oben stieg, später zwei Beugungen macht, zuerst schiesst er aus der Aortenzwie- bel etwas nach vorn, um in den ersten Kiemenbogen zu gelangen, beugt in die- sem dann um, sich nach oben den Kiemenbogen entlang zuwendend. An der Stelle dieser Umbeugung entsteht hierdurch eine sackförmige Erweiterung, welche wie eine vordere kleine Zwiebel aussieht. Sie ist in Pander's Entwickelungsge- schichte Taf. IX. Fig. III. aus einer etwas spätern Zeit (dem 4ten Tage) abgebil- det, in welcher sie gewöhnlich nicht mehr recht kenntlich ist. Nachdem das Gefäss dem ersten Kiemenbogen entlang gestiegen ist, krümmt es sich wieder nach vorn, um die Gegend zu erreichen, die es ursprünglich vor dem Zurücktreten der Kiemenbogen inne hatte, die Decke der Rachenhöhle nämlich. Hier kehrt es scharf um, als Anfang der Aortenwurzel seiner Seite. Aus dieser Umgebung tritt schon im Verlaufe des dritten Tages ein Gefäss in das Hirn. Es kann nur die Kopfschlagader seyn. Dieser vorderste Bogen war, wie wir wissen, der erste, der sich gebildet hatte. Er ist in der ersten Hälfte des dritten Tages der stärkste, erscheint im weitern Verlaufe desselben aber immer schwächer, während der zweite und dritte stärker werden. Am Ende des dritten Tages erkennt man schon mit Mühe im ersten Gefässbogen den Blutstrom, theils weil der erste Kiemen- bogen sich mehr verdickt als die andern und an seinem untern Ende zurundet, da er bestimmt ist, eine besondere Metamorphose einzugehen, theils weil wirklich der Blutstrom an sich schwächer wird, was man daraus erkennt, dass er den An- fang der Aortenwurzel nicht mehr auszufüllen vermag, sondern am Ende dieses Tages der Blutstrom aus dem zweiten Bogen, wo er die Aortenwurzel erreicht, sich theilt, ein Theil des Blutes wendet sich gegen den Stamm der Aorta, ein kleinerer Theil aber läuft rückwärts gegen den Ursprung der Aortenwurzel. So unerwartet es mir erschien, dass in demselben Kanale das Blut erst nach der einen und dann nach der andern Richtung fliesst, so kann ich doch an der Richtigkeit der gegebenen Darstellung nicht zweifeln, weil ich die allmähligen Uebergänge deutlich gesehen habe. Am vierten Tage nämlich verschliesst sich der vordere Gefässbogen, und die Kopfschlagader wird jetzt nur aus der Wurzel der Aorta durch die hintern Bogen mit Blut versorgt. Von der Kopfschlagader wird also nur der obere Theil unmittelbar aus dem ersten Bogen, und zwar aus seiner Umbeugung in die Wurzel der Aorta, gegen den Kopf hervorgetrieben. Der Stamm der Kopf- schlagader ist aber der Anfang der Aortenwurzel selbst.
Während der arterielle Theil des Herzens eine dicke Wandung erhält, bleibtp. Venö- ser Theil des Herzens. der venöse Theil dünnwandig und ist eine wahre Vene, die wir nur wegen der Pulsation und weil sie früher gegen die jetzige Herzkammer gar nicht abgegrenzt war, zum Herzen gerechnet haben. Die Zipfel des Herzens haben wir schon als
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oben stieg, später zwei Beugungen macht, zuerst schieſst er aus der Aortenzwie- bel etwas nach vorn, um in den ersten Kiemenbogen zu gelangen, beugt in die- sem dann um, sich nach oben den Kiemenbogen entlang zuwendend. An der Stelle dieser Umbeugung entsteht hierdurch eine sackförmige Erweiterung, welche wie eine vordere kleine Zwiebel aussieht. Sie ist in Pander’s Entwickelungsge- schichte Taf. IX. Fig. III. aus einer etwas spätern Zeit (dem 4ten Tage) abgebil- det, in welcher sie gewöhnlich nicht mehr recht kenntlich ist. Nachdem das Gefäſs dem ersten Kiemenbogen entlang gestiegen ist, krümmt es sich wieder nach vorn, um die Gegend zu erreichen, die es ursprünglich vor dem Zurücktreten der Kiemenbogen inne hatte, die Decke der Rachenhöhle nämlich. Hier kehrt es scharf um, als Anfang der Aortenwurzel seiner Seite. Aus dieser Umgebung tritt schon im Verlaufe des dritten Tages ein Gefäſs in das Hirn. Es kann nur die Kopfschlagader seyn. Dieser vorderste Bogen war, wie wir wissen, der erste, der sich gebildet hatte. Er ist in der ersten Hälfte des dritten Tages der stärkste, erscheint im weitern Verlaufe desselben aber immer schwächer, während der zweite und dritte stärker werden. Am Ende des dritten Tages erkennt man schon mit Mühe im ersten Gefäſsbogen den Blutstrom, theils weil der erste Kiemen- bogen sich mehr verdickt als die andern und an seinem untern Ende zurundet, da er bestimmt ist, eine besondere Metamorphose einzugehen, theils weil wirklich der Blutstrom an sich schwächer wird, was man daraus erkennt, daſs er den An- fang der Aortenwurzel nicht mehr auszufüllen vermag, sondern am Ende dieses Tages der Blutstrom aus dem zweiten Bogen, wo er die Aortenwurzel erreicht, sich theilt, ein Theil des Blutes wendet sich gegen den Stamm der Aorta, ein kleinerer Theil aber läuft rückwärts gegen den Ursprung der Aortenwurzel. So unerwartet es mir erschien, daſs in demselben Kanale das Blut erst nach der einen und dann nach der andern Richtung flieſst, so kann ich doch an der Richtigkeit der gegebenen Darstellung nicht zweifeln, weil ich die allmähligen Uebergänge deutlich gesehen habe. Am vierten Tage nämlich verschlieſst sich der vordere Gefäſsbogen, und die Kopfschlagader wird jetzt nur aus der Wurzel der Aorta durch die hintern Bogen mit Blut versorgt. Von der Kopfschlagader wird also nur der obere Theil unmittelbar aus dem ersten Bogen, und zwar aus seiner Umbeugung in die Wurzel der Aorta, gegen den Kopf hervorgetrieben. Der Stamm der Kopf- schlagader ist aber der Anfang der Aortenwurzel selbst.
