Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.Joh. Barclayens Argenis/ Gesichte vnd Worte dir mit heimlichen Gedan-cken eynbilden. Man möchte sagen/ ich würde hier- zu verbunden durch die kindliche Liebe gegen dem Vatter/ vnd die allgemeine Wolfarth deß König- reiches. Was kan ich aber böses wider den Vatter thun/ wann ich so ein vnglückseliges Laster zu bege- hen vnterlasse? Oder was darff ich mich vmb das Königreich bekümmern/ da ich zu sterben entschlos- sen bin? So bestehet auch die Wolfart der König- reiche nicht allezeit in der Furchte. Vielleichte kan ich mit meiner Künheit verbessern/ was der Vatter mit Gelindigkeit verderbet hat. Aber was solst du machen? Die Gefahr kömpt näher vnd näher/ vnd wird dich vnversehens vberfallen. Schawe den Vatter/ schawe den Lycogenes. Man ruffet mich zum Opffer. Wann ich mich weigere bey diesem verfluchten Frieden das meinige zu thun/ was sol ich sagen? Was für Vrsachen sol ich offentlich bey meinem Vatter eynwenden? Also sagte sie/ vnd war nicht mehr trawrig: son- der
Joh. Barclayens Argenis/ Geſichte vnd Worte dir mit heimlichen Gedan-cken eynbilden. Man moͤchte ſagen/ ich wuͤrde hier- zu verbunden durch die kindliche Liebe gegen dem Vatter/ vnd die allgemeine Wolfarth deß Koͤnig- reiches. Was kan ich aber boͤſes wider den Vatter thun/ wann ich ſo ein vngluͤckſeliges Laſter zu bege- hen vnterlaſſe? Oder was darff ich mich vmb das Koͤnigreich bekuͤmmern/ da ich zu ſterben entſchloſ- ſen bin? So beſtehet auch die Wolfart der Koͤnig- reiche nicht allezeit in der Furchte. Vielleichte kan ich mit meiner Kuͤnheit verbeſſern/ was der Vatter mit Gelindigkeit verderbet hat. Aber was ſolſt du machen? Die Gefahr koͤmpt naͤher vnd naͤher/ vnd wird dich vnverſehens vberfallen. Schawe den Vatter/ ſchawe den Lycogenes. Man ruffet mich zum Opffer. Wann ich mich weigere bey dieſem verfluchten Frieden das meinige zu thun/ was ſol ich ſagen? Was fuͤr Vrſachen ſol ich offentlich bey meinem Vatter eynwenden? Alſo ſagte ſie/ vnd war nicht mehr trawrig: ſon- der
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Joh. Barclayens Argenis/
Geſichte vnd Worte dir mit heimlichen Gedan-
cken eynbilden. Man moͤchte ſagen/ ich wuͤrde hier-
zu verbunden durch die kindliche Liebe gegen dem
Vatter/ vnd die allgemeine Wolfarth deß Koͤnig-
reiches. Was kan ich aber boͤſes wider den Vatter
thun/ wann ich ſo ein vngluͤckſeliges Laſter zu bege-
hen vnterlaſſe? Oder was darff ich mich vmb das
Koͤnigreich bekuͤmmern/ da ich zu ſterben entſchloſ-
ſen bin? So beſtehet auch die Wolfart der Koͤnig-
reiche nicht allezeit in der Furchte. Vielleichte kan
ich mit meiner Kuͤnheit verbeſſern/ was der Vatter
mit Gelindigkeit verderbet hat. Aber was ſolſt du
machen? Die Gefahr koͤmpt naͤher vnd naͤher/ vnd
wird dich vnverſehens vberfallen. Schawe den
Vatter/ ſchawe den Lycogenes. Man ruffet mich
zum Opffer. Wann ich mich weigere bey dieſem
verfluchten Frieden das meinige zu thun/ was ſol
ich ſagen? Was fuͤr Vrſachen ſol ich offentlich bey
meinem Vatter eynwenden?
Alſo ſagte ſie/ vnd war nicht mehr trawrig: ſon-
dern das Toben welches ſie eyngenommen hatte
machte jhr Antlitz viel anſehenlicher als zuvor: ſie
warff die ernſthafftigen Augen von einer Seiten
zu der andern/ als jhr die letzten Worte deß Poliar-
chus bey ſeinem Abſchiede eynfielen: Sie ſolte ge-
dencken/ daß jre Pallas entweichen muſte/ aber mit
Donner wider kommen koͤnte. Gewiß/ ſagte ſie/ iſt
meine Pallas wegk; was ſol ich vmbſonſt hier war-
ten? Das Gebete in dieſem Tempel iſt vergebens;
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