tenwurzel verwendet ist, das darauf folgende Gefässbogen-Paar erweitert sich und bildet die bleibenden beiden Wurzeln der Aorta. So ist also bei den Ba- trachiern viel mehr von dem ursprünglichen Gefässsystem bleibend, als in Säuge- thieren und Vögeln, namentlich die beiden Wurzeln der Aorta. Dies ist jedoch auch in den Reptilien der Fall. Allein in den Reptilien trennt sich der gemein- schaftliche Arterienstamm, so wie die Herzkammer sich in zwei Höhlen theilt, in zwei gesonderte Arterienstämme, eine Lungenschlagader und eine Aorta. In den Batrachiern wird diese Trennung nie erreicht, sondern ein mittlerer Vor- sprung, der der Länge nach in dem gemeinschaftlichen Arterienstamme verläuft, scheint anzudeuten, dass diese Umänderung in den Batrachiern zwar eingeleitet, aber nie vollendet wird.
Um die Geschichte der Kiemen bis aus Ende zu verfolgen, ist noch hinzu- zufügen, dass, wenn die Lungen gross genug geworden sind, um die Athmung zu besorgen, die Larven nach Luft schnappen; dass dann die Kiemenblättchen ganz schwinden, endlich sogar die drei hintern Kiemenbogen, welche immer weich geblieben waren, aufgesogen werden und schwinden, der vorderste aber erhär- tet und zum hintern Aste des Zungenbeins wird.
s. Ausbil- dung der Ex- tremitäten.
In der Kiemenhöhle entwickelt sich auf jeder Seite hinter den Kiemen die vordere Extremität. Aus diesem Grunde kann man sie ohne Zergliederung nicht sehen. Allein wenn der Kiemenapparat gegen die Lungen zurückgetreten ist, häutet sich der Embryo; die Anheftung des Kiemendeckels (eines Theiles der Haut) geht verloren und man sieht nun plötzlich die Vorderfüsse, und hat also, da auch die Hinterfüsse unterdessen hervorgewachsen sind, einen vierfüssigen und geschwänzten Frosch. Dass zuletzt auch der Schwanz verloren geht, ist bekannt genug. Die Spitze desselben wird zuerst ganz welk, als ob die Masse, die er enthielt, aufgesogen würde und die Haut als eine leere Scheide zurückliesse, die Basis des Schwanzes aber zieht sich in den Leib hinein, und der lange unge- gliederte Knochen, mit dem die Wirbelsäule des erwachsenen Frosches endet, ist ohne Zweifel ein Document dieses Schwanzes, aber jetzt ohne alle Gliederung.
t. Nerven- system.
Fragen Sie, was mit dem Hirne vorgeht, nachdem es seine fünf morpho- logischen Elemente erhalten hat, so wäre zu antworten: dass jedes Element im Allgemeinen den Charakter zeigt, den es in den höhern Thierklassen offenbart, aber je nachdem dieser Charakter mehr oder weniger ausgebildet wird, doch ein sehr abweichendes Gesammthirn wird. Das Vorderhirn wächst zwar in späterer Zeit mehr als die andern und verlängert sich deshalb nach hinten, allein es schreitet darin nicht weit vor, und so kommt es, dass die Sehhügel nicht voll- ständig von den Hemisphären überdeckt, viel weniger umschlossen werden, wie
tenwurzel verwendet ist, das darauf folgende Gefäſsbogen-Paar erweitert sich und bildet die bleibenden beiden Wurzeln der Aorta. So ist also bei den Ba- trachiern viel mehr von dem ursprünglichen Gefäſssystem bleibend, als in Säuge- thieren und Vögeln, namentlich die beiden Wurzeln der Aorta. Dies ist jedoch auch in den Reptilien der Fall. Allein in den Reptilien trennt sich der gemein- schaftliche Arterienstamm, so wie die Herzkammer sich in zwei Höhlen theilt, in zwei gesonderte Arterienstämme, eine Lungenschlagader und eine Aorta. In den Batrachiern wird diese Trennung nie erreicht, sondern ein mittlerer Vor- sprung, der der Länge nach in dem gemeinschaftlichen Arterienstamme verläuft, scheint anzudeuten, daſs diese Umänderung in den Batrachiern zwar eingeleitet, aber nie vollendet wird.
Um die Geschichte der Kiemen bis aus Ende zu verfolgen, ist noch hinzu- zufügen, daſs, wenn die Lungen groſs genug geworden sind, um die Athmung zu besorgen, die Larven nach Luft schnappen; daſs dann die Kiemenblättchen ganz schwinden, endlich sogar die drei hintern Kiemenbogen, welche immer weich geblieben waren, aufgesogen werden und schwinden, der vorderste aber erhär- tet und zum hintern Aste des Zungenbeins wird.
s. Ausbil- dung der Ex- tremitäten.
