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Ball, Hugo: Zur Kritik der deutschen Intelligenz. Bern, 1919.

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heisst: ,Alle die hier mitgeteilten Nachrichten kannst Du so
betrachten, als wenn Du sie aus Manteuffels und Aberdeens
eigenem Munde hättest!' Vier Wochen später machte er wieder
allerhand Mitteilungen über beabsichtigte Schritte des Kabinetts,
gestützt auf Mitteilungen ,zwar nicht aus meiner offiziellen, aber
doch aus ziemlich glaubhafter Quelle'. Am 20. Mai 1854 klagt
er, dass seine ,diplomatische Quelle' eine weite Reise angetreten
habe. ,Eine so vorzügliche Quelle, durch die man kabinettsmässig
informiert war,
zu haben, und dann auf so lange Zeit wieder
verlieren, ist überaus ärgerlich'. Aber er hat immer noch Neben-
quellen, die ihn über Interna des Berliner Kabinetts unterrichten,
und ist u. a. ,zeitig vorher von Bonins Entlassung etc. benach-
richtigt worden'." -- (S. 27) Es besteht danach kaum ein Zweifel,
dass das Berliner Kabinett sich von den guten Beziehungen zu
Herrn Lassalle mancherlei versprach, und man sollte einmal
nachprüfen, wie Marx die guten Informationen verwertete. 1849
hatte Lassalle noch flammende Entrüstung für die "schmachvolle
und unerträgliche Gewaltherrschaft", die "über Preussen herein-
gebrochen": "Warum zu soviel Gewalt noch soviel Heuchelei?
Doch das ist preussisch". Und: "Vergessen wir nichts, nie, nie-
mals. Bewahren wir sie auf, diese Erinnerungen, sorgfältig auf,
wie die Gebeine gemordeter Eltern, deren einziges Erbe ist
der Racheschwur, der sich an diese Knochen knüpft". 1854 aber
hat er seine "kabinettsmässigen Informationen", und 1857 erwirkt
er durch die Vermittlung Alexander von Humboldts (desselben
Humboldt, der in Paris die Demokraten der Deutsch-Französischen
Jahrbücher ausweisen liess) vom König von Preussen die Er-
laubnis, seinen Wohnsitz in Berlin nehmen zu dürfen. Es gehört
schon eine gute Dosis Naivität dazu, all dies "interessant",
nicht aber zweideutig und kompromittierend zu finden. "Ihn
dürstete nach Anerkennung, nach Ruhm, nach Taten, und dazu
bedurfte er des Bodens der Hauptstadt", so Bernstein. Nun, die
Scheidemann, Radek und Parvus dürstet es ebenfalls nach An-
erkennung, nach Ruhm und Taten ! Nach Lassalles Informationen
zur Zeit des Krimkriegs erscheint aber auch Marxens anti-
slavische Politik in neuer Beleuchtung.
65) "Kommunistisches Manifest", S. 56.
66) "Aufruf an die Slaven", Selbstverlag, 1848: "Aufgelöst
erklärt die Revolution aus ihrer Machtvollkommenheit die Des-
potenstaaten .. aufgelöst das preussische Reich ... aufgelöst
Oesterreich .. aufgelöst das türkische Reich .. aufgelöst das
russische Reich .. aufgelöst also, umgestürzt und neugestaltet
heisst: ‚Alle die hier mitgeteilten Nachrichten kannst Du so
betrachten, als wenn Du sie aus Manteuffels und Aberdeens
eigenem Munde hättest!‘ Vier Wochen später machte er wieder
allerhand Mitteilungen über beabsichtigte Schritte des Kabinetts,
gestützt auf Mitteilungen ‚zwar nicht aus meiner offiziellen, aber
doch aus ziemlich glaubhafter Quelle‘. Am 20. Mai 1854 klagt
er, dass seine ‚diplomatische Quelle‘ eine weite Reise angetreten
habe. ‚Eine so vorzügliche Quelle, durch die man kabinettsmässig
informiert war,
zu haben, und dann auf so lange Zeit wieder
verlieren, ist überaus ärgerlich‘. Aber er hat immer noch Neben-
quellen, die ihn über Interna des Berliner Kabinetts unterrichten,
und ist u. a. ‚zeitig vorher von Bonins Entlassung etc. benach-
richtigt worden‘.“ — (S. 27) Es besteht danach kaum ein Zweifel,
dass das Berliner Kabinett sich von den guten Beziehungen zu
Herrn Lassalle mancherlei versprach, und man sollte einmal
nachprüfen, wie Marx die guten Informationen verwertete. 1849
hatte Lassalle noch flammende Entrüstung für die „schmachvolle
und unerträgliche Gewaltherrschaft“, die „über Preussen herein-
gebrochen“: „Warum zu soviel Gewalt noch soviel Heuchelei?
Doch das ist preussisch“. Und: „Vergessen wir nichts, nie, nie-
mals. Bewahren wir sie auf, diese Erinnerungen, sorgfältig auf,
wie die Gebeine gemordeter Eltern, deren einziges Erbe ist
der Racheschwur, der sich an diese Knochen knüpft“. 1854 aber
hat er seine „kabinettsmässigen Informationen“, und 1857 erwirkt
er durch die Vermittlung Alexander von Humboldts (desselben
Humboldt, der in Paris die Demokraten der Deutsch-Französischen
Jahrbücher ausweisen liess) vom König von Preussen die Er-
laubnis, seinen Wohnsitz in Berlin nehmen zu dürfen. Es gehört
schon eine gute Dosis Naivität dazu, all dies „interessant“,
nicht aber zweideutig und kompromittierend zu finden. „Ihn
dürstete nach Anerkennung, nach Ruhm, nach Taten, und dazu
bedurfte er des Bodens der Hauptstadt“, so Bernstein. Nun, die
Scheidemann, Radek und Parvus dürstet es ebenfalls nach An-
erkennung, nach Ruhm und Taten ! Nach Lassalles Informationen
zur Zeit des Krimkriegs erscheint aber auch Marxens anti-
slavische Politik in neuer Beleuchtung.
65) „Kommunistisches Manifest“, S. 56.
66) „Aufruf an die Slaven“, Selbstverlag, 1848: „Aufgelöst
erklärt die Revolution aus ihrer Machtvollkommenheit die Des-
potenstaaten .. aufgelöst das preussische Reich ... aufgelöst
Oesterreich .. aufgelöst das türkische Reich .. aufgelöst das
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[308/0316] ⁶⁴⁾ heisst: ‚Alle die hier mitgeteilten Nachrichten kannst Du so betrachten, als wenn Du sie aus Manteuffels und Aberdeens eigenem Munde hättest!‘ Vier Wochen später machte er wieder allerhand Mitteilungen über beabsichtigte Schritte des Kabinetts, gestützt auf Mitteilungen ‚zwar nicht aus meiner offiziellen, aber doch aus ziemlich glaubhafter Quelle‘. Am 20. Mai 1854 klagt er, dass seine ‚diplomatische Quelle‘ eine weite Reise angetreten habe. ‚Eine so vorzügliche Quelle, durch die man kabinettsmässig informiert war, zu haben, und dann auf so lange Zeit wieder verlieren, ist überaus ärgerlich‘. Aber er hat immer noch Neben- quellen, die ihn über Interna des Berliner Kabinetts unterrichten, und ist u. a. ‚zeitig vorher von Bonins Entlassung etc. benach- richtigt worden‘.“ — (S. 27) Es besteht danach kaum ein Zweifel, dass das Berliner Kabinett sich von den guten Beziehungen zu Herrn Lassalle mancherlei versprach, und man sollte einmal nachprüfen, wie Marx die guten Informationen verwertete. 1849 hatte Lassalle noch flammende Entrüstung für die „schmachvolle und unerträgliche Gewaltherrschaft“, die „über Preussen herein- gebrochen“: „Warum zu soviel Gewalt noch soviel Heuchelei? Doch das ist preussisch“. Und: „Vergessen wir nichts, nie, nie- mals. Bewahren wir sie auf, diese Erinnerungen, sorgfältig auf, wie die Gebeine gemordeter Eltern, deren einziges Erbe ist der Racheschwur, der sich an diese Knochen knüpft“. 1854 aber hat er seine „kabinettsmässigen Informationen“, und 1857 erwirkt er durch die Vermittlung Alexander von Humboldts (desselben Humboldt, der in Paris die Demokraten der Deutsch-Französischen Jahrbücher ausweisen liess) vom König von Preussen die Er- laubnis, seinen Wohnsitz in Berlin nehmen zu dürfen. Es gehört schon eine gute Dosis Naivität dazu, all dies „interessant“, nicht aber zweideutig und kompromittierend zu finden. „Ihn dürstete nach Anerkennung, nach Ruhm, nach Taten, und dazu bedurfte er des Bodens der Hauptstadt“, so Bernstein. Nun, die Scheidemann, Radek und Parvus dürstet es ebenfalls nach An- erkennung, nach Ruhm und Taten ! Nach Lassalles Informationen zur Zeit des Krimkriegs erscheint aber auch Marxens anti- slavische Politik in neuer Beleuchtung. ⁶⁵⁾ „Kommunistisches Manifest“, S. 56. ⁶⁶⁾ „Aufruf an die Slaven“, Selbstverlag, 1848: „Aufgelöst erklärt die Revolution aus ihrer Machtvollkommenheit die Des- potenstaaten .. aufgelöst das preussische Reich ... aufgelöst Oesterreich .. aufgelöst das türkische Reich .. aufgelöst das russische Reich .. aufgelöst also, umgestürzt und neugestaltet

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Zitationshilfe: Ball, Hugo: Zur Kritik der deutschen Intelligenz. Bern, 1919, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ball_intelligenz_1919/316>, abgerufen am 25.11.2024.