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Ball, Hugo: Zur Kritik der deutschen Intelligenz. Bern, 1919.

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Abstraktions- oder Negationskraft geschaffene Nichts zu beleben
-- dass wir, sage ich, die Gesellschaft, uns selbst, unsere ganze
reale Existenz im Stiche liessen und dafür Propheten, Träumer,
religiöse, politische und ökonomische Exploiteure der "göttlichen
Idee von der Welt" wurden. Und dass wir, auf der Suche nach
einer ideellen Freiheit ausserhalb der Bedingungen der wirklichen
Welt, uns selbst zur traurigsten und schändlichsten Abhängigkeit
verurteilten. Wir begriffen, dass wir, um unser Erdengeschick zu
erfüllen, jeden unserer Gedanken und unsere Anstrengungen einzig
auf die Emanzipation der menschlichen Gesellschaft auf dieser
Erde zu richten hätten." (Max Nettlau, Michael Bakunin, Eine
Biographie, hektographiertes Manuskript, Bd. I, S. 37, London, 1900.
50) Dostojewsky führte den Kampf gegen das aufgeklärte
Westlertum der Bjelinsky, Herzen, Turgenjew, Tschernischewsky
etc. unerbittlich. Das grosse Denkmal dieses Kampfes gegen die
"selbstbewussten Rebellen" sind die "Besessenen". "Pour Dosto-
jevsky", schreibt Persky, "le parti revolutionnaire est avant tout
un groupe de coquins a qui manque l'intuition de la verite et qui
ont ete saisis et emportes par le vent du liberalisme occidental.
Tous sont des deracines du sol populaire, des demons, des
possedes." Er erhoffte eine Transformation aller Klassen mit
Hilfe der religiösen Idee und drohte den Apologeten des Atheismus
mit der Gegenrevolution und dem Untergang ihres apokalypti-
schen Babylon.
51) Die während des Krieges in der Schweiz erschienenen
deutschen Zeitschriften "Die weissen Blätter" (Herausgeber Rene
Schickele) und "Zeitecho" (Herausgeber Ludwig Rubiner) ver-
suchten wohl das internationale Verständnis zu fördern. Beide
konnten sich jedoch nicht entschliessen, völlig mit den deutschen
Vorurteilen zu brechen, und so blieb ihre Wirkung sowohl
nach Deutschland wie nach dem Auslande auf jene Kreise
beschränkt, die noch heute den Sinn dieses Krieges, die Ein-
ordnung einer gegen die Sozietät rebellierenden Nation, nicht
zugeben wollen.
52) "Geschichte der deutschen Sozialdemokratie", Bd. I,
S. 157/58, I. H. W. Dietz, Nachflg., Stuttgart, 1903.
53) Diese Stelle ist doppelt amüsant deshalb, weil Marx
gerade bei Louis Blanc reichliche Anleihen machte für das "Kom-
munistische Manifest", während umgekehrt von Anleihen Louis
Blancs für sein 1847 erschienenes Werk "Organisation du travail"
nichts bekannt geworden ist. Bereits 1833 begann Louis Blanc
in seiner Zeitschrift "Revue du Progres" mit der Veröffentlichung
Abstraktions- oder Negationskraft geschaffene Nichts zu beleben
— dass wir, sage ich, die Gesellschaft, uns selbst, unsere ganze
reale Existenz im Stiche liessen und dafür Propheten, Träumer,
religiöse, politische und ökonomische Exploiteure der „göttlichen
Idee von der Welt“ wurden. Und dass wir, auf der Suche nach
einer ideellen Freiheit ausserhalb der Bedingungen der wirklichen
Welt, uns selbst zur traurigsten und schändlichsten Abhängigkeit
verurteilten. Wir begriffen, dass wir, um unser Erdengeschick zu
erfüllen, jeden unserer Gedanken und unsere Anstrengungen einzig
auf die Emanzipation der menschlichen Gesellschaft auf dieser
Erde zu richten hätten.“ (Max Nettlau, Michael Bakunin, Eine
Biographie, hektographiertes Manuskript, Bd. I, S. 37, London, 1900.
50) Dostojewsky führte den Kampf gegen das aufgeklärte
Westlertum der Bjelinsky, Herzen, Turgenjew, Tschernischewsky
etc. unerbittlich. Das grosse Denkmal dieses Kampfes gegen die
„selbstbewussten Rebellen“ sind die „Besessenen“. „Pour Dosto-
jevsky“, schreibt Persky, „le parti révolutionnaire est avant tout
un groupe de coquins à qui manque l'intuition de la vérité et qui
ont été saisis et emportés par le vent du libéralisme occidental.
