Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828.Zustande. Die Vierhügel sind nicht herabgetreten, der Riechkolben ist hohl und 5) Wir müssten die Organe oder grössern Apparate auf dieselbe Weise, 6) Endlich müssten solche Theile, die nur den höheren Thieren zukom- Doch diese Bemerkung führt uns unsrer Aufgabe näher, und so soll denn §. 3. a. Stufe derUeber das gegenseitige Verhältniss der verschiedenen bleibenden Thierformen. organischen Ausbildung. Um das wesentliche Verhältniss der Formumwandlung in der Ausbildung Zustande. Die Vierhügel sind nicht herabgetreten, der Riechkolben ist hohl und 5) Wir müſsten die Organe oder gröſsern Apparate auf dieselbe Weise, 6) Endlich müſsten solche Theile, die nur den höheren Thieren zukom- