben nach den glänzenden Belebungen der Archäologie an manchen der in zweifelhafte Grenzen ver- laufenden Vorsprüngen stattlich genug aus, sah aber, in den weiten Fernen Asien's, der Siner oder Chineser Land nicht viel grösser und deutlicher, wie deren Annalen westliches Tahtsin, und mit Indien ging es eine Zeit lang nicht besser.
Völker zu schmücken lieben, trotz der in ihren Lehren ein- gesogenen Weisheit, kommt es sonderbarerweise noch immer einmal vor, dass die Natur entgegensträubt, sich dem, was wir im bessern Wissen decretirten, geziemender Weise zu fügen.
Kaum hatte zum Besten gleichsam der in den Volks- kalendern fortlebenden Astrologen, in den ersten Jahren des Jahrhunderts, ein Grosser unter den Philosophen die Noth- wendigkeit der (heiligen) Planetenzahl gerade für logisch bewiesen festgestellt, als das Teleskop zu addiren begann, und ein erster Kopf sich zeigte, mit langem Schwanz dahinter. Dann feierte die Genauigkeit der Methode ihren glänzenden Triumph in der Entdeckung des neuen Wandlers an der für Deckung der Störungen gewünschten Stelle. Seitdem indess haben sich die gerufenen Planetengeister unaufhaltsam ver- mehrt, ob in solchen Mengen nöthig? für das System oder vielleicht (bei befangloser Ungestörtheit durch ihre Störungen) überflüssig? wenn vorher schon Alles bereits genügend ge- stimmt hatte, — das bleibt Sache der Zionswächter auf ihren Warten.
Auch sonst mehren sich die Fälle von Störungen, unter dadurch bedingten Rectificationen der Theorien in allen Clau- suren naturwissenschaftlicher Kopfarbeiten nicht nur, sondern auch historischer hie und da, und wer sich allzu exclusiv in privilegirten Deductionshäuschen abzuschliessen vorzieht, läuft Gefahr, dieselben unversehens zusammenratteln zu hören, wenn eine für den inductiven Aufbau der Völkerkunde bedürftige Thatsache sich in der Quere dazwischenschöbe. Die Weltgeschichte 16), innerhalb des von den classischen Autoritäten bereits abgesteckten Bezirkes wohnlich einge- richtet, baute denselben nach den glänzenden Belebungen der Archäologie an manchen der in zweifelhafte Grenzen ver- laufenden Vorsprüngen stattlich genug aus, sah aber, in den weiten Fernen Asien’s, der Siner oder Chineser Land nicht viel grösser und deutlicher, wie deren Annalen westliches Tahtsin, und mit Indien ging es eine Zeit lang nicht besser.
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[XII/0018]
Völker zu schmücken lieben, trotz der in ihren Lehren ein-
gesogenen Weisheit, kommt es sonderbarerweise noch immer
einmal vor, dass die Natur entgegensträubt, sich dem, was wir
im bessern Wissen decretirten, geziemender Weise zu fügen.
Kaum hatte zum Besten gleichsam der in den Volks-
kalendern fortlebenden Astrologen, in den ersten Jahren des
Jahrhunderts, ein Grosser unter den Philosophen die Noth-
wendigkeit der (heiligen) Planetenzahl gerade für logisch
bewiesen festgestellt, als das Teleskop zu addiren begann,
und ein erster Kopf sich zeigte, mit langem Schwanz dahinter.
Dann feierte die Genauigkeit der Methode ihren glänzenden
Triumph in der Entdeckung des neuen Wandlers an der für
Deckung der Störungen gewünschten Stelle. Seitdem indess
haben sich die gerufenen Planetengeister unaufhaltsam ver-
mehrt, ob in solchen Mengen nöthig? für das System oder
vielleicht (bei befangloser Ungestörtheit durch ihre Störungen)
überflüssig? wenn vorher schon Alles bereits genügend ge-
stimmt hatte, — das bleibt Sache der Zionswächter auf ihren
Warten.
Auch sonst mehren sich die Fälle von Störungen, unter
dadurch bedingten Rectificationen der Theorien in allen Clau-
suren naturwissenschaftlicher Kopfarbeiten nicht nur, sondern
auch historischer hie und da, und wer sich allzu exclusiv in
privilegirten Deductionshäuschen abzuschliessen vorzieht,
läuft Gefahr, dieselben unversehens zusammenratteln zu
hören, wenn eine für den inductiven Aufbau der Völkerkunde
bedürftige Thatsache sich in der Quere dazwischenschöbe.
Die Weltgeschichte
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, innerhalb des von den classischen
Autoritäten bereits abgesteckten Bezirkes wohnlich einge-
richtet, baute denselben nach den glänzenden Belebungen der
Archäologie an manchen der in zweifelhafte Grenzen ver-
laufenden Vorsprüngen stattlich genug aus, sah aber, in den
weiten Fernen Asien’s, der Siner oder Chineser Land nicht
viel grösser und deutlicher, wie deren Annalen westliches
Tahtsin, und mit Indien ging es eine Zeit lang nicht besser.
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Bastian, Adolf: Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen. Berlin, 1881, S. XII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bastian_voelkergedanke_1881/18>, abgerufen am 16.02.2025.
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