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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828.

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Spitze sich um sich selbst umgeschlagen hat. Jetzt ist noch der Embryo ziemlich
symmetrisch, doch ragt das hintere umgeschlagene Ende der Dottermasse ein klein
wenig nach rechts vor. Es gelang schon eine Zergliederung mit spitzen Nadeln
unter dem Microscope einigermassen und liess einen engen vordern Theil des Darm-
kanales erkennen, der vom Kopfende nach dem hintern Ende fortlief und hier mit
plötzlicher Erweiterung, die nur zu leicht abreisst, in die grosszellige Masse über-
zugehen schien. Es ist mir nicht recht erinnerlich, ob es schon um diese Zeit,
oder wie es mir wahrscheinlicher ist, etwas später war, wo ich einen vordern
Theil des Darmes mit dem deutlich erkennbaren Magen ausarbeitete und hinter
dem Magen den Darm von der erweiterten Stelle abriss.

Es braucht kaum erzählt zu werden, wie das hintere Ende nun immer
mehr nach rechts geschoben wird und sich aufwindet, wobei sich die Schaale
verdickt und undurchsichtiger wird. In der zweiten Hälfte des Eilebens lässt sich
der ganze Darmkanal, der bis auf den Magen ziemlich gleich eng ist, ausarbeiten.
Er liegt nun im hintern Theile nicht mehr eng der äussern Bekleidung an, son-
dern zwischen beiden ist eine sehr weiche Masse, an der ich keine Structur er-
kennen konnte.

Man sieht leicht ein, was ich aus diesen Beobachtungen zu folgern geneigt
bin. Es scheint mir, dass der Dotter von einem Keime umschlossen wird, dass
dieser Keim, wie überall, das künftige Thier selbst ist, welches den Dotter als
Nahrungsstoff umschliesst und eben deshalb die ganze Dotterkugel nichts ist, als
ein Embryo mit grosser verdauender Höhle. Im sackförmigen Keime erscheint
entweder schon bei der Geburt oder sehr bald nach derselben eine hellere Stelle,
durch welche man in den Dotter hineinsieht, und welche dadurch erkennen lässt,
dass das Innere der Dotterkugel weniger dunkel ist, als der grösste Theil der Ober-
fläche (des Keimes), und eben deshalb den Unterschied zwischen Keim und der
übrigen Dottermasse bemerklich macht. Die helle Stelle ist mit dem Fruchthofe
in der Keimhaut des Vogels in so fern verwandt, als diese einen eben solchen Ge-
gensatz zu dem körnigen Gefässhofe und Dotterhofe offenbart, wie die helle und
glatte Stelle zu dem grössern dunklern und körnigen Theile des Keimes im
Schneckenei. Darin ist aber ein Unterschied, dass in dem Fruchthofe des Vogel-
eies der Embryo sich bildet und erst sehr spät der Gefässhof in den Embryo mit
aufgenommen wird. In der Schnecke aber wird der dunkle Theil des Keimes
gleich aufangs Leibestheil, und zwar nicht ein umhüllter, sondern ein umhüllen-
der. -- Der ganze sackförmige Keim sondert sich dann in zwei Hauptschichten,
eine äussere animalische und eine innere plastische Schicht. Die letztere bleibt
nun unmittelbare Hülle des Dotters und wird die Haut des verdauenden Kanales,

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Spitze sich um sich selbst umgeschlagen hat. Jetzt ist noch der Embryo ziemlich
symmetrisch, doch ragt das hintere umgeschlagene Ende der Dottermasse ein klein
wenig nach rechts vor. Es gelang schon eine Zergliederung mit spitzen Nadeln
unter dem Microscope einigermaſsen und lieſs einen engen vordern Theil des Darm-
kanales erkennen, der vom Kopfende nach dem hintern Ende fortlief und hier mit
plötzlicher Erweiterung, die nur zu leicht abreiſst, in die groſszellige Masse über-
zugehen schien. Es ist mir nicht recht erinnerlich, ob es schon um diese Zeit,
oder wie es mir wahrscheinlicher ist, etwas später war, wo ich einen vordern
Theil des Darmes mit dem deutlich erkennbaren Magen ausarbeitete und hinter
dem Magen den Darm von der erweiterten Stelle abriſs.

Es braucht kaum erzählt zu werden, wie das hintere Ende nun immer
mehr nach rechts geschoben wird und sich aufwindet, wobei sich die Schaale
verdickt und undurchsichtiger wird. In der zweiten Hälfte des Eilebens läſst sich
der ganze Darmkanal, der bis auf den Magen ziemlich gleich eng ist, ausarbeiten.
Er liegt nun im hintern Theile nicht mehr eng der äuſsern Bekleidung an, son-
dern zwischen beiden ist eine sehr weiche Masse, an der ich keine Structur er-
kennen konnte.

