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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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zweifeln, dass es Ihnen unmöglich gewesen seyn wird, das Zerstreute so zu sam-
meln, dass daraus die Eigenthümlichkeiten der Früchte der einzelnen Familien
anschaulich werden, obgleich fast alle genannt sind, indem wir die Variationen
der einzelnen Eitheile verfolgten.

Wollen Sie nun die Besonderheiten der Früchte in den verschiedenen Fa-
milien kennen lernen, so müssen wir sie einzeln durchgehen. Vorzüglich wird
dieses für die Eihüllen als die veränderlichsten Theile nöthig seyn; denn was
die Embryonen anlangt, so entwickeln sich diese so übereinstimmend, dass Sie
gewiss schon über die Gleichmässigkeit in so verschiedenen Klassen, wie die
Säugethiere und Vögel sind, erstaunt seyn werden *). Auf die wichtigsten Va-
riationen in ihrer Bildung habe ich zum Theil schon hingewiesen, zum Theil
bestehen sie eben darin, dass die bekannte Eigenthümlichkeit einer Familie sich
entwickelt und eine ihr fremde nicht. Ich müsste erzählen, dass das Schwein
allmählig einen Rüssel bekommt, das Kaninchen nicht, doch das können Sie
sich selbst leicht sagen, nachdem Sie erfahren haben, dass in den ersten. Wochen
alle Säugethiere kurze Menschengesichter haben. Sie können, wenn Sie auf-
merksam die Entwickelung der Embryonen und ihrer einzelnen Theile verfolgen,
einige Abbildungen ansehen, und sie mit ausgebildeten Thieren vergleichen,
leicht sich selbst sagen, welche Eigenthümlichkeiten spätere Bildungen sind und
welche auf einem Zurückbleiben auf frühern Stufen beruhen. Sie werden ein-
sehen, dass, um bei dem gewählten Beispiele stehen zu bleiben, im Menschen
seine Kiefern und seine Nase auf Kosten des Hirnes zurückgeblieben sind, und wir
werden zuletzt, wenn wir die Bildungsgesetze zu entwickeln versuchen, ein ganz
einfaches Kennzeichen angeben, woran man unterscheidet, welche Formen ein
Zurückbleiben und welche ein Fortschreiten nachweisen.

Ich werde daher die Entwickelungsgeschichte der verschiedenen Embryo-
nen nicht erzählen, theils um nicht immer dasselbe zu sagen, theils weil ich in
der That, mehr auf allgemeinere Verhältnisse aufmerksam, die geringen Diffe-
renzen weniger beachtet habe. Nur gelegentlich mag also hie und da noch vom
Embryo gesprochen werden.

Die genauere Kenntniss der Eihüllen, und zwar nach ihrer gesammten Bil-
dungsgeschichte vom ersten Auftreten an, ist aber wichtig, weil nur dadurch die
verschiedenen sich widersprechenden Berichte verständlich werden und weil nur

*) Diese Uebereinstimmung ist noch so wenig anerkannt, dass Herr Prof. E. Weber, den Je-
dermann mit mir zu den ersten Anatomen Dentschlands zählen wird, im dritten Bande seiner
Anatomie, wenn er von der Entstehung der Organe spricht, auf das Hühnchen noch sehr wenig
Rücksicht nimmt, im 4ten Bande freilich schon viel mehr.

zweifeln, daſs es Ihnen unmöglich gewesen seyn wird, das Zerstreute so zu sam-
meln, daſs daraus die Eigenthümlichkeiten der Früchte der einzelnen Familien
anschaulich werden, obgleich fast alle genannt sind, indem wir die Variationen
der einzelnen Eitheile verfolgten.

Wollen Sie nun die Besonderheiten der Früchte in den verschiedenen Fa-
milien kennen lernen, so müssen wir sie einzeln durchgehen. Vorzüglich wird
dieses für die Eihüllen als die veränderlichsten Theile nöthig seyn; denn was
die Embryonen anlangt, so entwickeln sich diese so übereinstimmend, daſs Sie
gewiſs schon über die Gleichmäſsigkeit in so verschiedenen Klassen, wie die
Säugethiere und Vögel sind, erstaunt seyn werden *). Auf die wichtigsten Va-
riationen in ihrer Bildung habe ich zum Theil schon hingewiesen, zum Theil
bestehen sie eben darin, daſs die bekannte Eigenthümlichkeit einer Familie sich
entwickelt und eine ihr fremde nicht. Ich müſste erzählen, daſs das Schwein
allmählig einen Rüssel bekommt, das Kaninchen nicht, doch das können Sie
sich selbst leicht sagen, nachdem Sie erfahren haben, daſs in den ersten. Wochen
alle Säugethiere kurze Menschengesichter haben. Sie können, wenn Sie auf-
merksam die Entwickelung der Embryonen und ihrer einzelnen Theile verfolgen,
einige Abbildungen ansehen, und sie mit ausgebildeten Thieren vergleichen,
leicht sich selbst sagen, welche Eigenthümlichkeiten spätere Bildungen sind und
welche auf einem Zurückbleiben auf frühern Stufen beruhen. Sie werden ein-
sehen, daſs, um bei dem gewählten Beispiele stehen zu bleiben, im Menschen
seine Kiefern und seine Nase auf Kosten des Hirnes zurückgeblieben sind, und wir
werden zuletzt, wenn wir die Bildungsgesetze zu entwickeln versuchen, ein ganz
einfaches Kennzeichen angeben, woran man unterscheidet, welche Formen ein
Zurückbleiben und welche ein Fortschreiten nachweisen.

