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Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

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Das Vierdte Buch.
aber für ein Elend zuseyn/ daß ich mein einiges Kind
kaum sicher ansehen/ vnd durchauß mit jhm nicht
reden darff? Ich bitte euch/ in das Hauß wo er ist zu
reysen. Dann jhr könnet leichtlich eine Vrsach weg-
zuziehen erfinden. Ich vbergebe euch das wolbeha-
gen welches ich solte einnehmen/ vnd wil vermeinen/
daß ich auch eins theils darvon geniesse/ wann jhr
euch mit der anmutigen Beschawung ergetzen wer-
det. Nachmals sollet jhr mir auff rechte Trew erzeh-
len/ was man von seiner Natur ohngefehr zugewar-
ten habe. Vielleicht werdet jhr auch nebenst der Si-
cambre Mittel finden/ wie ich jhn ohne Argwon nur
ein einigs mal vmbfangen möge.

Auff solchen der Königin Bericht/ bedancke ich
mich nach Gebühr/ daß sie meines Fleisses in so ge-
heimen Sachen gebrauchen wolte. Ich war dem
Commindorix ohn diß feind/ vnd die Süssigkeit die-
ses Verbündnüsses machte daß ich die Gefahr/ so
bey solcher Hoffnung vnd Anschlage war/ leichtlich
verachtete. Derwegen spatzierte ich folgenden Mor-
gen auff das Feldt/ vnd kam in dem Wege den mir
die Bawersleute zeigten/ zu dem Vorwercke. Als
ich hinein gieng/ sahe ich in dem Hofe/ wo der Acker-
zeug vnd Pflüge lagen/ etliche Knaben miteinander
schertzen. Darumb gieng ich näher herzu/ ob ich viel-
leicht vnter jhnen die Vrsache meines Wegs fin-
den köndte. O mein Freundt! Es bedurffte keines
Menschens der jhn zeigte/ noch keines Merckzeich-
ens. Die Natur meldete genugsamb/ welcher so vie-

ler

Das Vierdte Buch.
aber fuͤr ein Elend zuſeyn/ daß ich mein einiges Kind
kaum ſicher anſehen/ vnd durchauß mit jhm nicht
reden darff? Ich bitte euch/ in das Hauß wo er iſt zu
reyſen. Dann jhr koͤnnet leichtlich eine Vrſach weg-
zuziehen erfinden. Ich vbergebe euch das wolbeha-
gen welches ich ſolte einnehmen/ vnd wil vermeinen/
daß ich auch eins theils darvon genieſſe/ wann jhr
euch mit der anmutigen Beſchawung ergetzen wer-
det. Nachmals ſollet jhr mir auff rechte Trew erzeh-
len/ was man von ſeiner Natur ohngefehr zugewar-
ten habe. Vielleicht werdet jhr auch nebenſt der Si-
cambre Mittel finden/ wie ich jhn ohne Argwon nur
ein einigs mal vmbfangen moͤge.

Auff ſolchen der Koͤnigin Bericht/ bedancke ich
mich nach Gebuͤhr/ daß ſie meines Fleiſſes in ſo ge-
heimen Sachen gebrauchen wolte. Ich war dem
Commindorix ohn diß feind/ vnd die Suͤſſigkeit die-
ſes Verbuͤndnuͤſſes machte daß ich die Gefahr/ ſo
bey ſolcher Hoffnung vnd Anſchlage war/ leichtlich
verachtete. Derwegen ſpatzierte ich folgenden Mor-
gen auff das Feldt/ vnd kam in dem Wege den mir
die Bawersleute zeigten/ zu dem Vorwercke. Als
ich hinein gieng/ ſahe ich in dem Hofe/ wo der Acker-
zeug vnd Pfluͤge lagen/ etliche Knaben miteinander
ſchertzen. Darumb gieng ich naͤher heꝛzu/ ob ich viel-
leicht vnter jhnen die Vrſache meines Wegs fin-
den koͤndte. O mein Freundt! Es bedurffte keines
Menſchens der jhn zeigte/ noch keines Merckzeich-
ens. Die Natur meldete genugſamb/ welcher ſo vie-

ler
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[701/0745] Das Vierdte Buch. aber fuͤr ein Elend zuſeyn/ daß ich mein einiges Kind kaum ſicher anſehen/ vnd durchauß mit jhm nicht reden darff? Ich bitte euch/ in das Hauß wo er iſt zu reyſen. Dann jhr koͤnnet leichtlich eine Vrſach weg- zuziehen erfinden. Ich vbergebe euch das wolbeha- gen welches ich ſolte einnehmen/ vnd wil vermeinen/ daß ich auch eins theils darvon genieſſe/ wann jhr euch mit der anmutigen Beſchawung ergetzen wer- det. Nachmals ſollet jhr mir auff rechte Trew erzeh- len/ was man von ſeiner Natur ohngefehr zugewar- ten habe. Vielleicht werdet jhr auch nebenſt der Si- cambre Mittel finden/ wie ich jhn ohne Argwon nur ein einigs mal vmbfangen moͤge. Auff ſolchen der Koͤnigin Bericht/ bedancke ich mich nach Gebuͤhr/ daß ſie meines Fleiſſes in ſo ge- heimen Sachen gebrauchen wolte. Ich war dem Commindorix ohn diß feind/ vnd die Suͤſſigkeit die- ſes Verbuͤndnuͤſſes machte daß ich die Gefahr/ ſo bey ſolcher Hoffnung vnd Anſchlage war/ leichtlich verachtete. Derwegen ſpatzierte ich folgenden Mor- gen auff das Feldt/ vnd kam in dem Wege den mir die Bawersleute zeigten/ zu dem Vorwercke. Als ich hinein gieng/ ſahe ich in dem Hofe/ wo der Acker- zeug vnd Pfluͤge lagen/ etliche Knaben miteinander ſchertzen. Darumb gieng ich naͤher heꝛzu/ ob ich viel- leicht vnter jhnen die Vrſache meines Wegs fin- den koͤndte. O mein Freundt! Es bedurffte keines Menſchens der jhn zeigte/ noch keines Merckzeich- ens. Die Natur meldete genugſamb/ welcher ſo vie- ler

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Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 701. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/745>, abgerufen am 22.11.2024.