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Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

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Das Erste Buch.
bringen würde. So hette er jhm auch schon außge-
sonnen/ wie er die Widersacher solte herumbführen.
Er wolte fortreitten/ als ob er gantz bestürtzt vnd
verwirret were/ vnd wann ein vnbekandter oder ver-
dächtiger nach dem Poliarchus fragte/ so wolte er/
jhm destoeher zu glauben/ mit trawriger Stimme
antworten: Er sey nicht mehr auff der Welt. So
were es auch nicht gäntzlich erlogen/ weil er vnter der
Erden steckte/ da jhn die Sonne nicht beschiene. Be-
gehrten sie zuwissen wie er gestorben sey/ so wolte er
fürschwatzen/ daß er im Wasser Himera vom Pfer-
de gefallen were. Dann als er auß Erschreckniß deß
Königs Befehls halben in der Flucht durch den
Fluß setzen wollen/ hette er deß Furtes verfehlet/ vnd
were/ als das Pferdt vnter jhm wegkommen/ der
schweren Rüstung halben vntergeschossen vnd ersof-
fen. (Dieser Betrug war auch besser zubehelligen/
weil gleich damahls der Himera vber Gewonheit
hoch angelauffen.) Ferner/ sagte er/ wil ich sprechen/
daß mir vnmöglich gewesen jhme beyzuspringen/
weil jhn der Strom bald in das Meer gerissen het-
te. Durch diese Fabel wird das Geschrey von ewe-
rem Todte allenthalben außgebreittet werden; wel-
ches vns dann wol zustatten mag kommen. Dann
es wird die Feinde ersättigen/ vnd ein Mitleiden er-
wecken bey denen/ welche die Tugendt zu loben pfle-
gen/ wann sie nicht mehr vorhanden ist. Hernach
könnet jhr viel freyer seyn; man wird auff die Ha-
fen vnd Schiffe nicht so scharpffe Achtung geben

wie
D

Das Erſte Buch.
bringen wuͤrde. So hette er jhm auch ſchon außge-
ſonnen/ wie er die Widerſacher ſolte herumbfuͤhren.
Er wolte fortreitten/ als ob er gantz beſtuͤrtzt vnd
verwirꝛet were/ vnd wann ein vnbekandter odeꝛ ver-
daͤchtiger nach dem Poliarchus fragte/ ſo wolte er/
jhm deſtoeher zu glauben/ mit trawriger Stimme
antworten: Er ſey nicht mehr auff der Welt. So
were es auch nicht gaͤntzlich erlogen/ weil er vnter der
Erden ſteckte/ da jhn die Sonne nicht beſchiene. Be-
gehrten ſie zuwiſſen wie er geſtorben ſey/ ſo wolte er
fuͤrſchwatzen/ daß er im Waſſer Himera vom Pfer-
de gefallen were. Dann als er auß Erſchreckniß deß
Koͤnigs Befehls halben in der Flucht durch den
Fluß ſetzen wollen/ hette er deß Furtes verfehlet/ vnd
were/ als das Pferdt vnter jhm wegkommen/ der
ſchweren Ruͤſtung halben vntergeſchoſſen vnd erſof-
fen. (Dieſer Betrug war auch beſſer zubehelligen/
weil gleich damahls der Himera vber Gewonheit
hoch angelauffen.) Ferner/ ſagte er/ wil ich ſprechẽ/
daß mir vnmoͤglich geweſen jhme beyzuſpringen/
weil jhn der Strom bald in das Meer geriſſen het-
te. Durch dieſe Fabel wird das Geſchrey von ewe-
rem Todte allenthalben außgebreittet werden; wel-
ches vns dann wol zuſtatten mag kommen. Dann
es wird die Feinde erſaͤttigen/ vnd ein Mitleiden er-
wecken bey denen/ welche die Tugendt zu loben pfle-
gen/ wann ſie nicht mehr vorhanden iſt. Hernach
koͤnnet jhr viel freyer ſeyn; man wird auff die Ha-
fen vnd Schiffe nicht ſo ſcharpffe Achtung geben

wie
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[49/0093] Das Erſte Buch. bringen wuͤrde. So hette er jhm auch ſchon außge- ſonnen/ wie er die Widerſacher ſolte herumbfuͤhren. Er wolte fortreitten/ als ob er gantz beſtuͤrtzt vnd verwirꝛet were/ vnd wann ein vnbekandter odeꝛ ver- daͤchtiger nach dem Poliarchus fragte/ ſo wolte er/ jhm deſtoeher zu glauben/ mit trawriger Stimme antworten: Er ſey nicht mehr auff der Welt. So were es auch nicht gaͤntzlich erlogen/ weil er vnter der Erden ſteckte/ da jhn die Sonne nicht beſchiene. Be- gehrten ſie zuwiſſen wie er geſtorben ſey/ ſo wolte er fuͤrſchwatzen/ daß er im Waſſer Himera vom Pfer- de gefallen were. Dann als er auß Erſchreckniß deß Koͤnigs Befehls halben in der Flucht durch den Fluß ſetzen wollen/ hette er deß Furtes verfehlet/ vnd were/ als das Pferdt vnter jhm wegkommen/ der ſchweren Ruͤſtung halben vntergeſchoſſen vnd erſof- fen. (Dieſer Betrug war auch beſſer zubehelligen/ weil gleich damahls der Himera vber Gewonheit hoch angelauffen.) Ferner/ ſagte er/ wil ich ſprechẽ/ daß mir vnmoͤglich geweſen jhme beyzuſpringen/ weil jhn der Strom bald in das Meer geriſſen het- te. Durch dieſe Fabel wird das Geſchrey von ewe- rem Todte allenthalben außgebreittet werden; wel- ches vns dann wol zuſtatten mag kommen. Dann es wird die Feinde erſaͤttigen/ vnd ein Mitleiden er- wecken bey denen/ welche die Tugendt zu loben pfle- gen/ wann ſie nicht mehr vorhanden iſt. Hernach koͤnnet jhr viel freyer ſeyn; man wird auff die Ha- fen vnd Schiffe nicht ſo ſcharpffe Achtung geben wie D

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Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/93>, abgerufen am 21.11.2024.