Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626.

Bild:
<< vorherige Seite

Joh. Barclayens Argenis/
fieng mit einem tieffen Seufftzer an zu schreyen:
jhr frommer König/ wo habt jhr so lange verborge
gelegen? Wir ewere Vnderthanen haben nicht al
gesündiget/ daß jhr vns Arme Leute darumb verla
sen habt. Was ist aber dieses für eine Kleydung? wa
für eine Einsamkeit? wie ist doch alles zu gar gern
ge für ewere Majestät? Vnd zugleich fiel er jhm oh
ne seinen Danck an die Knie/ vnd fieng hertzlich a
zu weinen. Dieser schrie/ der Soldat rasete/ vn
wandte sich halb lachendt vnd halb zornig mit ver
achtung deß Menschens zu seinen Mitbrüder
Sie wurden aber gleichsfals vber deß Soldaten
Rede bestürtzt/ weil er auff seiner Meinung bestän
dig war; Dieser were sein König/ vnd hiesse Aneroes
er wolte jhm auch von der Seitten nicht gehen/ vn
sich der Götter Wolthat gebrauchen/ die jhm seine
von vielen Jahren her gewündschten Herrn endlic
also widergegeben hetten. Darauff tratt der Alte vn
ter dem zancken vnd angemaßter Verwunderun
dem Soldaten zu den Ohren/ vnd: O mein So
dat/ fieng er an/ wann euch ewer Gedächtniß ode
ewere Augen etwan wegen länge der Zeit betriegen
oder daß euch die Gleichheit deß Gesichtes jrri
macht/ so könnet jhr hierinnen besser Bescheidenhe
gebrauchen. Bin ich aber ewer König/ so begehre ic
von euch als meinem Vnderthanen erstlich/ daß jh
schweiget/ vnd/ da es euch gefällt/ so lange mit mi
gehet/ biß wir sich miteinander allein bereden kön-
nen. Diese Warnung war vergebens. Dann ob zwa

de

Joh. Barclayens Argenis/
fieng mit einem tieffen Seufftzer an zu ſchreyen:
jhr frommer Koͤnig/ wo habt jhr ſo lange verborge
gelegen? Wir ewere Vnderthanen haben nicht al
geſuͤndiget/ daß jhr vns Arme Leute darumb verla
ſen habt. Was iſt aber dieſes fuͤr eine Kleydung? wa
fuͤr eine Einſamkeit? wie iſt doch alles zu gar gern
ge fuͤr ewere Majeſtaͤt? Vnd zugleich fiel er jhm oh
ne ſeinen Danck an die Knie/ vnd fieng hertzlich a
zu weinen. Dieſer ſchrie/ der Soldat raſete/ vn
wandte ſich halb lachendt vnd halb zornig mit ver
achtung deß Menſchens zu ſeinen Mitbruͤder
Sie wurden aber gleichsfals vber deß Soldaten
Rede beſtuͤrtzt/ weil er auff ſeiner Meinung beſtaͤn
dig war; Dieſer were ſein Koͤnig/ vnd hieſſe Aneroeſ
er wolte jhm auch von der Seitten nicht gehen/ vn
ſich der Goͤtter Wolthat gebrauchen/ die jhm ſeine
von vielen Jahren her gewuͤndſchten Herꝛn endlic
alſo widergegeben hetten. Darauff tratt der Alte vn
ter dem zancken vnd angemaßter Verwunderun
dem Soldaten zu den Ohren/ vnd: O mein So
dat/ fieng er an/ wann euch ewer Gedaͤchtniß ode
ewere Augen etwan wegen laͤnge der Zeit betriegen
oder daß euch die Gleichheit deß Geſichtes jrꝛi
macht/ ſo koͤnnet jhr hierinnen beſſer Beſcheidenhe
gebrauchen. Bin ich aber ewer Koͤnig/ ſo begehre ic
von euch als meinem Vnderthanen erſtlich/ daß jh
ſchweiget/ vnd/ da es euch gefaͤllt/ ſo lange mit mi
gehet/ biß wir ſich miteinander allein bereden koͤn-
nen. Dieſe Warnung war vergebens. Dañ ob zwa

