Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.Das Vierdte Buch. wegung deß Gemüts erwecket/ vnd verlor den Kna-ben mit höchstem Widerwillen auß dem Gesichte. Daß dieses eine heimliche Warsagung gewesen sey/ Gnädigste Fraw/ könnet jhr darauß abnehmen/ daß ich gleichsamb auß Zwang der Götter von dem Außgang im wenigsten nicht zweifel trage. Heute werdet jhr ewren Astiorist haben. Auff diese Wort ließ die Königin jhr betrübtes Antlitz auff die Brust sincken; richtete sich hernach widerumb auff/ vnd er- zeigete sich dermassen trawrig/ daß mich solcher mei- ner Ertichtung gerewete. Warumb/ sagte sie/ füh- ret jhr mich in das Gedächtniß der Schmertzen? Entweder dieses was jhr mir erzehlet habet ist eine thörichte Gestalt deß Traumes/ oder im Fall die Götter hierdurch was gewisses andeuten wöllen/ so werde ich heute sterben/ vnd meinen Sohn vnter den Todten Geistern vmbfassen. Nein/ sagte ich/ Fraw; wann meine verheissung nicht erfolget/ so jaget mich in das Elendt/ oder/ welches das grösseste Vbel ist das mir begegnen kan/ so hasset mich zum hefftig- sten. Ich wil in den Tempel gehen/ die Götter zu- bitten/ das jenige welches sie mit versprochen haben zu vollbringen. Ich bezwang sie durch solche meine Frewdigkeit guardie Z z
Das Vierdte Buch. wegung deß Gemuͤts erwecket/ vnd verlor den Kna-ben mit hoͤchſtem Widerwillen auß dem Geſichte. Daß dieſes eine heimliche Warſagung geweſen ſey/ Gnaͤdigſte Fraw/ koͤnnet jhr darauß abnehmen/ daß ich gleichſamb auß Zwang der Goͤtter von dem Außgang im wenigſten nicht zweifel trage. Heute werdet jhr ewren Aſtioriſt haben. Auff dieſe Wort ließ die Koͤnigin jhr betruͤbtes Antlitz auff die Bruſt ſincken; richtete ſich hernach widerumb auff/ vnd er- zeigete ſich dermaſſen trawrig/ daß mich ſolcher mei- ner Ertichtung gerewete. Warumb/ ſagte ſie/ fuͤh- ret jhr mich in das Gedaͤchtniß der Schmertzen? Entweder dieſes was jhr mir erzehlet habet iſt eine thoͤrichte Geſtalt deß Traumes/ oder im Fall die Goͤtter hierdurch was gewiſſes andeuten woͤllen/ ſo werde ich heute ſterben/ vnd meinen Sohn vnter den Todten Geiſtern vmbfaſſen. Nein/ ſagte ich/ Fraw; wann meine verheiſſung nicht erfolget/ ſo jaget mich in das Elendt/ oder/ welches das groͤſſeſte Vbel iſt das mir begegnen kan/ ſo haſſet mich zum hefftig- ſten. Ich wil in den Tempel gehen/ die Goͤtter zu- bitten/ das jenige welches ſie mit verſprochen haben zu vollbringen. Ich bezwang ſie durch ſolche meine Frewdigkeit guardie Z z
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Das Vierdte Buch.
wegung deß Gemuͤts erwecket/ vnd verlor den Kna-
ben mit hoͤchſtem Widerwillen auß dem Geſichte.
Daß dieſes eine heimliche Warſagung geweſen ſey/
Gnaͤdigſte Fraw/ koͤnnet jhr darauß abnehmen/ daß
ich gleichſamb auß Zwang der Goͤtter von dem
Außgang im wenigſten nicht zweifel trage. Heute
werdet jhr ewren Aſtioriſt haben. Auff dieſe Wort
ließ die Koͤnigin jhr betruͤbtes Antlitz auff die Bruſt
ſincken; richtete ſich hernach widerumb auff/ vnd er-
zeigete ſich dermaſſen trawrig/ daß mich ſolcher mei-
ner Ertichtung gerewete. Warumb/ ſagte ſie/ fuͤh-
ret jhr mich in das Gedaͤchtniß der Schmertzen?
Entweder dieſes was jhr mir erzehlet habet iſt eine
thoͤrichte Geſtalt deß Traumes/ oder im Fall die
Goͤtter hierdurch was gewiſſes andeuten woͤllen/ ſo
werde ich heute ſterben/ vnd meinen Sohn vnter den
Todten Geiſtern vmbfaſſen. Nein/ ſagte ich/ Fraw;
wann meine verheiſſung nicht erfolget/ ſo jaget mich
in das Elendt/ oder/ welches das groͤſſeſte Vbel iſt
das mir begegnen kan/ ſo haſſet mich zum hefftig-
ſten. Ich wil in den Tempel gehen/ die Goͤtter zu-
bitten/ das jenige welches ſie mit verſprochen haben
zu vollbringen.
Ich bezwang ſie durch ſolche meine Frewdigkeit
daß ſie hoffen muſte. An ſtatt aber deß Tempels vnd
der Goͤtter hatte ich mein Hauß/ auß dem ich ſolche
Gluͤckſeligkeit nehmen kundte. Derhalben ſtellete
ich die Soldaten ſampt jhrem Geſchencke in das
Thor deß Pallaſtes/ damit ich ſie durch die Leib-
guardie
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