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Bahnson, Minna: Ist es wünschenswert, daß der § 3 aus den Satzungen des Deutschen Verbandes für Frauenstimmrecht gestrichen wird? Bremen, [1912].

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Bill) geeinigt hatten, die nur etwa einer Million Frauen und durch-
aus nicht allen Frauen das Wahlrecht gesichert hätte.*

Jn Oesterreich sind die Frauen in den gleichen Fehler wie bei
uns verfallen, im Prinzip das allgemeine, gleiche, geheime und
direkte Wahlrecht zu fordern, sie versuchen aber sofort im Nachsatz ihn
abzuschwächen. Sie haben nämlich auf dem ersten österreichischen Frauen-
stimmrechtstag gerade neuerdings folgenden Beschluß gefaßt: Die Frauen
fordern im Prinzip das allgemeine, gleiche, geheime und direkte aktive
und passive Wahlrecht für alle Vertretungskörper; doch soll es den
Frauen der verschiedenen Länder vorbehalten bleiben, jeweils für den
Landtag und die Gemeinde das Wahlrecht anzustreben, das sie für
angezeigt halten. Das besagt doch ganz deutlich, daß die österreichischen
Frauen auch nicht glauben, daß sie für die Landtage und Gemeinden
gleich das weitestgehende Wahlrecht erhalten werden - wozu aber dann
jetzt ein Wahlrecht im Prinzip fordern, das vielen Frauen die
Frauenstimmrechtsvereine verschließen muß und wird?

Wir sehen also fast überall, daß die Frauen anderer Länder klug
genug sind, um erst das zu nehmen, was sie bekommen können und
was sie berechtigt sind zu fordern.

Jhr Vorgehen ist planvoll und zweckmäßig.

Hingegen hören wir auf all den letzten Tagungen des Deutschen
Verbandes immer häufiger Klagen über die Unzweckmäßigkeit des
§ 3, der bei der Ausbreitung der Stimmrechtsbewegung, bei der Grün-
dung neuer Ortsgruppen, bei der Gewinnung neuer Mitglieder nur
hemmend und hinderlich wirke. Daß diese Klagen berechtigt sind,
sehen wir an dem verhältnismäßig schnellen Anwachsen des schlesischen
und westfälischen Verbandes, denen sich neuerdings als dritter der
Norddeutsche Verband für Frauenstimmrecht zugesellt hat, und die sich
nun die Deutsche Stimmrechts-Vereinigung nennen. Ja, es gährt sogar
überall so stark selbst innerhalb des Deutschen Verbandes, daß sich ganz
neuerdings eine Reform-Partei gebildet hat, die "eine Reform im Sinne
einer, die Frauen aller politischen Richtungen umfassenden Organisation
anstrebt, um den drohenden Austritt weiterer zahlreicher Vereine und
Ortsgruppen zu verhindern". Es ist zu diesem Zweck die Einsetzung

* Die bekannte Suffragette Miß Leonora Enson erklärte noch kürzlich bei
ihrem Vortrage in Bremen und in der darauffolgenden Diskussion ausdrücklich, daß
sie nur dieselben Rechte, wie die Männer sie hätten, forderten, jedes "Mehr" wäre
ein Unrecht; auch betonte sie, daß viele Konservative zu Freunden und Anhängern
des Frauenstimmrechts zählten, unter anderen auch der vorige konservative Minister
Balfour.

Bill) geeinigt hatten, die nur etwa einer Million Frauen und durch-
aus nicht allen Frauen das Wahlrecht gesichert hätte.*

Jn Oesterreich sind die Frauen in den gleichen Fehler wie bei
uns verfallen, im Prinzip das allgemeine, gleiche, geheime und
direkte Wahlrecht zu fordern, sie versuchen aber sofort im Nachsatz ihn
abzuschwächen. Sie haben nämlich auf dem ersten österreichischen Frauen-
stimmrechtstag gerade neuerdings folgenden Beschluß gefaßt: Die Frauen
fordern im Prinzip das allgemeine, gleiche, geheime und direkte aktive
und passive Wahlrecht für alle Vertretungskörper; doch soll es den
Frauen der verschiedenen Länder vorbehalten bleiben, jeweils für den
Landtag und die Gemeinde das Wahlrecht anzustreben, das sie für
angezeigt halten. Das besagt doch ganz deutlich, daß die österreichischen
Frauen auch nicht glauben, daß sie für die Landtage und Gemeinden
gleich das weitestgehende Wahlrecht erhalten werden – wozu aber dann
jetzt ein Wahlrecht im Prinzip fordern, das vielen Frauen die
Frauenstimmrechtsvereine verschließen muß und wird?

Wir sehen also fast überall, daß die Frauen anderer Länder klug
genug sind, um erst das zu nehmen, was sie bekommen können und
was sie berechtigt sind zu fordern.

Jhr Vorgehen ist planvoll und zweckmäßig.

