Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828.

Bild:
<< vorherige Seite

chung des Eies der Vögel und der Säugethiere gegeben werden. Für Männer
vom Fache werde ich noch eine oder die andre Abhandlung hinzufügen, viel-
leicht auch eine bereits ausgearbeitete, aber vorläufig noch zurückgelegte, in
welcher ich versuche, dem Grunde der verschiedenen Organisations-Typen nä-
her zu treten.

Doch schon zu viel, wenn auch nicht dem Freunde, doch wohl jedem
Andern. Mögen Dir diese Blätter eine lebendige Erinnerung an glückliche
Tage seyn! Was ich im Anfange erzählte, brauchte ich freilich Deinem Ge-
dächtnisse nicht zurückzurufen, allein ich glaubte es unter Deiner Adresse
öffentlich berichten zu müssen, weil ich im frohen Gefühle, eine Veranlas-
sung zu den Würzburger Untersuchungen gegeben zu haben, in einer Druck-
schrift öffentlich gesagt habe, ich hätte eine "ansam qualemcunque" dazu
geboten. Da könnte ein Glossenmacher glauben, ich hätte mehr Verdienste
um dieselben, als ich habe, nämlich gar keine.

Ein Anderes habe ich aber noch Dir und dem Würzburger Trium-
virate zu sagen. Indem ich die nachfolgende Erzählung über die Entwicke-
lungsgeschichte des Hühnchens nochmals durchlese, finde ich, zu eigner
Ueberraschung, dass ich Deiner Darstellung mehrmals widersprochen habe,
obgleich ich nichts weniger im Sinne hatte, als einen Commentar, sey er
widerlegend oder bestätigend, über frühere Arbeiten zu schreiben. Habe ich
etwa Eure Leistungen herabsetzen wollen? Dann müsste ich verkannt haben,
wie viel ich Euren Untersuchungen für die eigenen verdanke. -- Oder ist es
meine Absicht gewesen, durch Widerspruch gegen meine Vorgänger mir einen
Schimmer zu erborgen? Dann hätte ich von Maipighi bis auf die neueste
Zeit wohl reichlichern Stoff finden können.

Nur der Wunsch hat mich immer beseelt, die Vorgänge der Entwicke-
lung, wie sie mir erschionen sind, überzeugend darzustellen. Deswegen
musste ich, wo ich solchen Lehren, die vielfach in die Wissenschaft über-
gegangen sind und die mir nicht begründet schienen, bestimmt widersprechen,

chung des Eies der Vögel und der Säugethiere gegeben werden. Für Männer
vom Fache werde ich noch eine oder die andre Abhandlung hinzufügen, viel-
leicht auch eine bereits ausgearbeitete, aber vorläufig noch zurückgelegte, in
welcher ich versuche, dem Grunde der verschiedenen Organisations-Typen nä-
her zu treten.

Doch schon zu viel, wenn auch nicht dem Freunde, doch wohl jedem
Andern. Mögen Dir diese Blätter eine lebendige Erinnerung an glückliche
Tage seyn! Was ich im Anfange erzählte, brauchte ich freilich Deinem Ge-
dächtnisse nicht zurückzurufen, allein ich glaubte es unter Deiner Adresse
öffentlich berichten zu müssen, weil ich im frohen Gefühle, eine Veranlas-
sung zu den Würzburger Untersuchungen gegeben zu haben, in einer Druck-
schrift öffentlich gesagt habe, ich hätte eine „ansam qualemcunque” dazu
geboten. Da könnte ein Glossenmacher glauben, ich hätte mehr Verdienste
um dieselben, als ich habe, nämlich gar keine.

Ein Anderes habe ich aber noch Dir und dem Würzburger Trium-
virate zu sagen. Indem ich die nachfolgende Erzählung über die Entwicke-
lungsgeschichte des Hühnchens nochmals durchlese, finde ich, zu eigner
Ueberraschung, daſs ich Deiner Darstellung mehrmals widersprochen habe,
obgleich ich nichts weniger im Sinne hatte, als einen Commentar, sey er
widerlegend oder bestätigend, über frühere Arbeiten zu schreiben. Habe ich
etwa Eure Leistungen herabsetzen wollen? Dann müſste ich verkannt haben,
wie viel ich Euren Untersuchungen für die eigenen verdanke. — Oder ist es
meine Absicht gewesen, durch Widerspruch gegen meine Vorgänger mir einen
Schimmer zu erborgen? Dann hätte ich von Maipighi bis auf die neueste
Zeit wohl reichlichern Stoff finden können.

