Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768].Uebungen des Verstandes, aus der Wahrheit eines getrennten Satzes etwasschliessen. Z. E. Mein Bekannter, von dem ich jetzund nichts weiß, ist entweder todt, oder lebt in Europa, oder in Asia, oder in Africa, oder in Ame- rica, oder in unbekannten Ländern, oder auf der See. Hier kann man auf eine doppelte Art schlies- sen, 1) aus der Falschheit, z. E. weil er nun weder in Asia, noch in Africa, noch in America lebt, noch todt ist; so lebt er entweder in Europa, oder in unbekannten Ländern, oder auf der See. 2) Aus der Wahrheit. Nun be- komme ich Nachricht, daß er entweder todt sey, oder in unbekannten Ländern, oder auf der See lebe, also lebt er in keinem bekannten Welttheile. 9) Wenn die Folgerung falsch ist; so schließt man, es sey etwas Falsches in demjenigen, woraus man gefolgert hat, oder man habe nicht richtig ge- folgert. Z. E. Man nehme an, 1000 sey mehr als 100 Dutzend; so folgt, 500 sey mehr als 50 Dutzend, 50 sey mehr als 5 Dutzend, 10 sey mehr als ein Dutzend. Dies ist falsch. Dennoch ist richtig gefolgert, also ist der erste Satz falsch. Oder man folgere so: Alle Menschen sind sterblich, alle Geister sind unsterblich. Also haben die Men- schen keinen Geist. Diese Folgerung ist falsch, alles aber, woraus man gefolgert hat, ist wahr, also hat man nicht richtig gefolgert. Dieser Schluß
Uebungen des Verſtandes, aus der Wahrheit eines getrennten Satzes etwasſchlieſſen. Z. E. Mein Bekannter, von dem ich jetzund nichts weiß, iſt entweder todt, oder lebt in Europa, oder in Aſia, oder in Africa, oder in Ame- rica, oder in unbekannten Laͤndern, oder auf der See. Hier kann man auf eine doppelte Art ſchlieſ- ſen, 1) aus der Falſchheit, z. E. weil er nun weder in Aſia, noch in Africa, noch in America lebt, noch todt iſt; ſo lebt er entweder in Europa, oder in unbekannten Laͤndern, oder auf der See. 2) Aus der Wahrheit. Nun be- komme ich Nachricht, daß er entweder todt ſey, oder in unbekannten Laͤndern, oder auf der See lebe, alſo lebt er in keinem bekannten Welttheile. 9) Wenn die Folgerung falſch iſt; ſo ſchließt man, es ſey etwas Falſches in demjenigen, woraus man gefolgert hat, oder man habe nicht richtig ge- folgert. Z. E. Man nehme an, 1000 ſey mehr als 100 Dutzend; ſo folgt, 500 ſey mehr als 50 Dutzend, 50 ſey mehr als 5 Dutzend, 10 ſey mehr als ein Dutzend. Dies iſt falſch. Dennoch iſt richtig gefolgert, alſo iſt der erſte Satz falſch. Oder man folgere ſo: Alle Menſchen ſind ſterblich, alle Geiſter ſind unſterblich. Alſo haben die Men- ſchen keinen Geiſt. Dieſe Folgerung iſt falſch, alles aber, woraus man gefolgert hat, iſt wahr, alſo hat man nicht richtig gefolgert. Dieſer Schluß
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <list> <item><pb facs="#f0180" n="156"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Uebungen des Verſtandes,</hi></fw><lb/> aus der Wahrheit eines getrennten Satzes etwas<lb/> ſchlieſſen. Z. E. Mein Bekannter, von dem ich<lb/> jetzund nichts weiß, iſt entweder todt, oder lebt in<lb/> Europa, oder in Aſia, oder in Africa, oder in Ame-<lb/> rica, oder in unbekannten Laͤndern, oder auf der<lb/> See. Hier kann man auf eine doppelte Art ſchlieſ-<lb/> ſen, 1) <hi rendition="#fr">aus der Falſchheit,</hi> z. E. weil er<lb/> nun weder in Aſia, noch in Africa, noch in<lb/> America lebt, noch todt iſt; ſo lebt er entweder<lb/> in Europa, oder in unbekannten Laͤndern, oder auf<lb/> der See. 2) <hi rendition="#fr">Aus der Wahrheit.</hi> Nun be-<lb/> komme ich Nachricht, daß er entweder todt ſey, oder<lb/> in unbekannten Laͤndern, oder auf der See lebe,<lb/> alſo lebt er in keinem bekannten Welttheile.</item><lb/> <item>9) Wenn die Folgerung falſch iſt; ſo ſchließt<lb/> man, es ſey etwas Falſches in demjenigen, woraus<lb/> man gefolgert hat, oder man habe nicht richtig ge-<lb/> folgert. Z. E. Man nehme an, 1000 ſey mehr<lb/> als 100 Dutzend; ſo folgt, 500 ſey mehr als 50<lb/> Dutzend, 50 ſey mehr als 5 Dutzend, 10 ſey mehr<lb/> als ein Dutzend. Dies iſt falſch. Dennoch iſt<lb/> richtig gefolgert, alſo iſt der erſte Satz falſch. Oder<lb/> man folgere ſo: Alle Menſchen ſind ſterblich, alle<lb/> Geiſter ſind unſterblich. Alſo haben die Men-<lb/> ſchen keinen Geiſt. Dieſe Folgerung iſt falſch,<lb/> alles aber, woraus man gefolgert hat, iſt wahr,<lb/> alſo hat man nicht richtig gefolgert. Dieſer<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Schluß</fw><lb/></item> </list> </div> </div> </body> </text> </TEI> [156/0180]
Uebungen des Verſtandes,
aus der Wahrheit eines getrennten Satzes etwas
ſchlieſſen. Z. E. Mein Bekannter, von dem ich
jetzund nichts weiß, iſt entweder todt, oder lebt in
Europa, oder in Aſia, oder in Africa, oder in Ame-
rica, oder in unbekannten Laͤndern, oder auf der
See. Hier kann man auf eine doppelte Art ſchlieſ-
ſen, 1) aus der Falſchheit, z. E. weil er
nun weder in Aſia, noch in Africa, noch in
America lebt, noch todt iſt; ſo lebt er entweder
in Europa, oder in unbekannten Laͤndern, oder auf
der See. 2) Aus der Wahrheit. Nun be-
komme ich Nachricht, daß er entweder todt ſey, oder
in unbekannten Laͤndern, oder auf der See lebe,
alſo lebt er in keinem bekannten Welttheile.
9) Wenn die Folgerung falſch iſt; ſo ſchließt
man, es ſey etwas Falſches in demjenigen, woraus
man gefolgert hat, oder man habe nicht richtig ge-
folgert. Z. E. Man nehme an, 1000 ſey mehr
als 100 Dutzend; ſo folgt, 500 ſey mehr als 50
Dutzend, 50 ſey mehr als 5 Dutzend, 10 ſey mehr
als ein Dutzend. Dies iſt falſch. Dennoch iſt
richtig gefolgert, alſo iſt der erſte Satz falſch. Oder
man folgere ſo: Alle Menſchen ſind ſterblich, alle
Geiſter ſind unſterblich. Alſo haben die Men-
ſchen keinen Geiſt. Dieſe Folgerung iſt falſch,
alles aber, woraus man gefolgert hat, iſt wahr,
alſo hat man nicht richtig gefolgert. Dieſer
Schluß
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |