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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828.

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ren seyn. In dem eigentlichen Keimzustande ist aber wahrscheinlich Ueberein-
stimmung unter allen Embryonen, die aus einem wahren Eie sich entwickeln.
Hierin liegt ein wesentlicher Grund, den Keim für das Thier selbst anzusehen
(Schol. II.). Wenn im Keime des Vogels der Primitivstreifen sich bildet, so sind
wir zwar geneigt zu sagen: jetzt fängt der Embryo an. Im Grunde ist dieses aber
nur der Moment, wo für den Keim der Typus der Wirbelthiere auftritt, denn der
Primitivstreifen ist keinesweges der ganze Embryo, da die Theile, die sich zu
den Bauchplatten umbilden, offenbar neben ihm im Keime liegen. Es ist nur der
Theil des Keimes, der zuerst individuelle Bildung annimmt. Eine sogenannte
Keimhaut ist aber in den Eiern der gegliederten Thiere ganz deutlich sichtbar.
Sie ist in den Mollusken fast gewiss, denn das Ei der Schnecken hat eine ungleiche
Färbung der Oberfläche. Ueberdiess habe ich die Keimschicht und das Keim-
bläschen, die Vorgänger des Keimes, deutlich gesehen. Deshalb ist es mir sehr
wahrscheinlich, dass alle wahren Eier einen gesonderten Keim haben.

Je weiter wir also in der Entwickelung zurück gehen, um desto mehr fin-e. Beim er-
sten Auftre-
ten sind viel-
leicht alle
Thiere
gleich und
nur hohle
Kugeln.

den wir auch in sehr verschiedenen Thieren eine Uebereinstimmung. Wir wer-
den hierdurch zu der Frage geführt: ob nicht im Beginne der Entwickelung alle
Thiere im Wesentlichen sich gleich sind, und ob nicht für alle eine gemeinschaft-
liche Urform besteht? Wir haben so eben bemerkt, dass allen wirklichen Eiern
ein gesonderter blattförmiger Keim zuzukommen scheint. Ein solcher scheint den
Keimkörnern, so weit wir ihre Entwickelung kennen, zu fehlen. Sie scheinen
ursprünglich solide; indessen wäre es immer möglich, dass sie schon beim Ablö-
sen von der Mutter eine innere Höhlung haben, ähnlich der Centralhöhle im Dot-
ter, welche nur wegen der Dicke der zuweilen ziemlich dunklen Wandung dem
Microscope entgeht. Gesetzt aber auch, sie wären anfangs solide und würden
dann hohl, wie es mir an Keimkörnern von Cercarien und Bucephalen schien *),
so erkennen wir doch, dass der erste Act ihrer selbstständigen Lebendigkeit in
der Aushöhlung besteht, wodurch sie zu hohlen, dickwandigen Blasen werden.
Der Keim im Eie ist nach Schol. II. c. auch als eine Blase zu betrachten, welche
im Vogeleie zwar nur allmählig den Dotter umwächst, aber schon anfangs durch
die Dotterhaut in der Umhüllung ergänzt wird, im Froscheie schon die Blasenform
hat, ehe der Typus der Wirbelthiere auftritt, ja im Säugethiere vom Anfange an
die geringe Dottermasse schon zu umgeben scheint **). Da der Keim aber das

*) Nova Acta Acad C. L. C. Nat. cur. Vol. XIII. T. 2. p. 653.
**) Heusinger's Zeitschrift für organische Physik. Bd. II. S. 173.

ren seyn. In dem eigentlichen Keimzustande ist aber wahrscheinlich Ueberein-
stimmung unter allen Embryonen, die aus einem wahren Eie sich entwickeln.
Hierin liegt ein wesentlicher Grund, den Keim für das Thier selbst anzusehen
(Schol. II.). Wenn im Keime des Vogels der Primitivstreifen sich bildet, so sind
wir zwar geneigt zu sagen: jetzt fängt der Embryo an. Im Grunde ist dieses aber
nur der Moment, wo für den Keim der Typus der Wirbelthiere auftritt, denn der
Primitivstreifen ist keinesweges der ganze Embryo, da die Theile, die sich zu
den Bauchplatten umbilden, offenbar neben ihm im Keime liegen. Es ist nur der
Theil des Keimes, der zuerst individuelle Bildung annimmt. Eine sogenannte
Keimhaut ist aber in den Eiern der gegliederten Thiere ganz deutlich sichtbar.
Sie ist in den Mollusken fast gewiſs, denn das Ei der Schnecken hat eine ungleiche
Färbung der Oberfläche. Ueberdieſs habe ich die Keimschicht und das Keim-
bläschen, die Vorgänger des Keimes, deutlich gesehen. Deshalb ist es mir sehr
wahrscheinlich, daſs alle wahren Eier einen gesonderten Keim haben.