Nur der Wunsch hat mich immer beseelt, die Vorgänge der Entwicke-
lung, wie sie mir erschionen sind, überzeugend darzustellen. Deswegen
muſste ich, wo ich solchen Lehren, die vielfach in die Wissenschaft über-
gegangen sind und die mir nicht begründet schienen, bestimmt widersprechen,

<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0026" n="XX"/>
chung des Eies der Vögel und der Säugethiere gegeben werden. Für Männer<lb/>
vom Fache werde ich noch eine oder die andre Abhandlung hinzufügen, viel-<lb/>
leicht auch eine bereits ausgearbeitete, aber vorläufig noch zurückgelegte, in<lb/>
welcher ich versuche, dem Grunde der verschiedenen Organisations-Typen nä-<lb/>
her zu treten.</p><lb/>
        <p>Doch schon zu viel, wenn auch nicht dem Freunde, doch wohl jedem<lb/>
Andern. Mögen Dir diese Blätter eine lebendige Erinnerung an glückliche<lb/>
Tage seyn! Was ich im Anfange erzählte, brauchte ich freilich Deinem Ge-<lb/>
dächtnisse nicht zurückzurufen, allein ich glaubte es unter Deiner Adresse<lb/>
öffentlich berichten zu müssen, weil ich im frohen Gefühle, eine Veranlas-<lb/>
sung zu den Würzburger Untersuchungen gegeben zu haben, in einer Druck-<lb/>
schrift öffentlich gesagt habe, ich hätte eine <hi rendition="#i">&#x201E;ansam qualemcunque&#x201D;</hi> dazu<lb/>
geboten. Da könnte ein Glossenmacher glauben, ich hätte mehr Verdienste<lb/>
um dieselben, als ich habe, nämlich gar keine.</p><lb/>
        <p>Ein Anderes habe ich aber noch Dir und dem Würzburger Trium-<lb/>
virate zu sagen. Indem ich die nachfolgende Erzählung über die Entwicke-<lb/>
lungsgeschichte des Hühnchens nochmals durchlese, finde ich, zu eigner<lb/>
Ueberraschung, da&#x017F;s ich Deiner Darstellung mehrmals widersprochen habe,<lb/>
obgleich ich nichts weniger im Sinne hatte, als einen Commentar, sey er<lb/>
widerlegend oder bestätigend, über frühere Arbeiten zu schreiben. Habe ich<lb/>
etwa Eure Leistungen herabsetzen wollen? Dann mü&#x017F;ste ich verkannt haben,<lb/>
wie viel ich Euren Untersuchungen für die eigenen verdanke. &#x2014; Oder ist es<lb/>
meine Absicht gewesen, durch Widerspruch gegen meine Vorgänger mir einen<lb/>
Schimmer zu erborgen? Dann hätte ich von <hi rendition="#g">Maipighi</hi> bis auf die neueste<lb/>
Zeit wohl reichlichern Stoff finden können.</p><lb/>
        <p>Nur der Wunsch hat mich immer beseelt, die Vorgänge der Entwicke-<lb/>
lung, wie sie mir erschionen sind, überzeugend darzustellen. Deswegen<lb/>
mu&#x017F;ste ich, wo ich solchen Lehren, die vielfach in die Wissenschaft über-<lb/>
gegangen sind und die mir nicht begründet schienen, bestimmt widersprechen,<lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[XX/0026] chung des Eies der Vögel und der Säugethiere gegeben werden. Für Männer vom Fache werde ich noch eine oder die andre Abhandlung hinzufügen, viel- leicht auch eine bereits ausgearbeitete, aber vorläufig noch zurückgelegte, in welcher ich versuche, dem Grunde der verschiedenen Organisations-Typen nä- her zu treten. Doch schon zu viel, wenn auch nicht dem Freunde, doch wohl jedem Andern. Mögen Dir diese Blätter eine lebendige Erinnerung an glückliche Tage seyn! Was ich im Anfange erzählte, brauchte ich freilich Deinem Ge- dächtnisse nicht zurückzurufen, allein ich glaubte es unter Deiner Adresse öffentlich berichten zu müssen, weil ich im frohen Gefühle, eine Veranlas- sung zu den Würzburger Untersuchungen gegeben zu haben, in einer Druck- schrift öffentlich gesagt habe, ich hätte eine „ansam qualemcunque” dazu geboten. Da könnte ein Glossenmacher glauben, ich hätte mehr Verdienste um dieselben, als ich habe, nämlich gar keine. Ein Anderes habe ich aber noch Dir und dem Würzburger Trium- virate zu sagen. Indem ich die nachfolgende Erzählung über die Entwicke- lungsgeschichte des Hühnchens nochmals durchlese, finde ich, zu eigner Ueberraschung, daſs ich Deiner Darstellung mehrmals widersprochen habe, obgleich ich nichts weniger im Sinne hatte, als einen Commentar, sey er widerlegend oder bestätigend, über frühere Arbeiten zu schreiben. Habe ich etwa Eure Leistungen herabsetzen wollen? Dann müſste ich verkannt haben, wie viel ich Euren Untersuchungen für die eigenen verdanke. — Oder ist es meine Absicht gewesen, durch Widerspruch gegen meine Vorgänger mir einen Schimmer zu erborgen? Dann hätte ich von Maipighi bis auf die neueste Zeit wohl reichlichern Stoff finden können. Nur der Wunsch hat mich immer beseelt, die Vorgänge der Entwicke- lung, wie sie mir erschionen sind, überzeugend darzustellen. Deswegen muſste ich, wo ich solchen Lehren, die vielfach in die Wissenschaft über- gegangen sind und die mir nicht begründet schienen, bestimmt widersprechen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1828/26
Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828, S. XX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1828/26>, abgerufen am 21.11.2024.