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Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

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Das dritte Buch.
le Gesetze der Verbindnüsse vnnd Blutsfreund-
schafft hindan stellen. Der jenige pflegt vns am
liebsten zuseyn/ der vnsere Macht mit Nutzen son-
derlich stärcket; vnnd diese Verwandtschafften
werden für die fürnembsten gehalten/ welche das
Reich am meisten befestigen. Hette ich mehr Kin-
der/ so köndtet jhr vermeinen/ ich trüge dißfals nicht
so sehr für euch Beysorge als für mich selber. Dann
ich weiß daß offtmals Könige jhre Töchter vnnd
Schwester denen zu vergeben pflegen/ welche sie
vnter dem Schein einer Freundtschafft betriegen/
oder auff eine Zeitlang begütigen wöllen; vnnd
machen hernach/ vnangesehen das Pfandt jhres
G[e]blüttes/ noch daß jenige was sie versprochen ha-
ben/ Krieg oder Friede nach der Zeit gelegenheit
vnnd jhrem belieben. Ihr aber seydt meine Einige;
die Natur vnnd die Nachfolgung im Regimendt
vereiniget alle Zuneigung deß Vatters vnnd deß
Königes in euch alleine. Rahtet derhalben euch
selber/ oder lasset mich euch rhaten. Argenis gab
zur Antwort: Herr/ einer Jungfrawen gebühret
rechenschafft zu geben wann sie auff einen die
Gunst zum Heyrahten geworffen hat/ nicht aber/
wann sie eine Person vnter den andern nicht lie-
ben kan/ es sey gewisser Vrsach wegen/ oder auß
Schamhafftigkeit/ welche auch einen jedwedern
zu lieben außschlagen solte. Ich köndte aber den
Radirobanes vieleicht nicht hassen/ wann er mich
mehr begerte auß Liebe/ als auß Einbildung daß

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Das dritte Buch.
le Geſetze der Verbindnuͤſſe vnnd Blutſfreund-
ſchafft hindan ſtellen. Der jenige pflegt vns am
liebſten zuſeyn/ der vnſere Macht mit Nutzen ſon-
derlich ſtaͤrcket; vnnd dieſe Verwandtſchafften
werden fuͤr die fuͤrnembſten gehalten/ welche das
Reich am meiſten befeſtigen. Hette ich mehr Kin-
der/ ſo koͤndtet jhr vermeinen/ ich truͤge dißfals nicht
ſo ſehr fuͤr euch Beyſorge als fuͤr mich ſelber. Dann
ich weiß daß offtmals Koͤnige jhre Toͤchter vnnd
Schweſter denen zu vergeben pflegen/ welche ſie
vnter dem Schein einer Freundtſchafft betriegen/
oder auff eine Zeitlang beguͤtigen woͤllen; vnnd
machen hernach/ vnangeſehen das Pfandt jhres
G[e]bluͤttes/ noch daß jenige was ſie verſprochen ha-
ben/ Krieg oder Friede nach der Zeit gelegenheit
vnnd jhrem belieben. Ihr aber ſeydt meine Einige;
die Natur vnnd die Nachfolgung im Regimendt
vereiniget alle Zuneigung deß Vatters vnnd deß
Koͤniges in euch alleine. Rahtet derhalben euch
ſelber/ oder laſſet mich euch rhaten. Argenis gab
zur Antwort: Herꝛ/ einer Jungfrawen gebuͤhret
rechenſchafft zu geben wann ſie auff einen die
Gunſt zum Heyrahten geworffen hat/ nicht aber/
wann ſie eine Perſon vnter den andern nicht lie-
ben kan/ es ſey gewiſſer Vrſach wegen/ oder auß
Schamhafftigkeit/ welche auch einen jedwedern
zu lieben außſchlagen ſolte. Ich koͤndte aber den
Radirobanes vieleicht nicht haſſen/ wann er mich
mehr begerte auß Liebe/ als auß Einbildung daß

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[565/0609] Das dritte Buch. le Geſetze der Verbindnuͤſſe vnnd Blutſfreund- ſchafft hindan ſtellen. Der jenige pflegt vns am liebſten zuſeyn/ der vnſere Macht mit Nutzen ſon- derlich ſtaͤrcket; vnnd dieſe Verwandtſchafften werden fuͤr die fuͤrnembſten gehalten/ welche das Reich am meiſten befeſtigen. Hette ich mehr Kin- der/ ſo koͤndtet jhr vermeinen/ ich truͤge dißfals nicht ſo ſehr fuͤr euch Beyſorge als fuͤr mich ſelber. Dann ich weiß daß offtmals Koͤnige jhre Toͤchter vnnd Schweſter denen zu vergeben pflegen/ welche ſie vnter dem Schein einer Freundtſchafft betriegen/ oder auff eine Zeitlang beguͤtigen woͤllen; vnnd machen hernach/ vnangeſehen das Pfandt jhres Gebluͤttes/ noch daß jenige was ſie verſprochen ha- ben/ Krieg oder Friede nach der Zeit gelegenheit vnnd jhrem belieben. Ihr aber ſeydt meine Einige; die Natur vnnd die Nachfolgung im Regimendt vereiniget alle Zuneigung deß Vatters vnnd deß Koͤniges in euch alleine. Rahtet derhalben euch ſelber/ oder laſſet mich euch rhaten. Argenis gab zur Antwort: Herꝛ/ einer Jungfrawen gebuͤhret rechenſchafft zu geben wann ſie auff einen die Gunſt zum Heyrahten geworffen hat/ nicht aber/ wann ſie eine Perſon vnter den andern nicht lie- ben kan/ es ſey gewiſſer Vrſach wegen/ oder auß Schamhafftigkeit/ welche auch einen jedwedern zu lieben außſchlagen ſolte. Ich koͤndte aber den Radirobanes vieleicht nicht haſſen/ wann er mich mehr begerte auß Liebe/ als auß Einbildung daß man Nn iij

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Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 565. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/609>, abgerufen am 22.11.2024.