Ich werde daher die Entwickelungsgeschichte der verschiedenen Embryo-
nen nicht erzählen, theils um nicht immer dasselbe zu sagen, theils weil ich in
der That, mehr auf allgemeinere Verhältnisse aufmerksam, die geringen Diffe-
renzen weniger beachtet habe. Nur gelegentlich mag also hie und da noch vom
Embryo gesprochen werden.

Die genauere Kenntniſs der Eihüllen, und zwar nach ihrer gesammten Bil-
dungsgeschichte vom ersten Auftreten an, ist aber wichtig, weil nur dadurch die
verschiedenen sich widersprechenden Berichte verständlich werden und weil nur

*) Diese Uebereinstimmung ist noch so wenig anerkannt, daſs Herr Prof. E. Weber, den Je-
dermann mit mir zu den ersten Anatomen Dentschlands zählen wird, im dritten Bande seiner
Anatomie, wenn er von der Entstehung der Organe spricht, auf das Hühnchen noch sehr wenig
Rücksicht nimmt, im 4ten Bande freilich schon viel mehr.
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[234/0244] zweifeln, daſs es Ihnen unmöglich gewesen seyn wird, das Zerstreute so zu sam- meln, daſs daraus die Eigenthümlichkeiten der Früchte der einzelnen Familien anschaulich werden, obgleich fast alle genannt sind, indem wir die Variationen der einzelnen Eitheile verfolgten. Wollen Sie nun die Besonderheiten der Früchte in den verschiedenen Fa- milien kennen lernen, so müssen wir sie einzeln durchgehen. Vorzüglich wird dieses für die Eihüllen als die veränderlichsten Theile nöthig seyn; denn was die Embryonen anlangt, so entwickeln sich diese so übereinstimmend, daſs Sie gewiſs schon über die Gleichmäſsigkeit in so verschiedenen Klassen, wie die Säugethiere und Vögel sind, erstaunt seyn werden *). Auf die wichtigsten Va- riationen in ihrer Bildung habe ich zum Theil schon hingewiesen, zum Theil bestehen sie eben darin, daſs die bekannte Eigenthümlichkeit einer Familie sich entwickelt und eine ihr fremde nicht. Ich müſste erzählen, daſs das Schwein allmählig einen Rüssel bekommt, das Kaninchen nicht, doch das können Sie sich selbst leicht sagen, nachdem Sie erfahren haben, daſs in den ersten. Wochen alle Säugethiere kurze Menschengesichter haben. Sie können, wenn Sie auf- merksam die Entwickelung der Embryonen und ihrer einzelnen Theile verfolgen, einige Abbildungen ansehen, und sie mit ausgebildeten Thieren vergleichen, leicht sich selbst sagen, welche Eigenthümlichkeiten spätere Bildungen sind und welche auf einem Zurückbleiben auf frühern Stufen beruhen. Sie werden ein- sehen, daſs, um bei dem gewählten Beispiele stehen zu bleiben, im Menschen seine Kiefern und seine Nase auf Kosten des Hirnes zurückgeblieben sind, und wir werden zuletzt, wenn wir die Bildungsgesetze zu entwickeln versuchen, ein ganz einfaches Kennzeichen angeben, woran man unterscheidet, welche Formen ein Zurückbleiben und welche ein Fortschreiten nachweisen. Ich werde daher die Entwickelungsgeschichte der verschiedenen Embryo- nen nicht erzählen, theils um nicht immer dasselbe zu sagen, theils weil ich in der That, mehr auf allgemeinere Verhältnisse aufmerksam, die geringen Diffe- renzen weniger beachtet habe. Nur gelegentlich mag also hie und da noch vom Embryo gesprochen werden. Die genauere Kenntniſs der Eihüllen, und zwar nach ihrer gesammten Bil- dungsgeschichte vom ersten Auftreten an, ist aber wichtig, weil nur dadurch die verschiedenen sich widersprechenden Berichte verständlich werden und weil nur *) Diese Uebereinstimmung ist noch so wenig anerkannt, daſs Herr Prof. E. Weber, den Je- dermann mit mir zu den ersten Anatomen Dentschlands zählen wird, im dritten Bande seiner Anatomie, wenn er von der Entstehung der Organe spricht, auf das Hühnchen noch sehr wenig Rücksicht nimmt, im 4ten Bande freilich schon viel mehr.

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/244>, abgerufen am 27.11.2024.