Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

es nicht schon damals Stellen ohne Zotten gab. Wenn der Harnsack hervortritt,
ist es deutlich, dass die äussersten Enden des Eies ohne Zotten sind. Hier kann
also kein Fruchtkuchen sich erzeugen.

Doch schien es mir, dass hierin nicht allein der Grund liegt, warum später
der Fruchtkuchen nur einen Gürtel um das Ei bildet. Am Schlusse der vierten
Woche, wenn der Harnsack den Raum zwischen Dottersack und äusserer Eihaut
ganz ausgefüllt hat, scheint mir die letztere an beiden Enden kreisförmig durchris-
sen zu werden, wie bei den Dickhäutern.

Ich hatte nämlich vor dem Schluss der vierten Woche das Ei vorgefunden,
wie Bojanus es (Nova acta Acad. Nat. Vol. X.) beschreibt und abbildet,
mit einer sehr breiten Bekleidung von Zotten, aus welchen nur die beiden stumpf
zugespitzten Enden des Eies zottenlos hervorragten. Etwas später waren die En-
den pilzförmig hervorgetreten, die Mitte dafür verengt, so dass jetzt erst das früher
elliptische Ei parabolisch-cylindrisch geworden war und die Zotten einen gürtel-
förmigen Fruchtkuchen bildeten, wie dieser Längen-Durchschnitt zeigt.

[Abbildung]

An der Grenze des Fruchtkuchens (bei a, a, a,) erkannte ich deutlich, dass
die äussere Eihaut durchrissen war. War diese Zerreissung nicht etwa durch ei-
nen Rest von lebendiger Contraction des Fruchthälters erst bei der Zergliederung
entstanden, (eine Frage, die ich nur deshalb aufwerfe, weil ich später denselben
Zustand nicht habe wieder finden können,) so muss ich glauben, dass die äussere
Eihaut an den Enden normal durchrissen wird, wovon ich die deutlichen Spuren
auch an spätern Eiern noch zu erkennen glaube.

Der weite cylindrische Dottersack hat bisher, stumpf endigend, die ganze
Länge des Eies eingenommen, der Harnsack erreicht sie auch allmählig und das
Wachsthum des letztern scheint die Sprengung der äussern Eihaut zu bewirken.
Indem aber das Ei sich jetzt plötzlich verlängert hat, bekommt der Dottersack
die dünnen fadenförmigen Zipfel. Auch wird seine cylindrische Form allmählig
in eine dreiseitig-prismatische umgewandelt, indem der Harnsack von zwei
Seiten und das Amnion von der dritten gegen ihn drängt. Der Harnsack hat ganz
entschieden von rechts über den Rücken hin das Amnion und den Embryo um-

wach-

es nicht schon damals Stellen ohne Zotten gab. Wenn der Harnsack hervortritt,
ist es deutlich, daſs die äuſsersten Enden des Eies ohne Zotten sind. Hier kann
also kein Fruchtkuchen sich erzeugen.

Doch schien es mir, daſs hierin nicht allein der Grund liegt, warum später
der Fruchtkuchen nur einen Gürtel um das Ei bildet. Am Schlusse der vierten
Woche, wenn der Harnsack den Raum zwischen Dottersack und äuſserer Eihaut
ganz ausgefüllt hat, scheint mir die letztere an beiden Enden kreisförmig durchris-
sen zu werden, wie bei den Dickhäutern.

Ich hatte nämlich vor dem Schluſs der vierten Woche das Ei vorgefunden,
wie Bojanus es (Nova acta Acad. Nat. Vol. X.) beschreibt und abbildet,
mit einer sehr breiten Bekleidung von Zotten, aus welchen nur die beiden stumpf
zugespitzten Enden des Eies zottenlos hervorragten. Etwas später waren die En-
den pilzförmig hervorgetreten, die Mitte dafür verengt, so daſs jetzt erst das früher
elliptische Ei parabolisch-cylindrisch geworden war und die Zotten einen gürtel-
förmigen Fruchtkuchen bildeten, wie dieser Längen-Durchschnitt zeigt.