Hingegen hören wir auf all den letzten Tagungen des Deutschen
Verbandes immer häufiger Klagen über die Unzweckmäßigkeit des
§ 3, der bei der Ausbreitung der Stimmrechtsbewegung, bei der Grün-
dung neuer Ortsgruppen, bei der Gewinnung neuer Mitglieder nur
hemmend und hinderlich wirke. Daß diese Klagen berechtigt sind,
sehen wir an dem verhältnismäßig schnellen Anwachsen des schlesischen
und westfälischen Verbandes, denen sich neuerdings als dritter der
Norddeutsche Verband für Frauenstimmrecht zugesellt hat, und die sich
nun die Deutsche Stimmrechts-Vereinigung nennen. Ja, es gährt sogar
überall so stark selbst innerhalb des Deutschen Verbandes, daß sich ganz
neuerdings eine Reform-Partei gebildet hat, die „eine Reform im Sinne
einer, die Frauen aller politischen Richtungen umfassenden Organisation
anstrebt, um den drohenden Austritt weiterer zahlreicher Vereine und
Ortsgruppen zu verhindern“. Es ist zu diesem Zweck die Einsetzung

* Die bekannte Suffragette Miß Leonora Enson erklärte noch kürzlich bei
ihrem Vortrage in Bremen und in der darauffolgenden Diskussion ausdrücklich, daß
sie nur dieselben Rechte, wie die Männer sie hätten, forderten, jedes „Mehr“ wäre
ein Unrecht; auch betonte sie, daß viele Konservative zu Freunden und Anhängern
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Balfour.
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[17/0016] Bill) geeinigt hatten, die nur etwa einer Million Frauen und durch- aus nicht allen Frauen das Wahlrecht gesichert hätte. * Jn Oesterreich sind die Frauen in den gleichen Fehler wie bei uns verfallen, im Prinzip das allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlrecht zu fordern, sie versuchen aber sofort im Nachsatz ihn abzuschwächen. Sie haben nämlich auf dem ersten österreichischen Frauen- stimmrechtstag gerade neuerdings folgenden Beschluß gefaßt: Die Frauen fordern im Prinzip das allgemeine, gleiche, geheime und direkte aktive und passive Wahlrecht für alle Vertretungskörper; doch soll es den Frauen der verschiedenen Länder vorbehalten bleiben, jeweils für den Landtag und die Gemeinde das Wahlrecht anzustreben, das sie für angezeigt halten. Das besagt doch ganz deutlich, daß die österreichischen Frauen auch nicht glauben, daß sie für die Landtage und Gemeinden gleich das weitestgehende Wahlrecht erhalten werden – wozu aber dann jetzt ein Wahlrecht im Prinzip fordern, das vielen Frauen die Frauenstimmrechtsvereine verschließen muß und wird? Wir sehen also fast überall, daß die Frauen anderer Länder klug genug sind, um erst das zu nehmen, was sie bekommen können und was sie berechtigt sind zu fordern. Jhr Vorgehen ist planvoll und zweckmäßig. Hingegen hören wir auf all den letzten Tagungen des Deutschen Verbandes immer häufiger Klagen über die Unzweckmäßigkeit des § 3, der bei der Ausbreitung der Stimmrechtsbewegung, bei der Grün- dung neuer Ortsgruppen, bei der Gewinnung neuer Mitglieder nur hemmend und hinderlich wirke. Daß diese Klagen berechtigt sind, sehen wir an dem verhältnismäßig schnellen Anwachsen des schlesischen und westfälischen Verbandes, denen sich neuerdings als dritter der Norddeutsche Verband für Frauenstimmrecht zugesellt hat, und die sich nun die Deutsche Stimmrechts-Vereinigung nennen. Ja, es gährt sogar überall so stark selbst innerhalb des Deutschen Verbandes, daß sich ganz neuerdings eine Reform-Partei gebildet hat, die „eine Reform im Sinne einer, die Frauen aller politischen Richtungen umfassenden Organisation anstrebt, um den drohenden Austritt weiterer zahlreicher Vereine und Ortsgruppen zu verhindern“. Es ist zu diesem Zweck die Einsetzung * Die bekannte Suffragette Miß Leonora Enson erklärte noch kürzlich bei ihrem Vortrage in Bremen und in der darauffolgenden Diskussion ausdrücklich, daß sie nur dieselben Rechte, wie die Männer sie hätten, forderten, jedes „Mehr“ wäre ein Unrecht; auch betonte sie, daß viele Konservative zu Freunden und Anhängern des Frauenstimmrechts zählten, unter anderen auch der vorige konservative Minister Balfour.

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2018-12-05T18:44:52Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-12-05T18:44:52Z)

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Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: gekennzeichnet; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Bahnson, Minna: Ist es wünschenswert, daß der § 3 aus den Satzungen des Deutschen Verbandes für Frauenstimmrecht gestrichen wird? Bremen, [1912], S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bahnson_satzungen_1912/16>, abgerufen am 27.11.2024.