In der Kiemenhöhle entwickelt sich auf jeder Seite hinter den Kiemen die vordere Extremität. Aus diesem Grunde kann man sie ohne Zergliederung nicht sehen. Allein wenn der Kiemenapparat gegen die Lungen zurückgetreten ist, häutet sich der Embryo; die Anheftung des Kiemendeckels (eines Theiles der Haut) geht verloren und man sieht nun plötzlich die Vorderfüſse, und hat also, da auch die Hinterfüſse unterdessen hervorgewachsen sind, einen vierfüſsigen und geschwänzten Frosch. Daſs zuletzt auch der Schwanz verloren geht, ist bekannt genug. Die Spitze desselben wird zuerst ganz welk, als ob die Masse, die er enthielt, aufgesogen würde und die Haut als eine leere Scheide zurücklieſse, die Basis des Schwanzes aber zieht sich in den Leib hinein, und der lange unge- gliederte Knochen, mit dem die Wirbelsäule des erwachsenen Frosches endet, ist ohne Zweifel ein Document dieses Schwanzes, aber jetzt ohne alle Gliederung.
t. Nerven- system.
Fragen Sie, was mit dem Hirne vorgeht, nachdem es seine fünf morpho- logischen Elemente erhalten hat, so wäre zu antworten: daſs jedes Element im Allgemeinen den Charakter zeigt, den es in den höhern Thierklassen offenbart, aber je nachdem dieser Charakter mehr oder weniger ausgebildet wird, doch ein sehr abweichendes Gesammthirn wird. Das Vorderhirn wächst zwar in späterer Zeit mehr als die andern und verlängert sich deshalb nach hinten, allein es schreitet darin nicht weit vor, und so kommt es, daſs die Sehhügel nicht voll- ständig von den Hemisphären überdeckt, viel weniger umschlossen werden, wie
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tenwurzel verwendet ist, das darauf folgende Gefäſsbogen-Paar erweitert sich
und bildet die bleibenden beiden Wurzeln der Aorta. So ist also bei den Ba-
trachiern viel mehr von dem ursprünglichen Gefäſssystem bleibend, als in Säuge-
thieren und Vögeln, namentlich die beiden Wurzeln der Aorta. Dies ist jedoch
auch in den Reptilien der Fall. Allein in den Reptilien trennt sich der gemein-
schaftliche Arterienstamm, so wie die Herzkammer sich in zwei Höhlen theilt,
in zwei gesonderte Arterienstämme, eine Lungenschlagader und eine Aorta. In
den Batrachiern wird diese Trennung nie erreicht, sondern ein mittlerer Vor-
sprung, der der Länge nach in dem gemeinschaftlichen Arterienstamme verläuft,
scheint anzudeuten, daſs diese Umänderung in den Batrachiern zwar eingeleitet,
aber nie vollendet wird.
Um die Geschichte der Kiemen bis aus Ende zu verfolgen, ist noch hinzu-
zufügen, daſs, wenn die Lungen groſs genug geworden sind, um die Athmung zu
besorgen, die Larven nach Luft schnappen; daſs dann die Kiemenblättchen ganz
schwinden, endlich sogar die drei hintern Kiemenbogen, welche immer weich
geblieben waren, aufgesogen werden und schwinden, der vorderste aber erhär-
tet und zum hintern Aste des Zungenbeins wird.
In der Kiemenhöhle entwickelt sich auf jeder Seite hinter den Kiemen die
vordere Extremität. Aus diesem Grunde kann man sie ohne Zergliederung nicht
sehen. Allein wenn der Kiemenapparat gegen die Lungen zurückgetreten ist,
häutet sich der Embryo; die Anheftung des Kiemendeckels (eines Theiles der
Haut) geht verloren und man sieht nun plötzlich die Vorderfüſse, und hat also,
da auch die Hinterfüſse unterdessen hervorgewachsen sind, einen vierfüſsigen und
geschwänzten Frosch. Daſs zuletzt auch der Schwanz verloren geht, ist bekannt
genug. Die Spitze desselben wird zuerst ganz welk, als ob die Masse, die er
enthielt, aufgesogen würde und die Haut als eine leere Scheide zurücklieſse,
die Basis des Schwanzes aber zieht sich in den Leib hinein, und der lange unge-
gliederte Knochen, mit dem die Wirbelsäule des erwachsenen Frosches endet, ist
ohne Zweifel ein Document dieses Schwanzes, aber jetzt ohne alle Gliederung.
Fragen Sie, was mit dem Hirne vorgeht, nachdem es seine fünf morpho-
logischen Elemente erhalten hat, so wäre zu antworten: daſs jedes Element im
Allgemeinen den Charakter zeigt, den es in den höhern Thierklassen offenbart,
aber je nachdem dieser Charakter mehr oder weniger ausgebildet wird, doch
ein sehr abweichendes Gesammthirn wird. Das Vorderhirn wächst zwar in
späterer Zeit mehr als die andern und verlängert sich deshalb nach hinten, allein
es schreitet darin nicht weit vor, und so kommt es, daſs die Sehhügel nicht voll-
ständig von den Hemisphären überdeckt, viel weniger umschlossen werden, wie
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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/302>, abgerufen am 16.02.2025.
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