Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Ander Buch.
denem Scheine in die fürnemsten Stätte/ hielt den
beampteten Gastereyen/ vnd ermahnete sie bey gu-
ter Lust vnd Fröligkeit/ sie wolten die allgemeine
Freyheit nicht verrhaten lassen. Sicilien würde mit
schädlichen Rhatgebungen angegriffen; sie solten
bedencken/ daß sie nicht in einem Königreiche/ son-
dern vnter einer Tyranney weren. Im Fall er deß
Königes erwehnete/ redete er so vmbschweiffend vnd
zweiffelhafftig/ daß er auch den Meleander selber
solches gut zu heissen vberreden können. Wann er
dann merckete/ daß sie von diesen Worten beweget
worden/ sagte er entweder offentlich/ oder den Für-
nemsten gleichsam als er gemeiner mit jhnen vmb-
gienge/ mit Seufftzen etwas nur halb in die Oh-
ren/ daß es schiene/ als er auß trewer Fürsorge sich
eines ärgeren befürchtete als er durffte offenbah-
ren. Derentwegen waren jhr nicht wenig die auff
jhn als eine Seule deß gemeinen Wesens sahen/
vnd mit widerwärtigen Gedancken deß Melean-
ders satt gewonnen. Fürnemlich wann vnter dem
gemeinen Manne die Rede gieng/ man foderte den
eingebohrenen deß Landes zur Schmach lauter
frembde zu offentlichen Aemptern; die Renten vnd
Zölle würden gesteigert: es were sich auch der Kö-
nig wegen vorigen Krieges zu rechen/ vnd viel beym
Kopffe zunehmen gesonnen. Vber diese Grieffe
halffen hierzu nicht wenig die Priester/ welche jh-
nen die Hände versilbern lassen: in dem sie allerley
Zeichen vnd Deutungen erdachten/ vnd ein jegli-

ches

Das Ander Buch.
denem Scheine in die fuͤrnemſten Staͤtte/ hielt den
beampteten Gaſtereyen/ vnd ermahnete ſie bey gu-
ter Luſt vnd Froͤligkeit/ ſie wolten die allgemeine
Freyheit nicht verꝛhaten laſſen. Sicilien wuͤrde mit
ſchaͤdlichen Rhatgebungen angegriffen; ſie ſolten
bedencken/ daß ſie nicht in einem Koͤnigreiche/ ſon-
dern vnter einer Tyranney weren. Im Fall er deß
Koͤniges erwehnete/ redete er ſo vmbſchweiffend vnd
zweiffelhafftig/ daß er auch den Meleander ſelber
ſolches gut zu heiſſen vberꝛeden koͤnnen. Wann er
dann merckete/ daß ſie von dieſen Worten beweget
worden/ ſagte er entweder offentlich/ oder den Fuͤr-
nemſten gleichſam als er gemeiner mit jhnen vmb-
gienge/ mit Seufftzen etwas nur halb in die Oh-
ren/ daß es ſchiene/ als er auß trewer Fuͤrſorge ſich
eines aͤrgeren befuͤrchtete als er durffte offenbah-
ren. Derentwegen waren jhr nicht wenig die auff
jhn als eine Seule deß gemeinen Weſens ſahen/
vnd mit widerwaͤrtigen Gedancken deß Melean-
ders ſatt gewonnen. Fuͤrnemlich wann vnter dem
gemeinen Manne die Rede gieng/ man foderte den
eingebohrenen deß Landes zur Schmach lauter
frembde zu offentlichen Aemptern; die Renten vnd
Zoͤlle wuͤrden geſteigert: es were ſich auch der Koͤ-
nig wegen vorigen Krieges zu rechen/ vnd viel beym
Kopffe zunehmen geſonnen. Vber dieſe Grieffe
halffen hierzu nicht wenig die Prieſter/ welche jh-
nen die Haͤnde verſilbern laſſen: in dem ſie allerley
Zeichen vnd Deutungen erdachten/ vnd ein jegli-