[Abbildung]

An der Grenze des Fruchtkuchens (bei a, a, a,) erkannte ich deutlich, daſs
die äuſsere Eihaut durchrissen war. War diese Zerreiſsung nicht etwa durch ei-
nen Rest von lebendiger Contraction des Fruchthälters erst bei der Zergliederung
entstanden, (eine Frage, die ich nur deshalb aufwerfe, weil ich später denselben
Zustand nicht habe wieder finden können,) so muſs ich glauben, daſs die äuſsere
Eihaut an den Enden normal durchrissen wird, wovon ich die deutlichen Spuren
auch an spätern Eiern noch zu erkennen glaube.

Der weite cylindrische Dottersack hat bisher, stumpf endigend, die ganze
Länge des Eies eingenommen, der Harnsack erreicht sie auch allmählig und das
Wachsthum des letztern scheint die Sprengung der äuſsern Eihaut zu bewirken.
Indem aber das Ei sich jetzt plötzlich verlängert hat, bekommt der Dottersack
die dünnen fadenförmigen Zipfel. Auch wird seine cylindrische Form allmählig
in eine dreiseitig-prismatische umgewandelt, indem der Harnsack von zwei
Seiten und das Amnion von der dritten gegen ihn drängt. Der Harnsack hat ganz
entschieden von rechts über den Rücken hin das Amnion und den Embryo um-

