Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913. Fidelis (rasch einfallend; zustimmend). Ein für allemal. Nein. Eva (setzt sich in den Schreibstuhl links vom Tisch). Das vergeßt ihr! Nach drei Wochen ist in der normalen Ehe die Frau für den Mann erledigt. Nicht, daß er ihr untreu wird -- Gott, untreu! Ich habe Ehen gekannt, wo die Treue auf beiden Seiten nicht übertrieben wurde, aber gerade dann nimmt man sich wieder mehr zusam- men und gibt aufeinander acht. Und alles verträgt eine Frau, wenn sie nur nicht ignoriert wird! Nur nicht so -- wissen Sie, wie man ein Bild an der Wand hän- gen hat, es aber gar nicht mehr ansieht und es erst wie- der bemerken würde, wenn's nicht mehr da wär -- nicht wahr, das ist doch die Ehe meistens. (Tonwechsel; jetzt wieder schmachtend.) Und daher dann unsere Sehnsucht! Denn eine Frau braucht, daß man sich mit ihrer Seele beschäftigt. (Tonwechsel; wieder mehr konversationell.) Und das Böse ist nun aber, daß das nicht bloß der eigene Mann nicht versteht, sondern der andere, an den man sich dann wendet, meistens auch nicht -- das heißt, ich sprech doch nicht von mir, ich sage nur, daß überhaupt die Frauen seelisch unbeschäftigt sind. Fidelis. Es ist schon sehr kompliziert, verheiratet zu sein. Eva (sehr lebhaft). Schrecklich! -- Nämlich das ist mir längst klar geworden: Gerade was eine Frau im Ehebruch sucht, das findet sie da nun erst recht nicht! Davon muß man ganz abkommen. -- Früher scheint das viel besser eingeteilt gewesen zu sein -- ich meine: damals, wissen Sie, als jede Frau ihren Troubadour Fidelis (raſch einfallend; zuſtimmend). Ein für allemal. Nein. Eva (ſetzt ſich in den Schreibſtuhl links vom Tiſch). Das vergeßt ihr! Nach drei Wochen iſt in der normalen Ehe die Frau für den Mann erledigt. Nicht, daß er ihr untreu wird — Gott, untreu! Ich habe Ehen gekannt, wo die Treue auf beiden Seiten nicht übertrieben wurde, aber gerade dann nimmt man ſich wieder mehr zuſam- men und gibt aufeinander acht. Und alles verträgt eine Frau, wenn ſie nur nicht ignoriert wird! Nur nicht ſo — wiſſen Sie, wie man ein Bild an der Wand hän- gen hat, es aber gar nicht mehr anſieht und es erſt wie- der bemerken würde, wenn's nicht mehr da wär — nicht wahr, das iſt doch die Ehe meiſtens. (Tonwechſel; jetzt wieder ſchmachtend.) Und daher dann unſere Sehnſucht! Denn eine Frau braucht, daß man ſich mit ihrer Seele beſchäftigt. (Tonwechſel; wieder mehr konverſationell.) Und das Böſe iſt nun aber, daß das nicht bloß der eigene Mann nicht verſteht, ſondern der andere, an den man ſich dann wendet, meiſtens auch nicht — das heißt, ich ſprech doch nicht von mir, ich ſage nur, daß überhaupt die Frauen ſeeliſch unbeſchäftigt ſind. Fidelis. Es iſt ſchon ſehr kompliziert, verheiratet zu ſein. Eva (ſehr lebhaft). Schrecklich! — Nämlich das iſt mir längſt klar geworden: Gerade was eine Frau im Ehebruch ſucht, das findet ſie da nun erſt recht nicht! Davon muß man ganz abkommen. — Früher ſcheint das viel beſſer eingeteilt geweſen zu ſein — ich meine: damals, wiſſen Sie, als jede Frau ihren Troubadour <TEI> <text> <body> <div type="act"> <pb facs="#f0085" n="79"/> <sp who="#FID"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Fidelis</hi> </hi> </speaker> <stage>(raſch einfallend; zuſtimmend).</stage> <p>Ein für allemal.<lb/> Nein.</p> </sp><lb/> <sp who="#EVA"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Eva</hi> </hi> </speaker> <stage>(ſetzt ſich in den Schreibſtuhl links vom Tiſch).</stage> <p>Das<lb/> vergeßt ihr! Nach drei Wochen iſt in der normalen<lb/> Ehe die Frau für den Mann erledigt. Nicht, daß er ihr<lb/> untreu wird — Gott, untreu! 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Fidelis (raſch einfallend; zuſtimmend). Ein für allemal.
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vergeßt ihr! Nach drei Wochen iſt in der normalen
Ehe die Frau für den Mann erledigt. Nicht, daß er ihr
untreu wird — Gott, untreu! Ich habe Ehen gekannt,
wo die Treue auf beiden Seiten nicht übertrieben wurde,
aber gerade dann nimmt man ſich wieder mehr zuſam-
men und gibt aufeinander acht. Und alles verträgt eine
Frau, wenn ſie nur nicht ignoriert wird! Nur nicht ſo
— wiſſen Sie, wie man ein Bild an der Wand hän-
gen hat, es aber gar nicht mehr anſieht und es erſt wie-
der bemerken würde, wenn's nicht mehr da wär — nicht
wahr, das iſt doch die Ehe meiſtens. (Tonwechſel; jetzt
wieder ſchmachtend.) Und daher dann unſere Sehnſucht!
Denn eine Frau braucht, daß man ſich mit ihrer Seele
beſchäftigt. (Tonwechſel; wieder mehr konverſationell.) Und
das Böſe iſt nun aber, daß das nicht bloß der eigene
Mann nicht verſteht, ſondern der andere, an den man
ſich dann wendet, meiſtens auch nicht — das heißt, ich
ſprech doch nicht von mir, ich ſage nur, daß überhaupt
die Frauen ſeeliſch unbeſchäftigt ſind.
Fidelis. Es iſt ſchon ſehr kompliziert, verheiratet zu
ſein.
Eva (ſehr lebhaft). Schrecklich! — Nämlich das iſt
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Ehebruch ſucht, das findet ſie da nun erſt recht nicht!
Davon muß man ganz abkommen. — Früher ſcheint
das viel beſſer eingeteilt geweſen zu ſein — ich meine:
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