ches
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0249" n="205"/><fw place="top" type="header">Das Ander Buch.</fw><lb/>
denem Scheine in die fu&#x0364;rnem&#x017F;ten Sta&#x0364;tte/ hielt den<lb/>
beampteten Ga&#x017F;tereyen/ vnd ermahnete &#x017F;ie bey gu-<lb/>
ter Lu&#x017F;t vnd Fro&#x0364;ligkeit/ &#x017F;ie wolten die allgemeine<lb/>
Freyheit nicht ver&#xA75B;haten la&#x017F;&#x017F;en. Sicilien wu&#x0364;rde mit<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;dlichen Rhatgebungen angegriffen; &#x017F;ie &#x017F;olten<lb/>
bedencken/ daß &#x017F;ie nicht in einem Ko&#x0364;nigreiche/ &#x017F;on-<lb/>
dern vnter einer Tyranney weren. Im Fall er deß<lb/>
Ko&#x0364;niges erwehnete/ redete er &#x017F;o vmb&#x017F;chweiffend vnd<lb/>
zweiffelhafftig/ daß er auch den Meleander &#x017F;elber<lb/>
&#x017F;olches gut zu hei&#x017F;&#x017F;en vber&#xA75B;eden ko&#x0364;nnen. Wann er<lb/>
dann merckete/ daß &#x017F;ie von die&#x017F;en Worten beweget<lb/>
worden/ &#x017F;agte er entweder offentlich/ oder den Fu&#x0364;r-<lb/>
nem&#x017F;ten gleich&#x017F;am als er gemeiner mit jhnen vmb-<lb/>
gienge/ mit Seufftzen etwas nur halb in die Oh-<lb/>
ren/ daß es &#x017F;chiene/ als er auß trewer Fu&#x0364;r&#x017F;orge &#x017F;ich<lb/>
eines a&#x0364;rgeren befu&#x0364;rchtete als er durffte offenbah-<lb/>
ren. Derentwegen waren jhr nicht wenig die auff<lb/>
jhn als eine Seule deß gemeinen We&#x017F;ens &#x017F;ahen/<lb/>
vnd mit widerwa&#x0364;rtigen Gedancken deß Melean-<lb/>
ders &#x017F;att gewonnen. Fu&#x0364;rnemlich wann vnter dem<lb/>
gemeinen Manne die Rede gieng/ man foderte den<lb/>
eingebohrenen deß Landes zur Schmach lauter<lb/>
frembde zu offentlichen Aemptern; die Renten vnd<lb/>
Zo&#x0364;lle wu&#x0364;rden ge&#x017F;teigert: es were &#x017F;ich auch der Ko&#x0364;-<lb/>
nig wegen vorigen Krieges zu rechen/ vnd viel beym<lb/>
Kopffe zunehmen ge&#x017F;onnen. Vber die&#x017F;e Grieffe<lb/>
halffen hierzu nicht wenig die Prie&#x017F;ter/ welche jh-<lb/>
nen die Ha&#x0364;nde ver&#x017F;ilbern la&#x017F;&#x017F;en: in dem &#x017F;ie allerley<lb/>
Zeichen vnd Deutungen erdachten/ vnd ein jegli-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ches</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0249] Das Ander Buch. denem Scheine in die fuͤrnemſten Staͤtte/ hielt den beampteten Gaſtereyen/ vnd ermahnete ſie bey gu- ter Luſt vnd Froͤligkeit/ ſie wolten die allgemeine Freyheit nicht verꝛhaten laſſen. Sicilien wuͤrde mit ſchaͤdlichen Rhatgebungen angegriffen; ſie ſolten bedencken/ daß ſie nicht in einem Koͤnigreiche/ ſon- dern vnter einer Tyranney weren. Im Fall er deß Koͤniges erwehnete/ redete er ſo vmbſchweiffend vnd zweiffelhafftig/ daß er auch den Meleander ſelber ſolches gut zu heiſſen vberꝛeden koͤnnen. Wann er dann merckete/ daß ſie von dieſen Worten beweget worden/ ſagte er entweder offentlich/ oder den Fuͤr- nemſten gleichſam als er gemeiner mit jhnen vmb- gienge/ mit Seufftzen etwas nur halb in die Oh- ren/ daß es ſchiene/ als er auß trewer Fuͤrſorge ſich eines aͤrgeren befuͤrchtete als er durffte offenbah- ren. Derentwegen waren jhr nicht wenig die auff jhn als eine Seule deß gemeinen Weſens ſahen/ vnd mit widerwaͤrtigen Gedancken deß Melean- ders ſatt gewonnen. Fuͤrnemlich wann vnter dem gemeinen Manne die Rede gieng/ man foderte den eingebohrenen deß Landes zur Schmach lauter frembde zu offentlichen Aemptern; die Renten vnd Zoͤlle wuͤrden geſteigert: es were ſich auch der Koͤ- nig wegen vorigen Krieges zu rechen/ vnd viel beym Kopffe zunehmen geſonnen. Vber dieſe Grieffe halffen hierzu nicht wenig die Prieſter/ welche jh- nen die Haͤnde verſilbern laſſen: in dem ſie allerley Zeichen vnd Deutungen erdachten/ vnd ein jegli- ches

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/249
Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/249>, abgerufen am 24.11.2024.