de
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f1004" n="960"/><fw place="top" type="header">Joh. Barclayens Argenis/</fw><lb/>
fieng mit einem tieffen Seufftzer an zu &#x017F;chreyen:<lb/>
jhr frommer Ko&#x0364;nig/ wo habt jhr &#x017F;o lange verborge<lb/>
gelegen? Wir ewere Vnderthanen haben nicht al<lb/>
ge&#x017F;u&#x0364;ndiget/ daß jhr vns Arme Leute darumb verla<lb/>
&#x017F;en habt. Was i&#x017F;t aber die&#x017F;es fu&#x0364;r eine Kleydung? wa<lb/>
fu&#x0364;r eine Ein&#x017F;amkeit? wie i&#x017F;t doch alles zu gar gern<lb/>
ge fu&#x0364;r ewere Maje&#x017F;ta&#x0364;t? Vnd zugleich fiel er jhm oh<lb/>
ne &#x017F;einen Danck an die Knie/ vnd fieng hertzlich a<lb/>
zu weinen. Die&#x017F;er &#x017F;chrie/ der Soldat ra&#x017F;ete/ vn<lb/>
wandte &#x017F;ich halb lachendt vnd halb zornig mit ver<lb/>
achtung deß Men&#x017F;chens zu &#x017F;einen Mitbru&#x0364;der<lb/>
Sie wurden aber gleichsfals vber deß Soldaten<lb/>
Rede be&#x017F;tu&#x0364;rtzt/ weil er auff &#x017F;einer Meinung be&#x017F;ta&#x0364;n<lb/>
dig war; Die&#x017F;er were &#x017F;ein Ko&#x0364;nig/ vnd hie&#x017F;&#x017F;e Aneroe&#x017F;<lb/>
er wolte jhm auch von der Seitten nicht gehen/ vn<lb/>
&#x017F;ich der Go&#x0364;tter Wolthat gebrauchen/ die jhm &#x017F;eine<lb/>
von vielen Jahren her gewu&#x0364;nd&#x017F;chten Her&#xA75B;n endlic<lb/>
al&#x017F;o widergegeben hetten. Darauff tratt der Alte vn<lb/>
ter dem zancken vnd angemaßter Verwunderun<lb/>
dem Soldaten zu den Ohren/ vnd: O mein So<lb/>
dat/ fieng er an/ wann euch ewer Geda&#x0364;chtniß ode<lb/>
ewere Augen etwan wegen la&#x0364;nge der Zeit betriegen<lb/>
oder daß euch die Gleichheit deß Ge&#x017F;ichtes jr&#xA75B;i<lb/>
macht/ &#x017F;o ko&#x0364;nnet jhr hierinnen be&#x017F;&#x017F;er Be&#x017F;cheidenhe<lb/>
gebrauchen. Bin ich aber ewer Ko&#x0364;nig/ &#x017F;o begehre ic<lb/>
von euch als meinem Vnderthanen er&#x017F;tlich/ daß jh<lb/>
&#x017F;chweiget/ vnd/ da es euch gefa&#x0364;llt/ &#x017F;o lange mit mi<lb/>
gehet/ biß wir &#x017F;ich miteinander allein bereden ko&#x0364;n-<lb/>
nen. Die&#x017F;e Warnung war vergebens. Dan&#x0303; ob zwa<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">de</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[960/1004] Joh. Barclayens Argenis/ fieng mit einem tieffen Seufftzer an zu ſchreyen: jhr frommer Koͤnig/ wo habt jhr ſo lange verborge gelegen? Wir ewere Vnderthanen haben nicht al geſuͤndiget/ daß jhr vns Arme Leute darumb verla ſen habt. Was iſt aber dieſes fuͤr eine Kleydung? wa fuͤr eine Einſamkeit? wie iſt doch alles zu gar gern ge fuͤr ewere Majeſtaͤt? Vnd zugleich fiel er jhm oh ne ſeinen Danck an die Knie/ vnd fieng hertzlich a zu weinen. Dieſer ſchrie/ der Soldat raſete/ vn wandte ſich halb lachendt vnd halb zornig mit ver achtung deß Menſchens zu ſeinen Mitbruͤder Sie wurden aber gleichsfals vber deß Soldaten Rede beſtuͤrtzt/ weil er auff ſeiner Meinung beſtaͤn dig war; Dieſer were ſein Koͤnig/ vnd hieſſe Aneroeſ er wolte jhm auch von der Seitten nicht gehen/ vn ſich der Goͤtter Wolthat gebrauchen/ die jhm ſeine von vielen Jahren her gewuͤndſchten Herꝛn endlic alſo widergegeben hetten. Darauff tratt der Alte vn ter dem zancken vnd angemaßter Verwunderun dem Soldaten zu den Ohren/ vnd: O mein So dat/ fieng er an/ wann euch ewer Gedaͤchtniß ode ewere Augen etwan wegen laͤnge der Zeit betriegen oder daß euch die Gleichheit deß Geſichtes jrꝛi macht/ ſo koͤnnet jhr hierinnen beſſer Beſcheidenhe gebrauchen. Bin ich aber ewer Koͤnig/ ſo begehre ic von euch als meinem Vnderthanen erſtlich/ daß jh ſchweiget/ vnd/ da es euch gefaͤllt/ ſo lange mit mi gehet/ biß wir ſich miteinander allein bereden koͤn- nen. Dieſe Warnung war vergebens. Dañ ob zwa de

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/1004
Zitationshilfe: Barclay, John (Übers. Martin Opitz): Johann Barclaÿens Argenis Deutsch gemacht durch Martin Opitzen. Breslau, 1626, S. 960. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/barclay_argenis_1626/1004>, abgerufen am 22.11.2024.