Ball, Hugo: Zur Kritik der deutschen Intelligenz. Bern, 1919.geschweige denn mit uns Deutschen" (Bd. I, S. 200). Oder: "Wenn wir in unserem Kreise nicht alles mit Garnisonen versehen können, so schicken wir von Zeit zu Zeit fliegende Kolonnen nach solchen Orten, die sich rekalzitrant benehmen, erschiessen, hängen und sengen". Oder: "Für jeden Tag Rückstand sollen den Gemeinden fünf Prozent des Betrages mehr abgefordert werden. Fliegende Kolonnen mit Geschützen sollen vor die sich härtnäckig wei- gernden Ortschaften rücken, sich die Steuern herausbringen lassen, und, falls dies nicht ohne Verzug geschieht, mit Beschies- sung und Anzünden vorgehen". Und weiter: "Ich (Bismarck) denke, wenn die Franzosen erst Zufuhr an Lebensmitteln gekriegt haben und dann wieder auf halbe Ration gesetzt werden und wieder hungern müssen, das wird wirken. Es ist wie mit der Prügelbank. Wenn da etwas länger gehauen wird -- hinterein- ander -- so macht das nicht viel aus. Aber wenn ausgesetzt wird und nach einer Weile wieder angefangen, das ist unerwünscht". (Bd. II, 57/58, 81/82, und 84). 108) Vergl. die vom preussischen Generalstab inspirierten Dokumente alldeutscher Kriegwut in Prof. O. Nippolds berühmten Buche "Der deutsche Chauvinismus" (Bern, K. J. Wyss Erben, 1913 und 1917), insbesondere die den Tatsachen durchaus ent- sprechende Aeusserung eines Medizinalrat Dr. W. Fuchs vom 12. Januar 1912: "Welche Männer ragen denn am höchsten in der Geschichte der Nation, wen umfängt der Herzschlag der Deutschen mit heissester Liebe? Etwa Goethe, Schiller, Wagner, Marx? O nein, sondern Barbarossa, den grossen Friedrich, Blücher, Moltke, Bismarck, die harten Blutmenschen. Sie, die tausende von Leben hinopferten, sie sind es, welchen aus der Seele des Volkes das weicheste Gefühl, eine wahrhaft anbetende Dankbar- keit entgegenströmt. Weil sie getan haben, was wir jetzt tun sollten. Weil sie so tapfer, so verantwortungsfreudig waren, wie sonst keiner". "Nun muss aber die bürgerliche Moral", fährt der Medizinalrat fort, "alle jene Grossen verdammen; denn der Volksgenosse hütet nichts ängstlicher als seine bürgerliche Moral, -- und trotzdem huldigen seine heiligsten Schauer den Titanen der Bluttat! etc." -- Heil dem grossen Psychoanalytiker Fuchs! Er hat die Wahrheit, die lauterste Wahrheit gesprochen und das Rätsel aufgedeckt. Das schlechte Gewissen des deutschen Volkes ist seine -- Moral. Das Verbrechen ist seine Natur, Rebellen aber sind diejenigen, die das Naturrecht der Bluttat restituieren! Das ist das Geheimnis der deutschen Geistesgeschichte. 109) Leon Bloy, "Sueur du sang" (1870/71), Extrait du manus- geschweige denn mit uns Deutschen“ (Bd. I, S. 200). Oder: „Wenn wir in unserem Kreise nicht alles mit Garnisonen versehen können, so schicken wir von Zeit zu Zeit fliegende Kolonnen nach solchen Orten, die sich rekalzitrant benehmen, erschiessen, hängen und sengen“. Oder: „Für jeden Tag Rückstand sollen den Gemeinden fünf Prozent des Betrages mehr abgefordert werden. Fliegende Kolonnen mit Geschützen sollen vor die sich härtnäckig wei- gernden Ortschaften rücken, sich die Steuern herausbringen lassen, und, falls dies nicht ohne Verzug geschieht, mit Beschies- sung und Anzünden vorgehen“. Und weiter: „Ich (Bismarck) denke, wenn die Franzosen erst Zufuhr an Lebensmitteln gekriegt haben und dann wieder auf halbe Ration gesetzt werden und wieder hungern müssen, das wird wirken. Es ist wie mit der Prügelbank. Wenn da etwas länger gehauen wird — hinterein- ander — so macht das nicht viel aus. Aber wenn ausgesetzt wird und nach einer Weile wieder angefangen, das ist unerwünscht“. (Bd. II, 57/58, 81/82, und 84). 