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Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913.

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allmählich schon ganz zum bloßen Weibchen reduziert wor-
den ist? -- Wenn einem eine Frau sympathisch ist, muß
man mit ihr schlafen, dann mit ihr brechen und erst dann
stellt sich eine menschliche Beziehung zu ihr her -- es gibt
keinen andern Weg als durchs Bett! Dann kann man doch
erst wirklich mit ihr reden.
Kuno (nachdenklich). Sie haben vielleicht in mancher
Hinsicht nicht unrecht --
Fidelis (rasch einfallend, lebhaft). Aber meinen Sie ja
nicht, ich dächte deshalb von der Liebe gering! -- (Ernst.)
Ich glaube an Tristan und Isolde. Das gibt's. (Nun
wieder in dem ärgerlichen Ton.)
Wenn aber jeder Hans
mit jeder Grete nun auf einmal Tristan und Isolde tut
-- nein, o nein, da bin ich für Prügel! (Lacht vergnügt,
setzt sich in den Stuhl rechts vom Tisch und blickt Kuno spöttisch
an; nach einer kleinen Pause.)
Nichts erfrischt mich mehr
als eine kleine Diskussion dieser Art. Plötzlich wird einem
dann alles klar! (Tonwechsel; nun wieder ernst, aber leichthin.)
Ich habe heute nacht nicht sehr viel geschlafen. Immer
die erste Nacht, wenn ich aus den Bergen komme. Offen-
bar der Luftwechsel. Nun und da denkt man dann über
allerhand nach. Aber ich war wie zugenagelt. Und erst
jetzt --! (Sieht Kuno vergnügt an, nach einer kleinen Pause.)
Ich bin sehr froh.
Kuno (der nicht ahnt, was Fidelis meint). Sie haben die
Mitteilung der gnädigen Frau mißverstanden und da sich
das nun aber aufgeklärt hat --
Fidelis (rasch einfallend). Ach Sie meinen, weil --?
(Sieht ihn lächelnd an; spöttisch.) Nein, da verstehen Sie
mich doch nicht ganz, Herr Legationssekretär. Sie mei-
allmählich ſchon ganz zum bloßen Weibchen reduziert wor-
den iſt? — Wenn einem eine Frau ſympathiſch iſt, muß
man mit ihr ſchlafen, dann mit ihr brechen und erſt dann
ſtellt ſich eine menſchliche Beziehung zu ihr her — es gibt
keinen andern Weg als durchs Bett! Dann kann man doch
erſt wirklich mit ihr reden.
Kuno (nachdenklich). Sie haben vielleicht in mancher
Hinſicht nicht unrecht —
Fidelis (raſch einfallend, lebhaft). Aber meinen Sie ja
nicht, ich dächte deshalb von der Liebe gering! — (Ernſt.)
Ich glaube an Triſtan und Iſolde. Das gibt's. (Nun
wieder in dem aͤrgerlichen Ton.)
Wenn aber jeder Hans
mit jeder Grete nun auf einmal Triſtan und Iſolde tut
— nein, o nein, da bin ich für Prügel! (Lacht vergnuͤgt,
ſetzt ſich in den Stuhl rechts vom Tiſch und blickt Kuno ſpoͤttiſch
an; nach einer kleinen Pauſe.)
Nichts erfriſcht mich mehr
als eine kleine Diskuſſion dieſer Art. Plötzlich wird einem
dann alles klar! (Tonwechſel; nun wieder ernſt, aber leichthin.)
Ich habe heute nacht nicht ſehr viel geſchlafen. Immer
die erſte Nacht, wenn ich aus den Bergen komme. Offen-
bar der Luftwechſel. Nun und da denkt man dann über
allerhand nach. Aber ich war wie zugenagelt. Und erſt
jetzt —! (Sieht Kuno vergnuͤgt an, nach einer kleinen Pauſe.)
Ich bin ſehr froh.
Kuno (der nicht ahnt, was Fidelis meint). Sie haben die
Mitteilung der gnädigen Frau mißverſtanden und da ſich
das nun aber aufgeklärt hat —
Fidelis (raſch einfallend). Ach Sie meinen, weil —?
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[96/0102] allmählich ſchon ganz zum bloßen Weibchen reduziert wor- den iſt? — Wenn einem eine Frau ſympathiſch iſt, muß man mit ihr ſchlafen, dann mit ihr brechen und erſt dann ſtellt ſich eine menſchliche Beziehung zu ihr her — es gibt keinen andern Weg als durchs Bett! Dann kann man doch erſt wirklich mit ihr reden. Kuno (nachdenklich). Sie haben vielleicht in mancher Hinſicht nicht unrecht — Fidelis (raſch einfallend, lebhaft). Aber meinen Sie ja nicht, ich dächte deshalb von der Liebe gering! — (Ernſt.) Ich glaube an Triſtan und Iſolde. Das gibt's. (Nun wieder in dem aͤrgerlichen Ton.) Wenn aber jeder Hans mit jeder Grete nun auf einmal Triſtan und Iſolde tut — nein, o nein, da bin ich für Prügel! (Lacht vergnuͤgt, ſetzt ſich in den Stuhl rechts vom Tiſch und blickt Kuno ſpoͤttiſch an; nach einer kleinen Pauſe.) Nichts erfriſcht mich mehr als eine kleine Diskuſſion dieſer Art. Plötzlich wird einem dann alles klar! (Tonwechſel; nun wieder ernſt, aber leichthin.) Ich habe heute nacht nicht ſehr viel geſchlafen. Immer die erſte Nacht, wenn ich aus den Bergen komme. Offen- bar der Luftwechſel. Nun und da denkt man dann über allerhand nach. Aber ich war wie zugenagelt. Und erſt jetzt —! (Sieht Kuno vergnuͤgt an, nach einer kleinen Pauſe.) Ich bin ſehr froh. Kuno (der nicht ahnt, was Fidelis meint). Sie haben die Mitteilung der gnädigen Frau mißverſtanden und da ſich das nun aber aufgeklärt hat — Fidelis (raſch einfallend). Ach Sie meinen, weil —? (Sieht ihn laͤchelnd an; ſpoͤttiſch.) Nein, da verſtehen Sie mich doch nicht ganz, Herr Legationsſekretär. Sie mei-

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Zitationshilfe: Bahr, Hermann: Das Phantom. Berlin, 1913, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bahr_phantom_1913/102>, abgerufen am 28.11.2024.