lichen Zotten bedeckt. Da ich nun in Kaninchen die äussere zottige Eihaut ganz kleiner Eier vollständig geschlossen fand, etwas später aber, wenn das Ei 2 bis 3 Linien Durchmesser und der Harnsack seine Entwickelung begonnen hatte, den grössten Theil dieser Haut lose aufliegend fand, so dass er sich mit Ausnahme eines kleinen Theiles, mit dem das Ei sich an den Fruchthälter befestigt hatte, abheben liess, so vermuthe ich, dass in den Nagern und Insectenfressern der grösste Theil der äussern Eihaut ganz abgestreift werde, nachdem ein kleiner Theil zur Ausbildung des Fruchtkuchens verwendet ist. Cuvier muss dasselbe, jedoch in etwas späterer Zeit, bei Kaninchen gesehen haben, denn er sagt, das Chorion (d. h. äussere Eihaut) löse sich auf und liege nur wie ein weicher Ueber- zug auf dem übrigen Ei. Ich habe die äussere Haut noch in sich fest, obgleich abgelöst gesehen, weshalb ich allerdings nicht alle Zweifel, dass sie durch die anatomische Operation zerrissen worden, unterdrücken konnte.
Aus allem Angeführten muss ich schliessen, dass das Ei der Säugethiere nur da an seiner Oberfläche Zotten hat, wo noch Reste der ersten äussern Eihaut er- halten sind.
Wir erinnern uns, dass die äussere Eihaut durch Herantritt des Harnsackes Blut erhält und dass bald der gesammte Harnsack, ohne sich in Blätter zu spal- ten, an die äussere Eihaut sich anlegt, wie in den Raubthieren, bald aber das Gefässblatt sich von dem Schleimblatte sondert und allein mit der äussern Eihaut verwächst, wie in den Hufthieren. Es scheint, dass hierbei die Eiweiss-Schicht unter der äussern Eihaut das Blut anzieht; denn so deutlich es ist, dass sich die Gefässe in einem zusammenhängenden Blatte erheben und den Sack der Schleim- haut zurücklassen, so sieht man doch schnell die Gefässe in die Eiweiss-Schicht wuchern, und sehr bald ist das continuirliche Blatt verschwunden, es ist als ob es mit dem Eiweiss verschmölze, was nicht auffallen darf, da die Substanz, die die Gefässe blattförmig verbindet, ja auch nichts anders seyn kann, als wenig mo- dificirtes Eiweiss.
Wo das Gefässblatt sehr wenig oder gar kein Eiweiss vorfindet, wie an der Seite des Amnions, behält es viel länger seine Blattform.
Allein es ist nicht einmal nothwendig, dass zur Bildung des Chorions über- all ein Gefässblatt sich anlegt. Davon liefern gleichfalls die Eier der Hufthiere den Beweis. Der Harnsack liegt bei ihnen neben dem Amnion, ohne es zu um- hüllen. Wenn sich nun das Gefässblatt des Harnsackes löst, so kann es nicht an den ganzen Umfang der äussern Eihaut sich anlegen, dennoch wird diese im ganzen Umfange zum Chorion. Ich habe durch Beobachtung diese Ausbildung verfolgt, weil ich lange über sie in Zweifel blieb, und glaube das Resultat Ihnen
lichen Zotten bedeckt. Da ich nun in Kaninchen die äuſsere zottige Eihaut ganz kleiner Eier vollständig geschlossen fand, etwas später aber, wenn das Ei 2 bis 3 Linien Durchmesser und der Harnsack seine Entwickelung begonnen hatte, den gröſsten Theil dieser Haut lose aufliegend fand, so daſs er sich mit Ausnahme eines kleinen Theiles, mit dem das Ei sich an den Fruchthälter befestigt hatte, abheben lieſs, so vermuthe ich, daſs in den Nagern und Insectenfressern der gröſste Theil der äuſsern Eihaut ganz abgestreift werde, nachdem ein kleiner Theil zur Ausbildung des Fruchtkuchens verwendet ist. Cuvier muſs dasselbe, jedoch in etwas späterer Zeit, bei Kaninchen gesehen haben, denn er sagt, das Chorion (d. h. äuſsere Eihaut) löse sich auf und liege nur wie ein weicher Ueber- zug auf dem übrigen Ei. Ich habe die äuſsere Haut noch in sich fest, obgleich abgelöst gesehen, weshalb ich allerdings nicht alle Zweifel, daſs sie durch die anatomische Operation zerrissen worden, unterdrücken konnte.
Aus allem Angeführten muſs ich schlieſsen, daſs das Ei der Säugethiere nur da an seiner Oberfläche Zotten hat, wo noch Reste der ersten äuſsern Eihaut er- halten sind.