Während der arterielle Theil des Herzens eine dicke Wandung erhält, bleibtp. Venö- ser Theil des Herzens. der venöse Theil dünnwandig und ist eine wahre Vene, die wir nur wegen der Pulsation und weil sie früher gegen die jetzige Herzkammer gar nicht abgegrenzt war, zum Herzen gerechnet haben. Die Zipfel des Herzens haben wir schon als
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oben stieg, später zwei Beugungen macht, zuerst schieſst er aus der Aortenzwie-
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sem dann um, sich nach oben den Kiemenbogen entlang zuwendend. An der Stelle
dieser Umbeugung entsteht hierdurch eine sackförmige Erweiterung, welche wie
eine vordere kleine Zwiebel aussieht. Sie ist in Pander’s Entwickelungsge-
schichte Taf. IX. Fig. III. aus einer etwas spätern Zeit (dem 4ten Tage) abgebil-
det, in welcher sie gewöhnlich nicht mehr recht kenntlich ist. Nachdem das
Gefäſs dem ersten Kiemenbogen entlang gestiegen ist, krümmt es sich wieder nach
vorn, um die Gegend zu erreichen, die es ursprünglich vor dem Zurücktreten
der Kiemenbogen inne hatte, die Decke der Rachenhöhle nämlich. Hier kehrt
es scharf um, als Anfang der Aortenwurzel seiner Seite. Aus dieser Umgebung
tritt schon im Verlaufe des dritten Tages ein Gefäſs in das Hirn. Es kann nur die
Kopfschlagader seyn. Dieser vorderste Bogen war, wie wir wissen, der erste,
der sich gebildet hatte. Er ist in der ersten Hälfte des dritten Tages der stärkste,
erscheint im weitern Verlaufe desselben aber immer schwächer, während der
zweite und dritte stärker werden. Am Ende des dritten Tages erkennt man schon
mit Mühe im ersten Gefäſsbogen den Blutstrom, theils weil der erste Kiemen-
bogen sich mehr verdickt als die andern und an seinem untern Ende zurundet, da
er bestimmt ist, eine besondere Metamorphose einzugehen, theils weil wirklich
der Blutstrom an sich schwächer wird, was man daraus erkennt, daſs er den An-
fang der Aortenwurzel nicht mehr auszufüllen vermag, sondern am Ende dieses
Tages der Blutstrom aus dem zweiten Bogen, wo er die Aortenwurzel erreicht,
sich theilt, ein Theil des Blutes wendet sich gegen den Stamm der Aorta, ein
kleinerer Theil aber läuft rückwärts gegen den Ursprung der Aortenwurzel. So
unerwartet es mir erschien, daſs in demselben Kanale das Blut erst nach der einen
und dann nach der andern Richtung flieſst, so kann ich doch an der Richtigkeit
der gegebenen Darstellung nicht zweifeln, weil ich die allmähligen Uebergänge
deutlich gesehen habe. Am vierten Tage nämlich verschlieſst sich der vordere
Gefäſsbogen, und die Kopfschlagader wird jetzt nur aus der Wurzel der Aorta durch
die hintern Bogen mit Blut versorgt. Von der Kopfschlagader wird also nur der
obere Theil unmittelbar aus dem ersten Bogen, und zwar aus seiner Umbeugung
in die Wurzel der Aorta, gegen den Kopf hervorgetrieben. Der Stamm der Kopf-
schlagader ist aber der Anfang der Aortenwurzel selbst.
Während der arterielle Theil des Herzens eine dicke Wandung erhält, bleibt
der venöse Theil dünnwandig und ist eine wahre Vene, die wir nur wegen der
Pulsation und weil sie früher gegen die jetzige Herzkammer gar nicht abgegrenzt
war, zum Herzen gerechnet haben. Die Zipfel des Herzens haben wir schon als
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ser Theil des
Herzens.
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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1828/87>, abgerufen am 16.07.2024.
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