108) Vergl. die vom preussischen Generalstab inspirierten Dokumente alldeutscher Kriegwut in Prof. O. Nippolds berühmten Buche „Der deutsche Chauvinismus“ (Bern, K. J. Wyss Erben, 1913 und 1917), insbesondere die den Tatsachen durchaus ent- sprechende Aeusserung eines Medizinalrat Dr. W. Fuchs vom 12. Januar 1912: „Welche Männer ragen denn am höchsten in der Geschichte der Nation, wen umfängt der Herzschlag der Deutschen mit heissester Liebe? Etwa Goethe, Schiller, Wagner, Marx? O nein, sondern Barbarossa, den grossen Friedrich, Blücher, Moltke, Bismarck, die harten Blutmenschen. Sie, die tausende von Leben hinopferten, sie sind es, welchen aus der Seele des Volkes das weicheste Gefühl, eine wahrhaft anbetende Dankbar- keit entgegenströmt. Weil sie getan haben, was wir jetzt tun sollten. Weil sie so tapfer, so verantwortungsfreudig waren, wie sonst keiner“. „Nun muss aber die bürgerliche Moral“, fährt der Medizinalrat fort, „alle jene Grossen verdammen; denn der Volksgenosse hütet nichts ängstlicher als seine bürgerliche Moral, — und trotzdem huldigen seine heiligsten Schauer den Titanen der Bluttat! etc.“ — Heil dem grossen Psychoanalytiker Fuchs! Er hat die Wahrheit, die lauterste Wahrheit gesprochen und das Rätsel aufgedeckt. Das schlechte Gewissen des deutschen Volkes ist seine — Moral. Das Verbrechen ist seine Natur, Rebellen aber sind diejenigen, die das Naturrecht der Bluttat restituieren! Das ist das Geheimnis der deutschen Geistesgeschichte. 109) Léon Bloy, „Sueur du sang“ (1870/71), Extrait du manus- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <note xml:id="id107b107d" prev="id107d" place="end" n="107)"><pb facs="#f0326" n="318"/> geschweige denn mit uns Deutschen“ (Bd. I, S. 200). Oder: „Wenn<lb/> wir in unserem Kreise nicht alles mit Garnisonen versehen können,<lb/> so schicken wir von Zeit zu Zeit fliegende Kolonnen nach solchen<lb/> Orten, die sich rekalzitrant benehmen, erschiessen, hängen und<lb/> sengen“. Oder: „Für jeden Tag Rückstand sollen den Gemeinden<lb/> fünf Prozent des Betrages mehr abgefordert werden. 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¹⁰⁷⁾ geschweige denn mit uns Deutschen“ (Bd. I, S. 200). Oder: „Wenn
wir in unserem Kreise nicht alles mit Garnisonen versehen können,
so schicken wir von Zeit zu Zeit fliegende Kolonnen nach solchen
Orten, die sich rekalzitrant benehmen, erschiessen, hängen und
sengen“. Oder: „Für jeden Tag Rückstand sollen den Gemeinden
fünf Prozent des Betrages mehr abgefordert werden. Fliegende
Kolonnen mit Geschützen sollen vor die sich härtnäckig wei-
gernden Ortschaften rücken, sich die Steuern herausbringen
lassen, und, falls dies nicht ohne Verzug geschieht, mit Beschies-
sung und Anzünden vorgehen“. Und weiter: „Ich (Bismarck)
denke, wenn die Franzosen erst Zufuhr an Lebensmitteln gekriegt
haben und dann wieder auf halbe Ration gesetzt werden und
wieder hungern müssen, das wird wirken. Es ist wie mit der
Prügelbank. Wenn da etwas länger gehauen wird — hinterein-
ander — so macht das nicht viel aus. Aber wenn ausgesetzt
wird und nach einer Weile wieder angefangen, das ist unerwünscht“.
(Bd. II, 57/58, 81/82, und 84).
¹⁰⁸⁾ Vergl. die vom preussischen Generalstab inspirierten
Dokumente alldeutscher Kriegwut in Prof. O. Nippolds berühmten
Buche „Der deutsche Chauvinismus“ (Bern, K. J. Wyss Erben,
1913 und 1917), insbesondere die den Tatsachen durchaus ent-
sprechende Aeusserung eines Medizinalrat Dr. W. Fuchs vom
12. Januar 1912: „Welche Männer ragen denn am höchsten in
der Geschichte der Nation, wen umfängt der Herzschlag der
Deutschen mit heissester Liebe? Etwa Goethe, Schiller, Wagner,
Marx? O nein, sondern Barbarossa, den grossen Friedrich, Blücher,
Moltke, Bismarck, die harten Blutmenschen. Sie, die tausende
von Leben hinopferten, sie sind es, welchen aus der Seele des
Volkes das weicheste Gefühl, eine wahrhaft anbetende Dankbar-
keit entgegenströmt. Weil sie getan haben, was wir jetzt tun
sollten. Weil sie so tapfer, so verantwortungsfreudig waren, wie
sonst keiner“. „Nun muss aber die bürgerliche Moral“, fährt
der Medizinalrat fort, „alle jene Grossen verdammen; denn der
Volksgenosse hütet nichts ängstlicher als seine bürgerliche Moral,
— und trotzdem huldigen seine heiligsten Schauer den Titanen der
Bluttat! etc.“ — Heil dem grossen Psychoanalytiker Fuchs! Er hat
die Wahrheit, die lauterste Wahrheit gesprochen und das Rätsel
aufgedeckt. Das schlechte Gewissen des deutschen Volkes ist
seine — Moral. Das Verbrechen ist seine Natur, Rebellen aber
sind diejenigen, die das Naturrecht der Bluttat restituieren! Das
ist das Geheimnis der deutschen Geistesgeschichte.
¹⁰⁹⁾ Léon Bloy, „Sueur du sang“ (1870/71), Extrait du manus-
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