Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768].

Bild:
<< vorherige Seite
über die Seele, das Leben etc.
§. 3.

Wenn deine Seele nicht da wäre, so
wärest du auch selbst nicht da.
Denn dein
Verstand und dein Wille, und alle deine geistige
Wirksamkeit würde alsdann nicht da seyn. Wenn
alsdann dein ganzer sichtbarer Körper auch so
bliebe, und sich äusserlich so bewegte, wie itzund;
so wäre doch dein lebendiges Selbst, dein Jch,
deine Person nicht da.

Alle Wirksamkeiten deines Verstandes und
Willens (so verschieden sie auch nach ihrer Art,
und so weit sie auch der Zeit nach von einander
entfernt sind) geschehen von dir selbst, von deiner
einzigen Person. Deine Seele ist im Denken
und Wollen, in Leid und Freude, und zu ver-
schiednen Zeiten, ein einziges fortdaurendes
Wesen.

Ein jeder Theil deines Körpers, welcher
irgend einmal, als du schon warest, sich damit
vereinigte, oder, während des Daseyns deiner
Seele, von dir wird getrennt oder kann getrennt
werden, gehört nicht zu dir selbst, nicht zu deiner
Seele. Sondern die Seele ist vielmehr un-
sichtbar, und unbetastbar,
sie kann nicht ge-
sehen, nicht betastet werden.

§. 4.
A 2
uͤber die Seele, das Leben ꝛc.
§. 3.

Wenn deine Seele nicht da wäre, ſo
wäreſt du auch ſelbſt nicht da.
Denn dein
Verſtand und dein Wille, und alle deine geiſtige
Wirkſamkeit wuͤrde alsdann nicht da ſeyn. Wenn
alsdann dein ganzer ſichtbarer Koͤrper auch ſo
bliebe, und ſich aͤuſſerlich ſo bewegte, wie itzund;
ſo waͤre doch dein lebendiges Selbſt, dein Jch,
deine Perſon nicht da.

Alle Wirkſamkeiten deines Verſtandes und
Willens (ſo verſchieden ſie auch nach ihrer Art,
und ſo weit ſie auch der Zeit nach von einander
entfernt ſind) geſchehen von dir ſelbſt, von deiner
einzigen Perſon. Deine Seele iſt im Denken
und Wollen, in Leid und Freude, und zu ver-
ſchiednen Zeiten, ein einziges fortdaurendes
Weſen.

Ein jeder Theil deines Koͤrpers, welcher
irgend einmal, als du ſchon wareſt, ſich damit
vereinigte, oder, waͤhrend des Daſeyns deiner
Seele, von dir wird getrennt oder kann getrennt
werden, gehoͤrt nicht zu dir ſelbſt, nicht zu deiner
Seele. Sondern die Seele iſt vielmehr un-
ſichtbar, und unbetaſtbar,
ſie kann nicht ge-
ſehen, nicht betaſtet werden.

§. 4.
A 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0027" n="3"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">u&#x0364;ber die Seele, das Leben &#xA75B;c.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 3.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Wenn deine Seele nicht da wäre, &#x017F;o<lb/>
wäre&#x017F;t du auch &#x017F;elb&#x017F;t nicht da.</hi> Denn dein<lb/>
Ver&#x017F;tand und dein Wille, und alle deine gei&#x017F;tige<lb/>
Wirk&#x017F;amkeit wu&#x0364;rde alsdann nicht da &#x017F;eyn. Wenn<lb/>
alsdann dein ganzer &#x017F;ichtbarer Ko&#x0364;rper auch &#x017F;o<lb/>
bliebe, und &#x017F;ich a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich &#x017F;o bewegte, wie itzund;<lb/>
&#x017F;o wa&#x0364;re doch dein lebendiges Selb&#x017F;t, dein Jch,<lb/>
deine Per&#x017F;on nicht da.</p><lb/>
          <p>Alle Wirk&#x017F;amkeiten deines Ver&#x017F;tandes und<lb/>
Willens (&#x017F;o ver&#x017F;chieden &#x017F;ie auch nach ihrer Art,<lb/>
und &#x017F;o weit &#x017F;ie auch der Zeit nach von einander<lb/>
entfernt &#x017F;ind) ge&#x017F;chehen von dir &#x017F;elb&#x017F;t, von deiner<lb/>
einzigen Per&#x017F;on. <hi rendition="#fr">Deine Seele</hi> i&#x017F;t im Denken<lb/>
und Wollen, in Leid und Freude, und zu ver-<lb/>
&#x017F;chiednen Zeiten, ein <hi rendition="#fr">einziges fortdaurendes<lb/>
We&#x017F;en.</hi></p><lb/>
          <p>Ein jeder Theil deines Ko&#x0364;rpers, welcher<lb/>
irgend einmal, als du &#x017F;chon ware&#x017F;t, &#x017F;ich damit<lb/>
vereinigte, oder, wa&#x0364;hrend des Da&#x017F;eyns deiner<lb/>
Seele, von dir wird getrennt oder kann getrennt<lb/>
werden, geho&#x0364;rt nicht zu dir &#x017F;elb&#x017F;t, nicht zu deiner<lb/>
Seele. Sondern die <hi rendition="#fr">Seele i&#x017F;t vielmehr un-<lb/>
&#x017F;ichtbar, und unbeta&#x017F;tbar,</hi> &#x017F;ie kann nicht ge-<lb/>
&#x017F;ehen, nicht beta&#x017F;tet werden.</p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">A 2</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">§. 4.</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[3/0027] uͤber die Seele, das Leben ꝛc. §. 3. Wenn deine Seele nicht da wäre, ſo wäreſt du auch ſelbſt nicht da. Denn dein Verſtand und dein Wille, und alle deine geiſtige Wirkſamkeit wuͤrde alsdann nicht da ſeyn. Wenn alsdann dein ganzer ſichtbarer Koͤrper auch ſo bliebe, und ſich aͤuſſerlich ſo bewegte, wie itzund; ſo waͤre doch dein lebendiges Selbſt, dein Jch, deine Perſon nicht da. Alle Wirkſamkeiten deines Verſtandes und Willens (ſo verſchieden ſie auch nach ihrer Art, und ſo weit ſie auch der Zeit nach von einander entfernt ſind) geſchehen von dir ſelbſt, von deiner einzigen Perſon. Deine Seele iſt im Denken und Wollen, in Leid und Freude, und zu ver- ſchiednen Zeiten, ein einziges fortdaurendes Weſen. Ein jeder Theil deines Koͤrpers, welcher irgend einmal, als du ſchon wareſt, ſich damit vereinigte, oder, waͤhrend des Daſeyns deiner Seele, von dir wird getrennt oder kann getrennt werden, gehoͤrt nicht zu dir ſelbſt, nicht zu deiner Seele. Sondern die Seele iſt vielmehr un- ſichtbar, und unbetaſtbar, ſie kann nicht ge- ſehen, nicht betaſtet werden. §. 4. A 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/27
Zitationshilfe: Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768], S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/27>, abgerufen am 22.12.2024.