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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837.

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sich nicht in eine dünne Spitze verlängert, die in der Bildung des Vogels die
Schnabelbildung charakterisirt. Die beiden Oberkiefer treiben nach innen einen
Kamm hervor, welcher sich vereinigend den Gaumen bildet und die Nasenhöhle,
oder, da diese durch die Scheidewand getheilt ist, die Nasenhöhlen von der Mund-
höhle trennt. Die Vereinigung erfolgt vorn sehr früh, hinten stehen sie ziemlich
lang weit von einander ab und so weit fehlt auch die Scheidewand. Deswegen ha-
haben Gaumen und Nasenhöhle z. B. in einem Schweinefötus von vier Wochen eine
ungemeine, fast vollständige Aehnlichkeit mit der bleibenden Bildung derselben
Theile in Eidechsen, oder, da hier der Gaumen mit einem mittleren Blättchen
endet, in Schildkröten.

Von nun an erst fangen die Kiefern bei den gewöhnlichen Säugethieren an,
sich zu verlängern. Bis dahin haben sie ganz kurze Gesichter, und da das Hirn
schon ziemlich entwickelt ist, so haben Schaafe und Schweine von vier Wochen
wahre Menschengesichter, Hunde und Kaninchen verhältnissmässig noch länger.

bb. Verdau-
ungsapparat.

Die Bauchhöhle schliesst sich zwar später als im Vogel, indem die Bauch-
platten sich nur langsam wieder hinunter neigen, doch ist die gesammte Nabelbil-
dung dieselbe wie dort. Der Speisekanal, auf dieselbe Weise zuerst offen, wird
eben so von beiden Enden aus in einen gleichmässigen Kanal verwandelt*). Seine
Verbindung mit dem Dottersacke, Anfangs sehr weit, verengt sich in einen Haut-
nabel, der sich rasch in einen Dottergang auszieht. Der Speisekanal ist wie im
Vogel zuerst gerade, also sehr kurz, in sich gleich, so dass man eine kurze Zeit
hindurch nicht einmal einen Magen unterscheiden kann. Dann verlängert er sich
etwas, entfernt sich von der Wirbelsäule, besonders in der Mitte, indem sich das
Gekröse hier weit auszieht. Dadurch wird allmählig hier ein scharfer Vorsprung
durch den Darm gebildet, an dessen Spitze der Dottergang sich einsenkt. Dann
ist auch der Magen abgegränzt, obgleich noch lang, in der Richtung des Darmes
der Länge nach stehend und mit der stärksten Wölbung fast ganz nach dem Rücken
gerichtet. Der Speisekanal treibt eben so wie im Vogel Speicheldrüsen, den ge-
sammten Athmungs-Apparat, die Leber des Pankreas und den Harnsack bervor.
Auch der hier unpaarige Blinddarm ist nicht, wie Oken glaubte, ein Rest des
Dotterganges, sonderu er treibt wie im Vogel hinter dem Dottergange hervor.
Ich habe ihn, selbst bei Hufthieren, so klein gesehen, dass er noch nicht Linie
Länge hatte. Er sieht dann wie ein Hügelchen aus. Indessen ist er um diese Zeit
dem Dottergange ziemlich nahe und scheint immer weiter von ihm abzurücken.
Der Grund hiervon liegt darin, dass der mittlere Theil des Darmes viel stärker

*) Ein Beispiel davon Taf. V. Fig. 1.

sich nicht in eine dünne Spitze verlängert, die in der Bildung des Vogels die
Schnabelbildung charakterisirt. Die beiden Oberkiefer treiben nach innen einen
Kamm hervor, welcher sich vereinigend den Gaumen bildet und die Nasenhöhle,
oder, da diese durch die Scheidewand getheilt ist, die Nasenhöhlen von der Mund-
höhle trennt. Die Vereinigung erfolgt vorn sehr früh, hinten stehen sie ziemlich
lang weit von einander ab und so weit fehlt auch die Scheidewand. Deswegen ha-
haben Gaumen und Nasenhöhle z. B. in einem Schweinefötus von vier Wochen eine
ungemeine, fast vollständige Aehnlichkeit mit der bleibenden Bildung derselben
Theile in Eidechsen, oder, da hier der Gaumen mit einem mittleren Blättchen
endet, in Schildkröten.

Von nun an erst fangen die Kiefern bei den gewöhnlichen Säugethieren an,
sich zu verlängern. Bis dahin haben sie ganz kurze Gesichter, und da das Hirn
schon ziemlich entwickelt ist, so haben Schaafe und Schweine von vier Wochen
wahre Menschengesichter, Hunde und Kaninchen verhältniſsmäſsig noch länger.

bb. Verdau-
ungsapparat.

