Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913. Justine (verwundert). Ich dachte gerade, da sie doch jetzt nach deiner Berechnung -- Fidelis (ihr ins Wort fallend; kläglich und kleinlaut; lang- sam und leise). Die Rechnung stimmt ja, Mamchen, die Rechnung stimmt gewiß. Ob aber -- ob Luz stimmen wird? (Ganz leise.) Ich weiß nicht. Justine. Die Türe wird aufgehen, hast du gesagt, und -- Fidelis (einfallend). Die Türe wird schon aufgehen. Aber dann? Justine (auf ein Geräusch an der Türe hinten mit einem Blick dahin; trocken). Die Türe geht wirklich auf. (Spöt- tisch.) Rechenmeister! (Geht wieder zur Leiter und bläst dort, ohne hinaufzusteigen, die unteren Reihen der Bücher ab.) Fidelis (nimmt eins der auf dem Diwan herumliegenden Bücher, streckt sich wieder der Länge nach aus und stellt sich lesend.) Luz (durch die Türe hinten; kommt gleichgültig herein, wie jemand, der in seiner Wohnung herumgeht, aus einem Zimmer ins andere, ohne irgend einen besonderen Grund und ohne irgend einen besonderen Zweck; achtet weder auf Justine noch auf Fidelis, geht zum Schreibtisch und bemerkt eine Mappe, für die sie sich zu interessieren scheint, öffnet sie und sagt neben- hin). Ich störe euch doch nicht? Fidelis (lesend.) Gar nicht. Luz (blättert in der Mappe; nach einer Pause, ohne von der Mappe aufzusehen, in einem ganz gleichgültigen Ton). Ich muß dich dann übrigens auch was fragen. Fidelis (ohne von seinem Buch aufzublicken; gleichgültig). Mich? Juſtine (verwundert). Ich dachte gerade, da ſie doch jetzt nach deiner Berechnung — Fidelis (ihr ins Wort fallend; klaͤglich und kleinlaut; lang- ſam und leiſe). Die Rechnung ſtimmt ja, Mamchen, die Rechnung ſtimmt gewiß. Ob aber — ob Luz ſtimmen wird? (Ganz leiſe.) Ich weiß nicht. Juſtine. Die Türe wird aufgehen, haſt du geſagt, und — Fidelis (einfallend). Die Türe wird ſchon aufgehen. Aber dann? Juſtine (auf ein Geraͤuſch an der Tuͤre hinten mit einem Blick dahin; trocken). Die Türe geht wirklich auf. (Spoͤt- tiſch.) Rechenmeiſter! (Geht wieder zur Leiter und blaͤſt dort, ohne hinaufzuſteigen, die unteren Reihen der Buͤcher ab.) Fidelis (nimmt eins der auf dem Diwan herumliegenden Buͤcher, ſtreckt ſich wieder der Laͤnge nach aus und ſtellt ſich leſend.) Luz (durch die Tuͤre hinten; kommt gleichguͤltig herein, wie jemand, der in ſeiner Wohnung herumgeht, aus einem Zimmer ins andere, ohne irgend einen beſonderen Grund und ohne irgend einen beſonderen Zweck; achtet weder auf Juſtine noch auf Fidelis, geht zum Schreibtiſch und bemerkt eine Mappe, fuͤr die ſie ſich zu intereſſieren ſcheint, oͤffnet ſie und ſagt neben- hin). Ich ſtöre euch doch nicht? Fidelis (leſend.) Gar nicht. Luz (blaͤttert in der Mappe; nach einer Pauſe, ohne von der Mappe aufzuſehen, in einem ganz gleichguͤltigen Ton). Ich muß dich dann übrigens auch was fragen. Fidelis (ohne von ſeinem Buch aufzublicken; gleichguͤltig). Mich? <TEI> <text> <body> <div type="act"> <pb facs="#f0136" n="127"/> <sp who="#JUS"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Juſtine</hi> </hi> </speaker> <stage>(verwundert).</stage> <p>Ich dachte gerade, da ſie doch<lb/> jetzt nach deiner Berechnung —</p> </sp><lb/> <sp who="#FID"> <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#fr">Fidelis</hi> </hi> </speaker> <stage>(ihr ins Wort fallend; klaͤglich und kleinlaut; lang-<lb/> ſam und leiſe).</stage> <p>Die Rechnung ſtimmt ja, Mamchen, die<lb/> Rechnung ſtimmt gewiß. 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Juſtine (verwundert). Ich dachte gerade, da ſie doch
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Fidelis (ihr ins Wort fallend; klaͤglich und kleinlaut; lang-
ſam und leiſe). Die Rechnung ſtimmt ja, Mamchen, die
Rechnung ſtimmt gewiß. Ob aber — ob Luz ſtimmen
wird? (Ganz leiſe.) Ich weiß nicht.
Juſtine. Die Türe wird aufgehen, haſt du geſagt,
und —
Fidelis (einfallend). Die Türe wird ſchon aufgehen.
Aber dann?
Juſtine (auf ein Geraͤuſch an der Tuͤre hinten mit einem
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Fidelis (nimmt eins der auf dem Diwan herumliegenden
Buͤcher, ſtreckt ſich wieder der Laͤnge nach aus und ſtellt ſich
leſend.)
Luz (durch die Tuͤre hinten; kommt gleichguͤltig herein, wie
jemand, der in ſeiner Wohnung herumgeht, aus einem Zimmer
ins andere, ohne irgend einen beſonderen Grund und ohne
irgend einen beſonderen Zweck; achtet weder auf Juſtine noch
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muß dich dann übrigens auch was fragen.
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