ist, so müsste die Flüssigkeit auch hier durch die genannte Haut hindurchdringen, wie im übrigen Umfange der Dotterkugel, und müsste sich ausserdem noch einen schwierigen Weg durch die verschnürte Hagelschnur bahnen, während sie im übrigen Umfange des Dotters nur durch die sehr dünne Dotterhaut und die mit ihr verschmolzene Haut der Hagelschnüre vom Eiweiss getrennt ist *).
Man hat den Hagelschnüren noch eine zweite Bestimmung zugeschrieben, und zwar mit etwas mehr Recht, die Bestimmung, die Dotterkugel in einer eigen- thümlichen Lage zu erhalten. Wie man nämlich auch das Ei drehen mag, so liegt doch, so lange die Längenaxe des Eies horizontal bleibt, der Dotter so in ihm, dass der Hahnentritt die Mitte der obern Wölbung einnimmt. Man findet also, wenn man ein Ei aufmacht, den Hahnentritt oben. Dreht man nun das geöffnete Ei ein wenig, so sieht man, dass die Dotterkugel im Verhältniss zur Eischaale sich nach der entgegengesetzten Richtung dreht, im Verhältniss zur übrigen Welt seine Lage beibehält. Man vermuthete schon lange, dass die Ha- gelschnüre dieses bewirkten, glaubte aber ehemals, die äussern Enden der Hagel- schnüre wären an die Eischaalenhaut angewachsen und hielten die Dotterkugel wie an zwei Seilen befestigt. Allein diese erste Vorstellung ist ohne Zweifel falsch; denn wären die Hagelschnüre an die Schaalenhaut befestigt, so müssten sie sich aufdrehen lassen, wenn man das Ei in einer der frühern Drehung der Hagelschnüre entgegengesetzten Richtung um seine Axe drehte, was aber nie ge- lingt. Ferner sieht man leicht ein, dass grade bei dieser Einrichtung die freie Be- weglichkeit der Dotterkugel sehr beschränkt wäre, da doch die Hagelschnüre ein gewisses Maass der Drehung nicht überschreiten könnten. Endlich überzeugt man sich auch leicht durch die Ansicht, dass die Hagelschnüre die Schaalenhaut nicht erreichen. -- Man hat daher jetzt eine andere und zwar folgende Vorstel- lung. Das äussere Eiweiss ist flüssig. In ihm kann also die Dotterkugel mit dem zähern mittlern und innern Eiweisse schwimmen. Die Hagelschnüre, eng um- geben vom innersten Eiweisse, ragen wie zwei Zapfen nach beiden Enden des Eies in das Eiweiss hinein und bewirken, dass die Axe, die man von ihnen aus durch die Dotterkugel ziehen kann, zu der Axe des gesammten Eies dasselbe Ver- hältniss behalten muss. Dadurch wird es völlig unmöglich, dass der Hahnentritt nach dem stumpfen oder spitzen Ende des Eies hinrollen kann. Damit aber der Hahnentritt immer oben liegt, sagt man weiter, sind die Hagelschnüre nicht ganz in die Mitte der Dotterkugel angefügt, sondern sie sind dem Hahnentritte etwas
*) Ueber den vermeintlichen hohlen Gang in den Hagelschnüren siehe noch ein Wort unter den Anhängen.
II. C
ist, so müſste die Flüssigkeit auch hier durch die genannte Haut hindurchdringen, wie im übrigen Umfange der Dotterkugel, und müſste sich auſserdem noch einen schwierigen Weg durch die verschnürte Hagelschnur bahnen, während sie im übrigen Umfange des Dotters nur durch die sehr dünne Dotterhaut und die mit ihr verschmolzene Haut der Hagelschnüre vom Eiweiſs getrennt ist *).