Je weiter wir also in der Entwickelung zurück gehen, um desto mehr fin-e. Beim er-
sten Auftre-
ten sind viel-
leicht alle
Thiere
gleich und
nur hohle
Kugeln.

den wir auch in sehr verschiedenen Thieren eine Uebereinstimmung. Wir wer-
den hierdurch zu der Frage geführt: ob nicht im Beginne der Entwickelung alle
Thiere im Wesentlichen sich gleich sind, und ob nicht für alle eine gemeinschaft-
liche Urform besteht? Wir haben so eben bemerkt, daſs allen wirklichen Eiern
ein gesonderter blattförmiger Keim zuzukommen scheint. Ein solcher scheint den
Keimkörnern, so weit wir ihre Entwickelung kennen, zu fehlen. Sie scheinen
ursprünglich solide; indessen wäre es immer möglich, daſs sie schon beim Ablö-
sen von der Mutter eine innere Höhlung haben, ähnlich der Centralhöhle im Dot-
ter, welche nur wegen der Dicke der zuweilen ziemlich dunklen Wandung dem
Microscope entgeht. Gesetzt aber auch, sie wären anfangs solide und würden
dann hohl, wie es mir an Keimkörnern von Cercarien und Bucephalen schien *),
so erkennen wir doch, daſs der erste Act ihrer selbstständigen Lebendigkeit in
der Aushöhlung besteht, wodurch sie zu hohlen, dickwandigen Blasen werden.
Der Keim im Eie ist nach Schol. II. c. auch als eine Blase zu betrachten, welche
im Vogeleie zwar nur allmählig den Dotter umwächst, aber schon anfangs durch
die Dotterhaut in der Umhüllung ergänzt wird, im Froscheie schon die Blasenform
hat, ehe der Typus der Wirbelthiere auftritt, ja im Säugethiere vom Anfange an
die geringe Dottermasse schon zu umgeben scheint **). Da der Keim aber das

*) Nova Acta Acad C. L. C. Nat. cur. Vol. XIII. T. 2. p. 653.
**) Heusinger’s Zeitschrift für organische Physik. Bd. II. S. 173.
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[223/0253] ren seyn. In dem eigentlichen Keimzustande ist aber wahrscheinlich Ueberein- stimmung unter allen Embryonen, die aus einem wahren Eie sich entwickeln. Hierin liegt ein wesentlicher Grund, den Keim für das Thier selbst anzusehen (Schol. II.). Wenn im Keime des Vogels der Primitivstreifen sich bildet, so sind wir zwar geneigt zu sagen: jetzt fängt der Embryo an. Im Grunde ist dieses aber nur der Moment, wo für den Keim der Typus der Wirbelthiere auftritt, denn der Primitivstreifen ist keinesweges der ganze Embryo, da die Theile, die sich zu den Bauchplatten umbilden, offenbar neben ihm im Keime liegen. Es ist nur der Theil des Keimes, der zuerst individuelle Bildung annimmt. Eine sogenannte Keimhaut ist aber in den Eiern der gegliederten Thiere ganz deutlich sichtbar. Sie ist in den Mollusken fast gewiſs, denn das Ei der Schnecken hat eine ungleiche Färbung der Oberfläche. Ueberdieſs habe ich die Keimschicht und das Keim- bläschen, die Vorgänger des Keimes, deutlich gesehen. Deshalb ist es mir sehr wahrscheinlich, daſs alle wahren Eier einen gesonderten Keim haben. Je weiter wir also in der Entwickelung zurück gehen, um desto mehr fin- den wir auch in sehr verschiedenen Thieren eine Uebereinstimmung. Wir wer- den hierdurch zu der Frage geführt: ob nicht im Beginne der Entwickelung alle Thiere im Wesentlichen sich gleich sind, und ob nicht für alle eine gemeinschaft- liche Urform besteht? Wir haben so eben bemerkt, daſs allen wirklichen Eiern ein gesonderter blattförmiger Keim zuzukommen scheint. Ein solcher scheint den Keimkörnern, so weit wir ihre Entwickelung kennen, zu fehlen. Sie scheinen ursprünglich solide; indessen wäre es immer möglich, daſs sie schon beim Ablö- sen von der Mutter eine innere Höhlung haben, ähnlich der Centralhöhle im Dot- ter, welche nur wegen der Dicke der zuweilen ziemlich dunklen Wandung dem Microscope entgeht. Gesetzt aber auch, sie wären anfangs solide und würden dann hohl, wie es mir an Keimkörnern von Cercarien und Bucephalen schien *), so erkennen wir doch, daſs der erste Act ihrer selbstständigen Lebendigkeit in der Aushöhlung besteht, wodurch sie zu hohlen, dickwandigen Blasen werden. Der Keim im Eie ist nach Schol. II. c. auch als eine Blase zu betrachten, welche im Vogeleie zwar nur allmählig den Dotter umwächst, aber schon anfangs durch die Dotterhaut in der Umhüllung ergänzt wird, im Froscheie schon die Blasenform hat, ehe der Typus der Wirbelthiere auftritt, ja im Säugethiere vom Anfange an die geringe Dottermasse schon zu umgeben scheint **). Da der Keim aber das e. Beim er- sten Auftre- ten sind viel- leicht alle Thiere gleich und nur hohle Kugeln. *) Nova Acta Acad C. L. C. Nat. cur. Vol. XIII. T. 2. p. 653. **) Heusinger’s Zeitschrift für organische Physik. Bd. II. S. 173.

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Zitationshilfe: Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1828/253>, abgerufen am 22.11.2024.