Wir erinnern uns, daſs die äuſsere Eihaut durch Herantritt des Harnsackes Blut erhält und daſs bald der gesammte Harnsack, ohne sich in Blätter zu spal- ten, an die äuſsere Eihaut sich anlegt, wie in den Raubthieren, bald aber das Gefäſsblatt sich von dem Schleimblatte sondert und allein mit der äuſsern Eihaut verwächst, wie in den Hufthieren. Es scheint, daſs hierbei die Eiweiſs-Schicht unter der äuſsern Eihaut das Blut anzieht; denn so deutlich es ist, daſs sich die Gefäſse in einem zusammenhängenden Blatte erheben und den Sack der Schleim- haut zurücklassen, so sieht man doch schnell die Gefäſse in die Eiweiſs-Schicht wuchern, und sehr bald ist das continuirliche Blatt verschwunden, es ist als ob es mit dem Eiweiſs verschmölze, was nicht auffallen darf, da die Substanz, die die Gefäſse blattförmig verbindet, ja auch nichts anders seyn kann, als wenig mo- dificirtes Eiweiſs.
Wo das Gefäſsblatt sehr wenig oder gar kein Eiweiſs vorfindet, wie an der Seite des Amnions, behält es viel länger seine Blattform.
Allein es ist nicht einmal nothwendig, daſs zur Bildung des Chorions über- all ein Gefäſsblatt sich anlegt. Davon liefern gleichfalls die Eier der Hufthiere den Beweis. Der Harnsack liegt bei ihnen neben dem Amnion, ohne es zu um- hüllen. Wenn sich nun das Gefäſsblatt des Harnsackes löst, so kann es nicht an den ganzen Umfang der äuſsern Eihaut sich anlegen, dennoch wird diese im ganzen Umfange zum Chorion. Ich habe durch Beobachtung diese Ausbildung verfolgt, weil ich lange über sie in Zweifel blieb, und glaube das Resultat Ihnen
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[198/0208]
lichen Zotten bedeckt. Da ich nun in Kaninchen die äuſsere zottige Eihaut ganz
kleiner Eier vollständig geschlossen fand, etwas später aber, wenn das Ei 2 bis
3 Linien Durchmesser und der Harnsack seine Entwickelung begonnen hatte, den
gröſsten Theil dieser Haut lose aufliegend fand, so daſs er sich mit Ausnahme
eines kleinen Theiles, mit dem das Ei sich an den Fruchthälter befestigt hatte,
abheben lieſs, so vermuthe ich, daſs in den Nagern und Insectenfressern der
gröſste Theil der äuſsern Eihaut ganz abgestreift werde, nachdem ein kleiner
Theil zur Ausbildung des Fruchtkuchens verwendet ist. Cuvier muſs dasselbe,
jedoch in etwas späterer Zeit, bei Kaninchen gesehen haben, denn er sagt, das
Chorion (d. h. äuſsere Eihaut) löse sich auf und liege nur wie ein weicher Ueber-
zug auf dem übrigen Ei. Ich habe die äuſsere Haut noch in sich fest, obgleich
abgelöst gesehen, weshalb ich allerdings nicht alle Zweifel, daſs sie durch die
anatomische Operation zerrissen worden, unterdrücken konnte.
Aus allem Angeführten muſs ich schlieſsen, daſs das Ei der Säugethiere nur
da an seiner Oberfläche Zotten hat, wo noch Reste der ersten äuſsern Eihaut er-
halten sind.
Wir erinnern uns, daſs die äuſsere Eihaut durch Herantritt des Harnsackes
Blut erhält und daſs bald der gesammte Harnsack, ohne sich in Blätter zu spal-
ten, an die äuſsere Eihaut sich anlegt, wie in den Raubthieren, bald aber das
Gefäſsblatt sich von dem Schleimblatte sondert und allein mit der äuſsern Eihaut
verwächst, wie in den Hufthieren. Es scheint, daſs hierbei die Eiweiſs-Schicht
unter der äuſsern Eihaut das Blut anzieht; denn so deutlich es ist, daſs sich die
Gefäſse in einem zusammenhängenden Blatte erheben und den Sack der Schleim-
haut zurücklassen, so sieht man doch schnell die Gefäſse in die Eiweiſs-Schicht
wuchern, und sehr bald ist das continuirliche Blatt verschwunden, es ist als ob
es mit dem Eiweiſs verschmölze, was nicht auffallen darf, da die Substanz, die
die Gefäſse blattförmig verbindet, ja auch nichts anders seyn kann, als wenig mo-
dificirtes Eiweiſs.
Wo das Gefäſsblatt sehr wenig oder gar kein Eiweiſs vorfindet, wie an
der Seite des Amnions, behält es viel länger seine Blattform.
Allein es ist nicht einmal nothwendig, daſs zur Bildung des Chorions über-
all ein Gefäſsblatt sich anlegt. Davon liefern gleichfalls die Eier der Hufthiere
den Beweis. Der Harnsack liegt bei ihnen neben dem Amnion, ohne es zu um-
hüllen. Wenn sich nun das Gefäſsblatt des Harnsackes löst, so kann es nicht
an den ganzen Umfang der äuſsern Eihaut sich anlegen, dennoch wird diese im
ganzen Umfange zum Chorion. Ich habe durch Beobachtung diese Ausbildung
verfolgt, weil ich lange über sie in Zweifel blieb, und glaube das Resultat Ihnen
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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 2. Königsberg, 1837, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1837/208>, abgerufen am 16.02.2025.
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