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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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kriecht nun aus und lässt seine Hüllen, Amnion, Chorion mit der Schaalenhaut
und der Eischaale zurück.

Vergleichen wir nun noch zum Schlusse das unbebrütete Ei mit dem Küch-
lein und dem Ei nach dem Auskriechen, so finden wir:

1) dass die Fruchtstoffe, Dotter und Eiweiss, in das Küchlein zur Bildung
desselben übergegangen sind. Etwas vom wässrigen Theile des Eiweisses ist je-
doch durch Verdünstung verloren gegangen, und ein andrer Theil, zur Bildung
des Fruchtwassers verwendet, ist auch nicht ganz aufgenommen;

2) dass sämmtliche Hüllen, welche das Ei ursprünglich hatte, Dotterhaut,
Haut der Hagelschnüre, Schaalenhaut und Schaale, nicht in den Embryo auf-
genommen sind;

3) dass aus dem Keime sich der Embryo durch eine fast unendliche Ver-
grösserung gebildet hat;

4) dass aber auch von dem vergrösserten Keime ein Theil nicht zum Leibe
des Küchleins geworden ist, nämlich der peripherische Theil vom animalischen
Blatte, als Amnion und seröse Hülle, und ein aus dem Innern stammender, also
mehr centraler als peripherischer Theil des vegetativen Blattes -- der Harnsack.

Von allen Theilen aber, die nicht zum Leibe des Küchleins geworden sind,
trennt es sich beim Auskriechen.

§. 6.
Allgemeine Bildungsweise des Vogel-Embryo.

Wir haben bisher den Embryo als bestehend angenommen, um die Ge-
schichte der sogenannten Eihäute im Zusammenhange betrachten zu können. Es
wird Zeit seyn, dass wir jetzt zu dem wichtigsten Theile unsrer Betrachtungen,
zu der Bildungsgeschichte des Embryo, übergehen. Doch fassen wir zuerst die
allgemeinen Verhältnisse seiner Bildungsweise und seines Lebens ins Auge!

Um diese recht zu verstehen, müssen wir aber den Bau des ausgewach-A. Primäre
Sonderung.
a. Alle Wir-
belthiere
bestehen aus
heterogenen
Schichten.

senen Thieres, das dadurch werden soll, ganz durchschauen und vor allen Dingen
die allgemeinen Verhältnisse dieses Baues auffassen, ohne uns durch die zahllosen
Einzelheiten zerstreuen und verwirren zu lassen. Für diesen Zweck bitte ich Sie,
einigen vorläufigen Betrachtungen über den Bau nicht allein der Vögel, sondern
überhaupt der Wirbelthiere Ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Alle Thiere näm-
lich, welche nicht zu den Insecten und Würmern gehören, das heisst also die Fi-
sche, die Amphibien, die Vögel und die Säugethiere, stimmen in den wesentlich-

II. H

kriecht nun aus und läſst seine Hüllen, Amnion, Chorion mit der Schaalenhaut
und der Eischaale zurück.

Vergleichen wir nun noch zum Schlusse das unbebrütete Ei mit dem Küch-
lein und dem Ei nach dem Auskriechen, so finden wir:

1) daſs die Fruchtstoffe, Dotter und Eiweiſs, in das Küchlein zur Bildung
desselben übergegangen sind. Etwas vom wäſsrigen Theile des Eiweiſses ist je-
doch durch Verdünstung verloren gegangen, und ein andrer Theil, zur Bildung
des Fruchtwassers verwendet, ist auch nicht ganz aufgenommen;

2) daſs sämmtliche Hüllen, welche das Ei ursprünglich hatte, Dotterhaut,
Haut der Hagelschnüre, Schaalenhaut und Schaale, nicht in den Embryo auf-
genommen sind;

3) daſs aus dem Keime sich der Embryo durch eine fast unendliche Ver-
gröſserung gebildet hat;

4) daſs aber auch von dem vergröſserten Keime ein Theil nicht zum Leibe
des Küchleins geworden ist, nämlich der peripherische Theil vom animalischen
Blatte, als Amnion und seröse Hülle, und ein aus dem Innern stammender, also
mehr centraler als peripherischer Theil des vegetativen Blattes — der Harnsack.

Von allen Theilen aber, die nicht zum Leibe des Küchleins geworden sind,
trennt es sich beim Auskriechen.

