Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913. Eva (kokett). Sie doch gar! Fidelis. Es ist sehr lieb, daß Sie sich meiner über- haupt noch erinnern. Eva (mit ihrem grundlosen Lachen). Ich habe ja einen gewissen Blick für Männer. Und Sie scheinen mir zu den -- (den Ton wechselnd) das heißt: gefährlich? Es gibt gar keinen gefährlichen Mann! Gefährlich wird der Frau nur sie selbst. (Wieder grundlos auflachend.) Ich mir natür- lich nicht! Ich? (Plötzlich geheimnisvoll tragisch, dumpf.) Ich bin mir selbst oft ein Rätsel. (Nun wieder ganz konventio- nell.) Aber wollen wir uns nicht setzen? Das heißt, soweit man sich hier setzen kann. (Mit einem Blick auf die Möbel.) Gräßlich, nicht? (Setzt sich auf das Sofa.) Sie wissen, daß mein Mann --? Interessieren Sie sich für die Geheim- wissenschaften? Waren Sie nicht in seinen Vorträgen? Fidelis (setzt sich zu ihr). Ich war verreist. Eva. Es kommen doch überhaupt nur Frauen. Das heißt, ich nicht! Ich finde das direkt unweiblich. (Mit konventioneller Neugier.) Wo waren Sie denn? Fidelis. Im Berchtesgadener Land. Ich hab dort eine kleine Hütte, ganz hoch oben, unweit vom Purt- scheller Haus. Fein. Eva (mit Augenaufschlag, begeistert). Herrlich! Sie müssen mich einmal mitnehmen. -- Welche Seligkeit! (Sehr rasch.) Ich denke mir wenigstens, ich kenne ja leider das Hochgebirge nicht. Ich heiratete nach Teheran, wir wurden dann nach Tanger versetzt, später nach Buka- rest, also nicht wahr? Aber es war immer mein Traum! (Jetzt wieder langsam, schmachtend.) Es scheint jedoch, daß ich zu den Menschen gehöre, die ihr wahres Leben immer Eva (kokett). Sie doch gar! Fidelis. Es iſt ſehr lieb, daß Sie ſich meiner über- haupt noch erinnern. Eva (mit ihrem grundloſen Lachen). Ich habe ja einen gewiſſen Blick für Männer. Und Sie ſcheinen mir zu den — (den Ton wechſelnd) das heißt: gefährlich? Es gibt gar keinen gefährlichen Mann! Gefährlich wird der Frau nur ſie ſelbſt. (Wieder grundlos auflachend.) Ich mir natür- lich nicht! Ich? (Ploͤtzlich geheimnisvoll tragiſch, dumpf.) Ich bin mir ſelbſt oft ein Rätſel. (Nun wieder ganz konventio- nell.) Aber wollen wir uns nicht ſetzen? Das heißt, ſoweit man ſich hier ſetzen kann. (Mit einem Blick auf die Moͤbel.) Gräßlich, nicht? (Setzt ſich auf das Sofa.) Sie wiſſen, daß mein Mann —? Intereſſieren Sie ſich für die Geheim- wiſſenſchaften? Waren Sie nicht in ſeinen Vorträgen? Fidelis (ſetzt ſich zu ihr). Ich war verreiſt. Eva. Es kommen doch überhaupt nur Frauen. Das heißt, ich nicht! Ich finde das direkt unweiblich. (Mit konventioneller Neugier.) Wo waren Sie denn? Fidelis. Im Berchtesgadener Land. Ich hab dort eine kleine Hütte, ganz hoch oben, unweit vom Purt- ſcheller Haus. Fein. Eva (mit Augenaufſchlag, begeiſtert). Herrlich! Sie müſſen mich einmal mitnehmen. — Welche Seligkeit! (Sehr raſch.) Ich denke mir wenigſtens, ich kenne ja leider das Hochgebirge nicht. Ich heiratete nach Teheran, wir wurden dann nach Tanger verſetzt, ſpäter nach Buka- reſt, alſo nicht wahr? Aber es war immer mein Traum! (Jetzt wieder langſam, ſchmachtend.) Es ſcheint jedoch, daß ich zu den Menſchen gehöre, die ihr wahres Leben immer <TEI> <text> <body> <div type="act"> <pb facs="#f0074" n="68"/> <sp who="#EVA"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Eva</hi> </hi> </speaker> <stage>(kokett).</stage> <p>Sie doch gar!</p> </sp><lb/> <sp who="#FID"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Fidelis.</hi> </hi> </speaker> <p>Es iſt ſehr lieb, daß Sie ſich meiner über-<lb/> haupt noch erinnern.</p> </sp><lb/> <sp who="#EVA"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Eva</hi> </hi> </speaker> <stage>(mit ihrem grundloſen Lachen).</stage> <p>Ich habe ja einen<lb/> gewiſſen Blick für Männer. Und Sie ſcheinen mir zu den<lb/> — <stage>(den Ton wechſelnd)</stage> das heißt: gefährlich? Es gibt<lb/> gar keinen gefährlichen Mann! 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— (den Ton wechſelnd) das heißt: gefährlich? Es gibt
gar keinen gefährlichen Mann! Gefährlich wird der Frau
nur ſie ſelbſt. (Wieder grundlos auflachend.) Ich mir natür-
lich nicht! Ich? (Ploͤtzlich geheimnisvoll tragiſch, dumpf.) Ich
bin mir ſelbſt oft ein Rätſel. (Nun wieder ganz konventio-
nell.) Aber wollen wir uns nicht ſetzen? Das heißt, ſoweit
man ſich hier ſetzen kann. (Mit einem Blick auf die Moͤbel.)
Gräßlich, nicht? (Setzt ſich auf das Sofa.) Sie wiſſen, daß
mein Mann —? Intereſſieren Sie ſich für die Geheim-
wiſſenſchaften? Waren Sie nicht in ſeinen Vorträgen?
Fidelis (ſetzt ſich zu ihr). Ich war verreiſt.
Eva. Es kommen doch überhaupt nur Frauen. Das
heißt, ich nicht! Ich finde das direkt unweiblich. (Mit
konventioneller Neugier.) Wo waren Sie denn?
Fidelis. Im Berchtesgadener Land. Ich hab dort
eine kleine Hütte, ganz hoch oben, unweit vom Purt-
ſcheller Haus. Fein.
Eva (mit Augenaufſchlag, begeiſtert). Herrlich! Sie
müſſen mich einmal mitnehmen. — Welche Seligkeit!
(Sehr raſch.) Ich denke mir wenigſtens, ich kenne ja
leider das Hochgebirge nicht. Ich heiratete nach Teheran,
wir wurden dann nach Tanger verſetzt, ſpäter nach Buka-
reſt, alſo nicht wahr? Aber es war immer mein Traum!
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ich zu den Menſchen gehöre, die ihr wahres Leben immer
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