wach-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0250" n="240"/>
es nicht schon damals Stellen ohne Zotten gab. Wenn der Harnsack hervortritt,<lb/>
ist es deutlich, da&#x017F;s die äu&#x017F;sersten Enden des Eies ohne Zotten sind. Hier kann<lb/>
also kein Fruchtkuchen sich erzeugen.</p><lb/>
          <p>Doch schien es mir, da&#x017F;s hierin nicht allein der Grund liegt, warum später<lb/>
der Fruchtkuchen nur einen Gürtel um das Ei bildet. Am Schlusse der vierten<lb/>
Woche, wenn der Harnsack den Raum zwischen Dottersack und äu&#x017F;serer Eihaut<lb/>
ganz ausgefüllt hat, scheint mir die letztere an beiden Enden kreisförmig durchris-<lb/>
sen zu werden, wie bei den Dickhäutern.</p><lb/>
          <p>Ich hatte nämlich vor dem Schlu&#x017F;s der vierten Woche das Ei vorgefunden,<lb/>
wie <hi rendition="#g">Bojanus</hi> es (<hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Nova acta Acad. Nat.</hi></hi> Vol. X.) beschreibt und abbildet,<lb/>
mit einer sehr breiten Bekleidung von Zotten, aus welchen nur die beiden stumpf<lb/>
zugespitzten Enden des Eies zottenlos hervorragten. Etwas später waren die En-<lb/>
den pilzförmig hervorgetreten, die Mitte dafür verengt, so da&#x017F;s jetzt erst das früher<lb/>
elliptische Ei parabolisch-cylindrisch geworden war und die Zotten einen gürtel-<lb/>
förmigen Fruchtkuchen bildeten, wie dieser Längen-Durchschnitt zeigt.</p><lb/>
          <figure/>
          <p>An der Grenze des Fruchtkuchens (bei <hi rendition="#i">a</hi>, <hi rendition="#i">a</hi>, <hi rendition="#i">a</hi>,) erkannte ich deutlich, da&#x017F;s<lb/>
die äu&#x017F;sere Eihaut durchrissen war. War diese Zerrei&#x017F;sung nicht etwa durch ei-<lb/>
nen Rest von lebendiger Contraction des Fruchthälters erst bei der Zergliederung<lb/>
entstanden, (eine Frage, die ich nur deshalb aufwerfe, weil ich später denselben<lb/>
Zustand nicht habe wieder finden können,) so mu&#x017F;s ich glauben, da&#x017F;s die äu&#x017F;sere<lb/>
Eihaut an den Enden normal durchrissen wird, wovon ich die deutlichen Spuren<lb/>
auch an spätern Eiern noch zu erkennen glaube.</p><lb/>
          <p>Der weite cylindrische Dottersack hat bisher, stumpf endigend, die ganze<lb/>
Länge des Eies eingenommen, der Harnsack erreicht sie auch allmählig und das<lb/>
Wachsthum des letztern scheint die Sprengung der äu&#x017F;sern Eihaut zu bewirken.<lb/>
Indem aber das Ei sich jetzt plötzlich verlängert hat, bekommt der Dottersack<lb/>
die dünnen fadenförmigen Zipfel. Auch wird seine cylindrische Form allmählig<lb/>
in eine dreiseitig-prismatische umgewandelt, indem der Harnsack von zwei<lb/>
Seiten und das Amnion von der dritten gegen ihn drängt. Der Harnsack hat ganz<lb/>
entschieden von rechts über den Rücken hin das Amnion und den Embryo um-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wach-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[240/0250] es nicht schon damals Stellen ohne Zotten gab. Wenn der Harnsack hervortritt, ist es deutlich, daſs die äuſsersten Enden des Eies ohne Zotten sind. Hier kann also kein Fruchtkuchen sich erzeugen. Doch schien es mir, daſs hierin nicht allein der Grund liegt, warum später der Fruchtkuchen nur einen Gürtel um das Ei bildet. Am Schlusse der vierten Woche, wenn der Harnsack den Raum zwischen Dottersack und äuſserer Eihaut ganz ausgefüllt hat, scheint mir die letztere an beiden Enden kreisförmig durchris- sen zu werden, wie bei den Dickhäutern. Ich hatte nämlich vor dem Schluſs der vierten Woche das Ei vorgefunden, wie Bojanus es (Nova acta Acad. Nat. Vol. X.) beschreibt und abbildet, mit einer sehr breiten Bekleidung von Zotten, aus welchen nur die beiden stumpf zugespitzten Enden des Eies zottenlos hervorragten. Etwas später waren die En- den pilzförmig hervorgetreten, die Mitte dafür verengt, so daſs jetzt erst das früher elliptische Ei parabolisch-cylindrisch geworden war und die Zotten einen gürtel- förmigen Fruchtkuchen bildeten, wie dieser Längen-Durchschnitt zeigt. [Abbildung] An der Grenze des Fruchtkuchens (bei a, a, a,) erkannte ich deutlich, daſs die äuſsere Eihaut durchrissen war. War diese Zerreiſsung nicht etwa durch ei- nen Rest von lebendiger Contraction des Fruchthälters erst bei der Zergliederung entstanden, (eine Frage, die ich nur deshalb aufwerfe, weil ich später denselben Zustand nicht habe wieder finden können,) so muſs ich glauben, daſs die äuſsere Eihaut an den Enden normal durchrissen wird, wovon ich die deutlichen Spuren auch an spätern Eiern noch zu erkennen glaube. Der weite cylindrische Dottersack hat bisher, stumpf endigend, die ganze Länge des Eies eingenommen, der Harnsack erreicht sie auch allmählig und das Wachsthum des letztern scheint die Sprengung der äuſsern Eihaut zu bewirken. Indem aber das Ei sich jetzt plötzlich verlängert hat, bekommt der Dottersack die dünnen fadenförmigen Zipfel. Auch wird seine cylindrische Form allmählig in eine dreiseitig-prismatische umgewandelt, indem der Harnsack von zwei Seiten und das Amnion von der dritten gegen ihn drängt. Der Harnsack hat ganz entschieden von rechts über den Rücken hin das Amnion und den Embryo um- wach-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/250
Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/250>, abgerufen am 25.11.2024.