Tous sont des déracinés du sol populaire, des démons, des
possédés.“ Er erhoffte eine Transformation aller Klassen mit
Hilfe der religiösen Idee und drohte den Apologeten des Atheismus
mit der Gegenrevolution und dem Untergang ihres apokalypti-
schen Babylon.
51) Die während des Krieges in der Schweiz erschienenen
deutschen Zeitschriften „Die weissen Blätter“ (Herausgeber René
Schickele) und „Zeitecho“ (Herausgeber Ludwig Rubiner) ver-
suchten wohl das internationale Verständnis zu fördern. Beide
konnten sich jedoch nicht entschliessen, völlig mit den deutschen
Vorurteilen zu brechen, und so blieb ihre Wirkung sowohl
nach Deutschland wie nach dem Auslande auf jene Kreise
beschränkt, die noch heute den Sinn dieses Krieges, die Ein-
ordnung einer gegen die Sozietät rebellierenden Nation, nicht
zugeben wollen.
52) „Geschichte der deutschen Sozialdemokratie“, Bd. I,
S. 157/58, I. H. W. Dietz, Nachflg., Stuttgart, 1903.
53) Diese Stelle ist doppelt amüsant deshalb, weil Marx
gerade bei Louis Blanc reichliche Anleihen machte für das „Kom-
munistische Manifest“, während umgekehrt von Anleihen Louis
Blancs für sein 1847 erschienenes Werk „Organisation du travail“
nichts bekannt geworden ist. Bereits 1833 begann Louis Blanc
in seiner Zeitschrift „Revue du Progrès“ mit der Veröffentlichung
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[282/0290] ⁴⁹⁾ Abstraktions- oder Negationskraft geschaffene Nichts zu beleben — dass wir, sage ich, die Gesellschaft, uns selbst, unsere ganze reale Existenz im Stiche liessen und dafür Propheten, Träumer, religiöse, politische und ökonomische Exploiteure der „göttlichen Idee von der Welt“ wurden. Und dass wir, auf der Suche nach einer ideellen Freiheit ausserhalb der Bedingungen der wirklichen Welt, uns selbst zur traurigsten und schändlichsten Abhängigkeit verurteilten. Wir begriffen, dass wir, um unser Erdengeschick zu erfüllen, jeden unserer Gedanken und unsere Anstrengungen einzig auf die Emanzipation der menschlichen Gesellschaft auf dieser Erde zu richten hätten.“ (Max Nettlau, Michael Bakunin, Eine Biographie, hektographiertes Manuskript, Bd. I, S. 37, London, 1900. ⁵⁰⁾ Dostojewsky führte den Kampf gegen das aufgeklärte Westlertum der Bjelinsky, Herzen, Turgenjew, Tschernischewsky etc. unerbittlich. Das grosse Denkmal dieses Kampfes gegen die „selbstbewussten Rebellen“ sind die „Besessenen“. „Pour Dosto- jevsky“, schreibt Persky, „le parti révolutionnaire est avant tout un groupe de coquins à qui manque l'intuition de la vérité et qui ont été saisis et emportés par le vent du libéralisme occidental. Tous sont des déracinés du sol populaire, des démons, des possédés.“ Er erhoffte eine Transformation aller Klassen mit Hilfe der religiösen Idee und drohte den Apologeten des Atheismus mit der Gegenrevolution und dem Untergang ihres apokalypti- schen Babylon. ⁵¹⁾ Die während des Krieges in der Schweiz erschienenen deutschen Zeitschriften „Die weissen Blätter“ (Herausgeber René Schickele) und „Zeitecho“ (Herausgeber Ludwig Rubiner) ver- suchten wohl das internationale Verständnis zu fördern. Beide konnten sich jedoch nicht entschliessen, völlig mit den deutschen Vorurteilen zu brechen, und so blieb ihre Wirkung sowohl nach Deutschland wie nach dem Auslande auf jene Kreise beschränkt, die noch heute den Sinn dieses Krieges, die Ein- ordnung einer gegen die Sozietät rebellierenden Nation, nicht zugeben wollen. ⁵²⁾ „Geschichte der deutschen Sozialdemokratie“, Bd. I, S. 157/58, I. H. W. Dietz, Nachflg., Stuttgart, 1903. ⁵³⁾ Diese Stelle ist doppelt amüsant deshalb, weil Marx gerade bei Louis Blanc reichliche Anleihen machte für das „Kom- munistische Manifest“, während umgekehrt von Anleihen Louis Blancs für sein 1847 erschienenes Werk „Organisation du travail“ nichts bekannt geworden ist. Bereits 1833 begann Louis Blanc in seiner Zeitschrift „Revue du Progrès“ mit der Veröffentlichung

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Zitationshilfe: Ball, Hugo: Zur Kritik der deutschen Intelligenz. Bern, 1919, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ball_intelligenz_1919/290>, abgerufen am 25.11.2024.