Alle Menschen sind entweder wissentlich oder unwissentlich Sünder. Das Gesetz der Tugend ist ihnen entweder gänzlich oder zum Theil unbe- kannt; oder wird oft irrig erklärt, oder theils unbedachtsam, theils mit Kühnheit übertreten. Sie sind allzumal Sünder und des göttlichen Gerichts schuldig, und wir wissen nicht, wie harte Mittel es bestimmen darf, sie zu bessern, und durch ihr Exempel andre von dem Ungehorsa- me der Unvorsichtigkeit und der Kühnheit abzu- schrecken. O Sünder, der du Gottes Gerechtig- keit kennest, verschiebe deine Besserung nicht einen Augenblick; denn jeder Aufschub vermehrt die Sünden und die Strafen, und macht die Besserung schwerer und schmerzhafter. Eine von Jugend auf angewöhnte Tugend ist leicht und angenehm. Schwer ist der Uebergang von dem Laster zur Tugend. Aber diese Schwierigkeit, wenn sie einmal da ist, muß dich nicht schrecken. Sie ist der einzige Weg deiner Rettung und Wohlfahrt.
§. 21.
Das Ziel des Verlangens ist Lust und Ver- gnügen; das Ziel des Abscheues ist die Befrey- ung vom Schmerz und Verdruß.
Das
aus natuͤrlicher Erkenntniß ꝛc.
§. 20.
Alle Menſchen ſind entweder wiſſentlich oder unwiſſentlich Suͤnder. Das Geſetz der Tugend iſt ihnen entweder gaͤnzlich oder zum Theil unbe- kannt; oder wird oft irrig erklaͤrt, oder theils unbedachtſam, theils mit Kuͤhnheit uͤbertreten. Sie ſind allzumal Sünder und des goͤttlichen Gerichts ſchuldig, und wir wiſſen nicht, wie harte Mittel es beſtimmen darf, ſie zu beſſern, und durch ihr Exempel andre von dem Ungehorſa- me der Unvorſichtigkeit und der Kuͤhnheit abzu- ſchrecken. O Suͤnder, der du Gottes Gerechtig- keit kenneſt, verſchiebe deine Beſſerung nicht einen Augenblick; denn jeder Aufſchub vermehrt die Suͤnden und die Strafen, und macht die Beſſerung ſchwerer und ſchmerzhafter. Eine von Jugend auf angewoͤhnte Tugend iſt leicht und angenehm. Schwer iſt der Uebergang von dem Laſter zur Tugend. Aber dieſe Schwierigkeit, wenn ſie einmal da iſt, muß dich nicht ſchrecken. Sie iſt der einzige Weg deiner Rettung und Wohlfahrt.
§. 21.
Das Ziel des Verlangens iſt Luſt und Ver- gnügen; das Ziel des Abſcheues iſt die Befrey- ung vom Schmerz und Verdruß.
Das
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0055"n="31"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">aus natuͤrlicher Erkenntniß ꝛc.</hi></fw><lb/><divn="2"><head>§. 20.</head><lb/><p>Alle Menſchen ſind entweder wiſſentlich oder<lb/>
unwiſſentlich Suͤnder. Das Geſetz der Tugend<lb/>
iſt ihnen entweder gaͤnzlich oder zum Theil unbe-<lb/>
kannt; oder wird oft irrig erklaͤrt, oder theils<lb/>
unbedachtſam, theils mit Kuͤhnheit uͤbertreten.<lb/>
Sie ſind <hirendition="#fr">allzumal Sünder</hi> und des goͤttlichen<lb/>
Gerichts ſchuldig, und wir wiſſen nicht, wie<lb/>
harte Mittel es beſtimmen darf, ſie zu beſſern,<lb/>
und durch ihr Exempel andre von dem Ungehorſa-<lb/>
me der Unvorſichtigkeit und der Kuͤhnheit abzu-<lb/>ſchrecken. O Suͤnder, der du Gottes Gerechtig-<lb/>
keit kenneſt, verſchiebe deine <hirendition="#fr">Beſſerung</hi> nicht<lb/>
einen Augenblick; denn jeder Aufſchub vermehrt<lb/>
die Suͤnden und die Strafen, und macht die<lb/>
Beſſerung ſchwerer und ſchmerzhafter. Eine von<lb/>
Jugend auf angewoͤhnte Tugend iſt leicht und<lb/>
angenehm. Schwer iſt der Uebergang von dem<lb/>
Laſter zur Tugend. Aber dieſe Schwierigkeit,<lb/>
wenn ſie einmal da iſt, muß dich nicht ſchrecken.<lb/>
Sie iſt der einzige Weg deiner Rettung und<lb/>
Wohlfahrt.</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 21.</head><lb/><p>Das Ziel des Verlangens iſt <hirendition="#fr">Luſt</hi> und <hirendition="#fr">Ver-<lb/>
gnügen;</hi> das Ziel des Abſcheues iſt die Befrey-<lb/>
ung vom <hirendition="#fr">Schmerz</hi> und <hirendition="#fr">Verdruß.</hi></p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Das</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[31/0055]
aus natuͤrlicher Erkenntniß ꝛc.
§. 20.
Alle Menſchen ſind entweder wiſſentlich oder
unwiſſentlich Suͤnder. Das Geſetz der Tugend
iſt ihnen entweder gaͤnzlich oder zum Theil unbe-
kannt; oder wird oft irrig erklaͤrt, oder theils
unbedachtſam, theils mit Kuͤhnheit uͤbertreten.
Sie ſind allzumal Sünder und des goͤttlichen
Gerichts ſchuldig, und wir wiſſen nicht, wie
harte Mittel es beſtimmen darf, ſie zu beſſern,
und durch ihr Exempel andre von dem Ungehorſa-
me der Unvorſichtigkeit und der Kuͤhnheit abzu-
ſchrecken. O Suͤnder, der du Gottes Gerechtig-
keit kenneſt, verſchiebe deine Beſſerung nicht
einen Augenblick; denn jeder Aufſchub vermehrt
die Suͤnden und die Strafen, und macht die
Beſſerung ſchwerer und ſchmerzhafter. Eine von
Jugend auf angewoͤhnte Tugend iſt leicht und
angenehm. Schwer iſt der Uebergang von dem
Laſter zur Tugend. Aber dieſe Schwierigkeit,
wenn ſie einmal da iſt, muß dich nicht ſchrecken.
Sie iſt der einzige Weg deiner Rettung und
Wohlfahrt.
§. 21.
Das Ziel des Verlangens iſt Luſt und Ver-
gnügen; das Ziel des Abſcheues iſt die Befrey-
ung vom Schmerz und Verdruß.
Das
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768], S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/55>, abgerufen am 23.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.