Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913.

Bild:
<< vorherige Seite
Luz (mit irren Augen, in höchster Angst, schreiend). Du
verbirgst mir etwas?
Fidelis (hält ihre beiden Hände fest und schüttelt sie, wie
um sie aufzuwecken).
Kind, Kind!
Luz (schreiend). Was hast du vor?
Fidelis (sehr ruhig, laut). Gar nichts.
Luz (fährt zusammen, reißt die Augen auf, scheint plötzlich
aufzuwachen, blickt ihn an und zieht dann ihre Hände zurück).
Fidelis (läßt ihre Hände los; nach einer langen Pause,
ganz ruhig).
Ich habe gar nichts vor. -- Ich wundere
mich selbst über mich. Ich warte die ganze Zeit ver-
geblich darauf, zornig oder unglücklich oder eifersüchtig
zu werden. Es gelingt mir nicht. -- (Wendet sich achsel-
zuckend von ihr ab und geht nach links, gegen das erste
Fenster hin; nach einer kleinen Pause.)
Daß ich mich nicht
wie ein Menschenfresser benehmen würde, war ja wahr-
scheinlich. Mehr aber kann ich selbst bisher beim besten
Willen nicht aus mir herausbringen. -- Und entschul-
dige, aber ich glaube nicht, daß mir deine Gegenwart
dabei viel nützen wird.
Luz (senkt ergeben den Kopf, wendet sich um und geht
gehorsam zur zweiten Türe rechts).
Fidelis (am ersten Fenster links bleibend, wartet, bis sie
zur Türe kommt; dann, ruhig rufend).
Luz!
Luz (wendet sich an der zweiten Türe rechts auf seinen
Ruf noch einmal nach ihm um und blickt ihn an).
Fidelis (sehr einfach). Du weißt doch, daß du Ver-
trauen zu deinem Mann haben kannst? -- (Ganz leise,
leichthin.)
Auch wenn er gar nicht mehr dein Mann
Luz (mit irren Augen, in hoͤchſter Angſt, ſchreiend). Du
verbirgſt mir etwas?
Fidelis (haͤlt ihre beiden Haͤnde feſt und ſchuͤttelt ſie, wie
um ſie aufzuwecken).
Kind, Kind!
Luz (ſchreiend). Was haſt du vor?
Fidelis (ſehr ruhig, laut). Gar nichts.
Luz (faͤhrt zuſammen, reißt die Augen auf, ſcheint ploͤtzlich
aufzuwachen, blickt ihn an und zieht dann ihre Haͤnde zuruͤck).
Fidelis (laͤßt ihre Haͤnde los; nach einer langen Pauſe,
ganz ruhig).
Ich habe gar nichts vor. — Ich wundere
mich ſelbſt über mich. Ich warte die ganze Zeit ver-
geblich darauf, zornig oder unglücklich oder eiferſüchtig
zu werden. Es gelingt mir nicht. — (Wendet ſich achſel-
zuckend von ihr ab und geht nach links, gegen das erſte
Fenſter hin; nach einer kleinen Pauſe.)
Daß ich mich nicht
wie ein Menſchenfreſſer benehmen würde, war ja wahr-
ſcheinlich. Mehr aber kann ich ſelbſt bisher beim beſten
Willen nicht aus mir herausbringen. — Und entſchul-
dige, aber ich glaube nicht, daß mir deine Gegenwart
dabei viel nützen wird.
Luz (ſenkt ergeben den Kopf, wendet ſich um und geht
gehorſam zur zweiten Tuͤre rechts).
Fidelis (am erſten Fenſter links bleibend, wartet, bis ſie
zur Tuͤre kommt; dann, ruhig rufend).
Luz!
Luz (wendet ſich an der zweiten Tuͤre rechts auf ſeinen
Ruf noch einmal nach ihm um und blickt ihn an).
Fidelis (ſehr einfach). Du weißt doch, daß du Ver-
trauen zu deinem Mann haben kannſt? — (Ganz leiſe,
leichthin.)