Man hat den Hagelschnüren noch eine zweite Bestimmung zugeschrieben, und zwar mit etwas mehr Recht, die Bestimmung, die Dotterkugel in einer eigen- thümlichen Lage zu erhalten. Wie man nämlich auch das Ei drehen mag, so liegt doch, so lange die Längenaxe des Eies horizontal bleibt, der Dotter so in ihm, daſs der Hahnentritt die Mitte der obern Wölbung einnimmt. Man findet also, wenn man ein Ei aufmacht, den Hahnentritt oben. Dreht man nun das geöffnete Ei ein wenig, so sieht man, daſs die Dotterkugel im Verhältniſs zur Eischaale sich nach der entgegengesetzten Richtung dreht, im Verhältniſs zur übrigen Welt seine Lage beibehält. Man vermuthete schon lange, daſs die Ha- gelschnüre dieses bewirkten, glaubte aber ehemals, die äuſsern Enden der Hagel- schnüre wären an die Eischaalenhaut angewachsen und hielten die Dotterkugel wie an zwei Seilen befestigt. Allein diese erste Vorstellung ist ohne Zweifel falsch; denn wären die Hagelschnüre an die Schaalenhaut befestigt, so müſsten sie sich aufdrehen lassen, wenn man das Ei in einer der frühern Drehung der Hagelschnüre entgegengesetzten Richtung um seine Axe drehte, was aber nie ge- lingt. Ferner sieht man leicht ein, daſs grade bei dieser Einrichtung die freie Be- weglichkeit der Dotterkugel sehr beschränkt wäre, da doch die Hagelschnüre ein gewisses Maaſs der Drehung nicht überschreiten könnten. Endlich überzeugt man sich auch leicht durch die Ansicht, daſs die Hagelschnüre die Schaalenhaut nicht erreichen. — Man hat daher jetzt eine andere und zwar folgende Vorstel- lung. Das äuſsere Eiweiſs ist flüssig. In ihm kann also die Dotterkugel mit dem zähern mittlern und innern Eiweiſse schwimmen. Die Hagelschnüre, eng um- geben vom innersten Eiweiſse, ragen wie zwei Zapfen nach beiden Enden des Eies in das Eiweiſs hinein und bewirken, daſs die Axe, die man von ihnen aus durch die Dotterkugel ziehen kann, zu der Axe des gesammten Eies dasselbe Ver- hältniſs behalten muſs. Dadurch wird es völlig unmöglich, daſs der Hahnentritt nach dem stumpfen oder spitzen Ende des Eies hinrollen kann. Damit aber der Hahnentritt immer oben liegt, sagt man weiter, sind die Hagelschnüre nicht ganz in die Mitte der Dotterkugel angefügt, sondern sie sind dem Hahnentritte etwas
*) Ueber den vermeintlichen hohlen Gang in den Hagelschnüren siehe noch ein Wort unter den Anhängen.
II. C
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[17/0027]
ist, so müſste die Flüssigkeit auch hier durch die genannte Haut hindurchdringen,
wie im übrigen Umfange der Dotterkugel, und müſste sich auſserdem noch einen
schwierigen Weg durch die verschnürte Hagelschnur bahnen, während sie im
übrigen Umfange des Dotters nur durch die sehr dünne Dotterhaut und die mit ihr
verschmolzene Haut der Hagelschnüre vom Eiweiſs getrennt ist *).
Man hat den Hagelschnüren noch eine zweite Bestimmung zugeschrieben,
und zwar mit etwas mehr Recht, die Bestimmung, die Dotterkugel in einer eigen-
thümlichen Lage zu erhalten. Wie man nämlich auch das Ei drehen mag, so
liegt doch, so lange die Längenaxe des Eies horizontal bleibt, der Dotter so in
ihm, daſs der Hahnentritt die Mitte der obern Wölbung einnimmt. Man findet
also, wenn man ein Ei aufmacht, den Hahnentritt oben. Dreht man nun das
geöffnete Ei ein wenig, so sieht man, daſs die Dotterkugel im Verhältniſs zur
Eischaale sich nach der entgegengesetzten Richtung dreht, im Verhältniſs zur
übrigen Welt seine Lage beibehält. Man vermuthete schon lange, daſs die Ha-
gelschnüre dieses bewirkten, glaubte aber ehemals, die äuſsern Enden der Hagel-
schnüre wären an die Eischaalenhaut angewachsen und hielten die Dotterkugel
wie an zwei Seilen befestigt. Allein diese erste Vorstellung ist ohne Zweifel
falsch; denn wären die Hagelschnüre an die Schaalenhaut befestigt, so müſsten
sie sich aufdrehen lassen, wenn man das Ei in einer der frühern Drehung der
Hagelschnüre entgegengesetzten Richtung um seine Axe drehte, was aber nie ge-
lingt. Ferner sieht man leicht ein, daſs grade bei dieser Einrichtung die freie Be-
weglichkeit der Dotterkugel sehr beschränkt wäre, da doch die Hagelschnüre ein
gewisses Maaſs der Drehung nicht überschreiten könnten. Endlich überzeugt
man sich auch leicht durch die Ansicht, daſs die Hagelschnüre die Schaalenhaut
nicht erreichen. — Man hat daher jetzt eine andere und zwar folgende Vorstel-
lung. Das äuſsere Eiweiſs ist flüssig. In ihm kann also die Dotterkugel mit dem
zähern mittlern und innern Eiweiſse schwimmen. Die Hagelschnüre, eng um-
geben vom innersten Eiweiſse, ragen wie zwei Zapfen nach beiden Enden des
Eies in das Eiweiſs hinein und bewirken, daſs die Axe, die man von ihnen aus
durch die Dotterkugel ziehen kann, zu der Axe des gesammten Eies dasselbe Ver-
hältniſs behalten muſs. Dadurch wird es völlig unmöglich, daſs der Hahnentritt
nach dem stumpfen oder spitzen Ende des Eies hinrollen kann. Damit aber der
Hahnentritt immer oben liegt, sagt man weiter, sind die Hagelschnüre nicht ganz
in die Mitte der Dotterkugel angefügt, sondern sie sind dem Hahnentritte etwas
*) Ueber den vermeintlichen hohlen Gang in den Hagelschnüren siehe noch ein Wort unter den
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II. C
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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/27>, abgerufen am 22.07.2024.
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