§. 6.
Allgemeine Bildungsweise des Vogel-Embryo.

Wir haben bisher den Embryo als bestehend angenommen, um die Ge-
schichte der sogenannten Eihäute im Zusammenhange betrachten zu können. Es
wird Zeit seyn, daſs wir jetzt zu dem wichtigsten Theile unsrer Betrachtungen,
zu der Bildungsgeschichte des Embryo, übergehen. Doch fassen wir zuerst die
allgemeinen Verhältnisse seiner Bildungsweise und seines Lebens ins Auge!

Um diese recht zu verstehen, müssen wir aber den Bau des ausgewach-A. Primäre
Sonderung.
a. Alle Wir-
belthiere
bestehen aus
heterogenen
Schichten.

senen Thieres, das dadurch werden soll, ganz durchschauen und vor allen Dingen
die allgemeinen Verhältnisse dieses Baues auffassen, ohne uns durch die zahllosen
Einzelheiten zerstreuen und verwirren zu lassen. Für diesen Zweck bitte ich Sie,
einigen vorläufigen Betrachtungen über den Bau nicht allein der Vögel, sondern
überhaupt der Wirbelthiere Ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Alle Thiere näm-
lich, welche nicht zu den Insecten und Würmern gehören, das heiſst also die Fi-
sche, die Amphibien, die Vögel und die Säugethiere, stimmen in den wesentlich-

II. H
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[57/0067] kriecht nun aus und läſst seine Hüllen, Amnion, Chorion mit der Schaalenhaut und der Eischaale zurück. Vergleichen wir nun noch zum Schlusse das unbebrütete Ei mit dem Küch- lein und dem Ei nach dem Auskriechen, so finden wir: 1) daſs die Fruchtstoffe, Dotter und Eiweiſs, in das Küchlein zur Bildung desselben übergegangen sind. Etwas vom wäſsrigen Theile des Eiweiſses ist je- doch durch Verdünstung verloren gegangen, und ein andrer Theil, zur Bildung des Fruchtwassers verwendet, ist auch nicht ganz aufgenommen; 2) daſs sämmtliche Hüllen, welche das Ei ursprünglich hatte, Dotterhaut, Haut der Hagelschnüre, Schaalenhaut und Schaale, nicht in den Embryo auf- genommen sind; 3) daſs aus dem Keime sich der Embryo durch eine fast unendliche Ver- gröſserung gebildet hat; 4) daſs aber auch von dem vergröſserten Keime ein Theil nicht zum Leibe des Küchleins geworden ist, nämlich der peripherische Theil vom animalischen Blatte, als Amnion und seröse Hülle, und ein aus dem Innern stammender, also mehr centraler als peripherischer Theil des vegetativen Blattes — der Harnsack. Von allen Theilen aber, die nicht zum Leibe des Küchleins geworden sind, trennt es sich beim Auskriechen. §. 6. Allgemeine Bildungsweise des Vogel-Embryo. Wir haben bisher den Embryo als bestehend angenommen, um die Ge- schichte der sogenannten Eihäute im Zusammenhange betrachten zu können. Es wird Zeit seyn, daſs wir jetzt zu dem wichtigsten Theile unsrer Betrachtungen, zu der Bildungsgeschichte des Embryo, übergehen. Doch fassen wir zuerst die allgemeinen Verhältnisse seiner Bildungsweise und seines Lebens ins Auge! Um diese recht zu verstehen, müssen wir aber den Bau des ausgewach- senen Thieres, das dadurch werden soll, ganz durchschauen und vor allen Dingen die allgemeinen Verhältnisse dieses Baues auffassen, ohne uns durch die zahllosen Einzelheiten zerstreuen und verwirren zu lassen. Für diesen Zweck bitte ich Sie, einigen vorläufigen Betrachtungen über den Bau nicht allein der Vögel, sondern überhaupt der Wirbelthiere Ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Alle Thiere näm- lich, welche nicht zu den Insecten und Würmern gehören, das heiſst also die Fi- sche, die Amphibien, die Vögel und die Säugethiere, stimmen in den wesentlich- A. Primäre Sonderung. a. Alle Wir- belthiere bestehen aus heterogenen Schichten. II. H

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/67>, abgerufen am 24.11.2024.