Die Bauchhöhle schlieſst sich zwar später als im Vogel, indem die Bauch-
platten sich nur langsam wieder hinunter neigen, doch ist die gesammte Nabelbil-
dung dieselbe wie dort. Der Speisekanal, auf dieselbe Weise zuerst offen, wird
eben so von beiden Enden aus in einen gleichmäſsigen Kanal verwandelt*). Seine
Verbindung mit dem Dottersacke, Anfangs sehr weit, verengt sich in einen Haut-
nabel, der sich rasch in einen Dottergang auszieht. Der Speisekanal ist wie im
Vogel zuerst gerade, also sehr kurz, in sich gleich, so daſs man eine kurze Zeit
hindurch nicht einmal einen Magen unterscheiden kann. Dann verlängert er sich
etwas, entfernt sich von der Wirbelsäule, besonders in der Mitte, indem sich das
Gekröse hier weit auszieht. Dadurch wird allmählig hier ein scharfer Vorsprung
durch den Darm gebildet, an dessen Spitze der Dottergang sich einsenkt. Dann
ist auch der Magen abgegränzt, obgleich noch lang, in der Richtung des Darmes
der Länge nach stehend und mit der stärksten Wölbung fast ganz nach dem Rücken
gerichtet. Der Speisekanal treibt eben so wie im Vogel Speicheldrüsen, den ge-
sammten Athmungs-Apparat, die Leber des Pankreas und den Harnsack bervor.
Auch der hier unpaarige Blinddarm ist nicht, wie Oken glaubte, ein Rest des
Dotterganges, sonderu er treibt wie im Vogel hinter dem Dottergange hervor.
Ich habe ihn, selbst bei Hufthieren, so klein gesehen, daſs er noch nicht ⅒ Linie
Länge hatte. Er sieht dann wie ein Hügelchen aus. Indessen ist er um diese Zeit
dem Dottergange ziemlich nahe und scheint immer weiter von ihm abzurücken.
Der Grund hiervon liegt darin, daſs der mittlere Theil des Darmes viel stärker

*) Ein Beispiel davon Taf. V. Fig. 1.
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[210/0220] sich nicht in eine dünne Spitze verlängert, die in der Bildung des Vogels die Schnabelbildung charakterisirt. Die beiden Oberkiefer treiben nach innen einen Kamm hervor, welcher sich vereinigend den Gaumen bildet und die Nasenhöhle, oder, da diese durch die Scheidewand getheilt ist, die Nasenhöhlen von der Mund- höhle trennt. Die Vereinigung erfolgt vorn sehr früh, hinten stehen sie ziemlich lang weit von einander ab und so weit fehlt auch die Scheidewand. Deswegen ha- haben Gaumen und Nasenhöhle z. B. in einem Schweinefötus von vier Wochen eine ungemeine, fast vollständige Aehnlichkeit mit der bleibenden Bildung derselben Theile in Eidechsen, oder, da hier der Gaumen mit einem mittleren Blättchen endet, in Schildkröten. Von nun an erst fangen die Kiefern bei den gewöhnlichen Säugethieren an, sich zu verlängern. Bis dahin haben sie ganz kurze Gesichter, und da das Hirn schon ziemlich entwickelt ist, so haben Schaafe und Schweine von vier Wochen wahre Menschengesichter, Hunde und Kaninchen verhältniſsmäſsig noch länger. Die Bauchhöhle schlieſst sich zwar später als im Vogel, indem die Bauch- platten sich nur langsam wieder hinunter neigen, doch ist die gesammte Nabelbil- dung dieselbe wie dort. Der Speisekanal, auf dieselbe Weise zuerst offen, wird eben so von beiden Enden aus in einen gleichmäſsigen Kanal verwandelt *). Seine Verbindung mit dem Dottersacke, Anfangs sehr weit, verengt sich in einen Haut- nabel, der sich rasch in einen Dottergang auszieht. Der Speisekanal ist wie im Vogel zuerst gerade, also sehr kurz, in sich gleich, so daſs man eine kurze Zeit hindurch nicht einmal einen Magen unterscheiden kann. Dann verlängert er sich etwas, entfernt sich von der Wirbelsäule, besonders in der Mitte, indem sich das Gekröse hier weit auszieht. Dadurch wird allmählig hier ein scharfer Vorsprung durch den Darm gebildet, an dessen Spitze der Dottergang sich einsenkt. Dann ist auch der Magen abgegränzt, obgleich noch lang, in der Richtung des Darmes der Länge nach stehend und mit der stärksten Wölbung fast ganz nach dem Rücken gerichtet. Der Speisekanal treibt eben so wie im Vogel Speicheldrüsen, den ge- sammten Athmungs-Apparat, die Leber des Pankreas und den Harnsack bervor. Auch der hier unpaarige Blinddarm ist nicht, wie Oken glaubte, ein Rest des Dotterganges, sonderu er treibt wie im Vogel hinter dem Dottergange hervor. Ich habe ihn, selbst bei Hufthieren, so klein gesehen, daſs er noch nicht ⅒ Linie Länge hatte. Er sieht dann wie ein Hügelchen aus. Indessen ist er um diese Zeit dem Dottergange ziemlich nahe und scheint immer weiter von ihm abzurücken. Der Grund hiervon liegt darin, daſs der mittlere Theil des Darmes viel stärker *) Ein Beispiel davon Taf. V. Fig. 1.

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/220>, abgerufen am 24.11.2024.