Man sieht leicht ein, was ich aus diesen Beobachtungen zu folgern geneigt
bin. Es scheint mir, daſs der Dotter von einem Keime umschlossen wird, daſs
dieser Keim, wie überall, das künftige Thier selbst ist, welches den Dotter als
Nahrungsstoff umschlieſst und eben deshalb die ganze Dotterkugel nichts ist, als
ein Embryo mit groſser verdauender Höhle. Im sackförmigen Keime erscheint
entweder schon bei der Geburt oder sehr bald nach derselben eine hellere Stelle,
durch welche man in den Dotter hineinsieht, und welche dadurch erkennen läſst,
daſs das Innere der Dotterkugel weniger dunkel ist, als der gröſste Theil der Ober-
fläche (des Keimes), und eben deshalb den Unterschied zwischen Keim und der
übrigen Dottermasse bemerklich macht. Die helle Stelle ist mit dem Fruchthofe
in der Keimhaut des Vogels in so fern verwandt, als diese einen eben solchen Ge-
gensatz zu dem körnigen Gefäſshofe und Dotterhofe offenbart, wie die helle und
glatte Stelle zu dem gröſsern dunklern und körnigen Theile des Keimes im
Schneckenei. Darin ist aber ein Unterschied, daſs in dem Fruchthofe des Vogel-
eies der Embryo sich bildet und erst sehr spät der Gefäſshof in den Embryo mit
aufgenommen wird. In der Schnecke aber wird der dunkle Theil des Keimes
gleich aufangs Leibestheil, und zwar nicht ein umhüllter, sondern ein umhüllen-
der. — Der ganze sackförmige Keim sondert sich dann in zwei Hauptschichten,
eine äuſsere animalische und eine innere plastische Schicht. Die letztere bleibt
nun unmittelbare Hülle des Dotters und wird die Haut des verdauenden Kanales,

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[256/0288] Spitze sich um sich selbst umgeschlagen hat. Jetzt ist noch der Embryo ziemlich symmetrisch, doch ragt das hintere umgeschlagene Ende der Dottermasse ein klein wenig nach rechts vor. Es gelang schon eine Zergliederung mit spitzen Nadeln unter dem Microscope einigermaſsen und lieſs einen engen vordern Theil des Darm- kanales erkennen, der vom Kopfende nach dem hintern Ende fortlief und hier mit plötzlicher Erweiterung, die nur zu leicht abreiſst, in die groſszellige Masse über- zugehen schien. Es ist mir nicht recht erinnerlich, ob es schon um diese Zeit, oder wie es mir wahrscheinlicher ist, etwas später war, wo ich einen vordern Theil des Darmes mit dem deutlich erkennbaren Magen ausarbeitete und hinter dem Magen den Darm von der erweiterten Stelle abriſs. Es braucht kaum erzählt zu werden, wie das hintere Ende nun immer mehr nach rechts geschoben wird und sich aufwindet, wobei sich die Schaale verdickt und undurchsichtiger wird. In der zweiten Hälfte des Eilebens läſst sich der ganze Darmkanal, der bis auf den Magen ziemlich gleich eng ist, ausarbeiten. Er liegt nun im hintern Theile nicht mehr eng der äuſsern Bekleidung an, son- dern zwischen beiden ist eine sehr weiche Masse, an der ich keine Structur er- kennen konnte. Man sieht leicht ein, was ich aus diesen Beobachtungen zu folgern geneigt bin. Es scheint mir, daſs der Dotter von einem Keime umschlossen wird, daſs dieser Keim, wie überall, das künftige Thier selbst ist, welches den Dotter als Nahrungsstoff umschlieſst und eben deshalb die ganze Dotterkugel nichts ist, als ein Embryo mit groſser verdauender Höhle. Im sackförmigen Keime erscheint entweder schon bei der Geburt oder sehr bald nach derselben eine hellere Stelle, durch welche man in den Dotter hineinsieht, und welche dadurch erkennen läſst, daſs das Innere der Dotterkugel weniger dunkel ist, als der gröſste Theil der Ober- fläche (des Keimes), und eben deshalb den Unterschied zwischen Keim und der übrigen Dottermasse bemerklich macht. Die helle Stelle ist mit dem Fruchthofe in der Keimhaut des Vogels in so fern verwandt, als diese einen eben solchen Ge- gensatz zu dem körnigen Gefäſshofe und Dotterhofe offenbart, wie die helle und glatte Stelle zu dem gröſsern dunklern und körnigen Theile des Keimes im Schneckenei. Darin ist aber ein Unterschied, daſs in dem Fruchthofe des Vogel- eies der Embryo sich bildet und erst sehr spät der Gefäſshof in den Embryo mit aufgenommen wird. In der Schnecke aber wird der dunkle Theil des Keimes gleich aufangs Leibestheil, und zwar nicht ein umhüllter, sondern ein umhüllen- der. — Der ganze sackförmige Keim sondert sich dann in zwei Hauptschichten, eine äuſsere animalische und eine innere plastische Schicht. Die letztere bleibt nun unmittelbare Hülle des Dotters und wird die Haut des verdauenden Kanales, wäh-

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1828/288>, abgerufen am 26.11.2024.