Auch wenn er gar nicht mehr dein Mann
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="act">
        <pb facs="#f0055" n="52"/>
        <sp who="#LUZ">
          <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Luz</hi> </hi> </speaker>
          <stage>(mit irren Augen, in ho&#x0364;ch&#x017F;ter Ang&#x017F;t, &#x017F;chreiend).</stage>
          <p>Du<lb/>
verbirg&#x017F;t mir etwas?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#FID">
          <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Fidelis</hi> </hi> </speaker>
          <stage>(ha&#x0364;lt ihre beiden Ha&#x0364;nde fe&#x017F;t und &#x017F;chu&#x0364;ttelt &#x017F;ie, wie<lb/>
um &#x017F;ie aufzuwecken).</stage>
          <p>Kind, Kind!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#LUZ">
          <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Luz</hi> </hi> </speaker>
          <stage>(&#x017F;chreiend).</stage>
          <p>Was ha&#x017F;t du vor?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#FID">
          <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Fidelis</hi> </hi> </speaker>
          <stage>(&#x017F;ehr ruhig, laut).</stage>
          <p>Gar nichts.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#LUZ">
          <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Luz</hi> </hi> </speaker>
          <stage>(fa&#x0364;hrt zu&#x017F;ammen, reißt die Augen auf, &#x017F;cheint plo&#x0364;tzlich<lb/>
aufzuwachen, blickt ihn an und zieht dann ihre Ha&#x0364;nde zuru&#x0364;ck).</stage>
        </sp><lb/>
        <sp who="#FID">
          <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Fidelis</hi> </hi> </speaker>
          <stage>(la&#x0364;ßt ihre Ha&#x0364;nde los; nach einer langen Pau&#x017F;e,<lb/>
ganz ruhig).</stage>
          <p>Ich habe gar nichts vor. &#x2014; Ich wundere<lb/>
mich &#x017F;elb&#x017F;t über mich. Ich warte die ganze Zeit ver-<lb/>
geblich darauf, zornig oder unglücklich oder eifer&#x017F;üchtig<lb/>
zu werden. Es gelingt mir nicht. &#x2014; <stage>(Wendet &#x017F;ich ach&#x017F;el-<lb/>
zuckend von ihr ab und geht nach links, gegen das er&#x017F;te<lb/>
Fen&#x017F;ter hin; nach einer kleinen Pau&#x017F;e.)</stage> Daß ich mich nicht<lb/>
wie ein Men&#x017F;chenfre&#x017F;&#x017F;er benehmen würde, war ja wahr-<lb/>
&#x017F;cheinlich. Mehr aber kann ich &#x017F;elb&#x017F;t bisher beim be&#x017F;ten<lb/>
Willen nicht aus mir herausbringen. &#x2014; Und ent&#x017F;chul-<lb/>
dige, aber ich glaube nicht, daß mir deine Gegenwart<lb/>
dabei viel nützen wird.</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#LUZ">
          <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Luz</hi> </hi> </speaker>
          <stage>(&#x017F;enkt ergeben den Kopf, wendet &#x017F;ich um und geht<lb/>
gehor&#x017F;am zur zweiten Tu&#x0364;re rechts).</stage>
        </sp><lb/>
        <sp who="#FID">
          <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Fidelis</hi> </hi> </speaker>
          <stage>(am er&#x017F;ten Fen&#x017F;ter links bleibend, wartet, bis &#x017F;ie<lb/>
zur Tu&#x0364;re kommt; dann, ruhig rufend).</stage>
          <p>Luz!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#LUZ">
          <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Luz</hi> </hi> </speaker>
          <stage>(wendet &#x017F;ich an der zweiten Tu&#x0364;re rechts auf &#x017F;einen<lb/>
Ruf noch einmal nach ihm um und blickt ihn an).</stage>
        </sp><lb/>
        <sp who="#FID">
          <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Fidelis</hi> </hi> </speaker>
          <stage>(&#x017F;ehr einfach).</stage>
          <p>Du weißt doch, daß du Ver-<lb/>
trauen zu deinem Mann haben kann&#x017F;t? &#x2014; <stage>(Ganz lei&#x017F;e,<lb/>
leichthin.)</stage> Auch wenn er gar nicht mehr dein Mann<lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0055] Luz (mit irren Augen, in hoͤchſter Angſt, ſchreiend). Du verbirgſt mir etwas? Fidelis (haͤlt ihre beiden Haͤnde feſt und ſchuͤttelt ſie, wie um ſie aufzuwecken). Kind, Kind! Luz (ſchreiend). Was haſt du vor? Fidelis (ſehr ruhig, laut). Gar nichts. Luz (faͤhrt zuſammen, reißt die Augen auf, ſcheint ploͤtzlich aufzuwachen, blickt ihn an und zieht dann ihre Haͤnde zuruͤck). Fidelis (laͤßt ihre Haͤnde los; nach einer langen Pauſe, ganz ruhig). Ich habe gar nichts vor. — Ich wundere mich ſelbſt über mich. Ich warte die ganze Zeit ver- geblich darauf, zornig oder unglücklich oder eiferſüchtig zu werden. Es gelingt mir nicht. — (Wendet ſich achſel- zuckend von ihr ab und geht nach links, gegen das erſte Fenſter hin; nach einer kleinen Pauſe.) Daß ich mich nicht wie ein Menſchenfreſſer benehmen würde, war ja wahr- ſcheinlich. Mehr aber kann ich ſelbſt bisher beim beſten Willen nicht aus mir herausbringen. — Und entſchul- dige, aber ich glaube nicht, daß mir deine Gegenwart dabei viel nützen wird. Luz (ſenkt ergeben den Kopf, wendet ſich um und geht gehorſam zur zweiten Tuͤre rechts). Fidelis (am erſten Fenſter links bleibend, wartet, bis ſie zur Tuͤre kommt; dann, ruhig rufend). Luz! Luz (wendet ſich an der zweiten Tuͤre rechts auf ſeinen Ruf noch einmal nach ihm um und blickt ihn an). Fidelis (ſehr einfach). Du weißt doch, daß du Ver- trauen zu deinem Mann haben kannſt? — (Ganz leiſe, leichthin.) Auch wenn er gar nicht mehr dein Mann

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bahr_phantom_1913
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bahr_phantom_1913/55
Zitationshilfe: Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bahr_phantom_1913/55>, abgerufen am 24.11.2024.