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Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768].

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Die Sittenlehre
Zweifel muß ein Tugendhafter den Vortheil des
Andern dem seinigen vorziehn. Alsdann hält er
sich gewiß rein von der Sünde. Uebrigens ist es
mehrentheils eine Wahrheit, daß alles dasjenige
kein Betrug sey, welches, wenn es öffentlich be-
kannt wird, keine Schande oder üble Nachrede
nach sich zieht. Würde aber die Entdeckung eine
Schande bringen; so ist in den Handlungen alle-
mal Etwas Betrug.

Schulden muß niemand machen, der nicht
entweder eben so viel Vermögen, oder grosse
Wahrscheinlichkeit, sie bezahlen zu können, und
zugleich den fortdaurenden Eifer hat, durch Fleiß
und Sparsamkeit die Mittel zur Bezahlung zu
erwerben.

Ein Kaufmann, der Banquerot zu machen
gezwungen ist, muß seinen Creditoren alle Theile
seines Vermögens sagen. Sonst ist er ein Be-
trüger.

Jn einigen Sachen entscheiden die Gesetze
und Sitten der Zeiten und Länder, ob etwas ein
Betrug sey oder nicht. Folge in diesem Urtheile
den Gesetzen und Sitten deines Vaterlandes.

Es ist ein Betrug, ein Pfand zu geben,
welches so viel nicht werth ist, als man sagt.
Wer den höhern Werth desselben glaubt, wird
leicht dadurch in Schaden gesetzt.

Auch

Die Sittenlehre
Zweifel muß ein Tugendhafter den Vortheil des
Andern dem ſeinigen vorziehn. Alsdann haͤlt er
ſich gewiß rein von der Suͤnde. Uebrigens iſt es
mehrentheils eine Wahrheit, daß alles dasjenige
kein Betrug ſey, welches, wenn es oͤffentlich be-
kannt wird, keine Schande oder uͤble Nachrede
nach ſich zieht. Wuͤrde aber die Entdeckung eine
Schande bringen; ſo iſt in den Handlungen alle-
mal Etwas Betrug.

Schulden muß niemand machen, der nicht
entweder eben ſo viel Vermoͤgen, oder groſſe
Wahrſcheinlichkeit, ſie bezahlen zu koͤnnen, und
zugleich den fortdaurenden Eifer hat, durch Fleiß
und Sparſamkeit die Mittel zur Bezahlung zu
erwerben.

Ein Kaufmann, der Banquerot zu machen
gezwungen iſt, muß ſeinen Creditoren alle Theile
ſeines Vermoͤgens ſagen. Sonſt iſt er ein Be-
truͤger.

Jn einigen Sachen entſcheiden die Geſetze
und Sitten der Zeiten und Laͤnder, ob etwas ein
Betrug ſey oder nicht. Folge in dieſem Urtheile
den Geſetzen und Sitten deines Vaterlandes.

Es iſt ein Betrug, ein Pfand zu geben,
welches ſo viel nicht werth iſt, als man ſagt.
Wer den hoͤhern Werth deſſelben glaubt, wird
leicht dadurch in Schaden geſetzt.

Auch
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[52/0076] Die Sittenlehre Zweifel muß ein Tugendhafter den Vortheil des Andern dem ſeinigen vorziehn. Alsdann haͤlt er ſich gewiß rein von der Suͤnde. Uebrigens iſt es mehrentheils eine Wahrheit, daß alles dasjenige kein Betrug ſey, welches, wenn es oͤffentlich be- kannt wird, keine Schande oder uͤble Nachrede nach ſich zieht. Wuͤrde aber die Entdeckung eine Schande bringen; ſo iſt in den Handlungen alle- mal Etwas Betrug. Schulden muß niemand machen, der nicht entweder eben ſo viel Vermoͤgen, oder groſſe Wahrſcheinlichkeit, ſie bezahlen zu koͤnnen, und zugleich den fortdaurenden Eifer hat, durch Fleiß und Sparſamkeit die Mittel zur Bezahlung zu erwerben. Ein Kaufmann, der Banquerot zu machen gezwungen iſt, muß ſeinen Creditoren alle Theile ſeines Vermoͤgens ſagen. Sonſt iſt er ein Be- truͤger. Jn einigen Sachen entſcheiden die Geſetze und Sitten der Zeiten und Laͤnder, ob etwas ein Betrug ſey oder nicht. Folge in dieſem Urtheile den Geſetzen und Sitten deines Vaterlandes. Es iſt ein Betrug, ein Pfand zu geben, welches ſo viel nicht werth iſt, als man ſagt. Wer den hoͤhern Werth deſſelben glaubt, wird leicht dadurch in Schaden geſetzt. Auch

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Zitationshilfe: Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768], S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/76>, abgerufen am 25.11.2024.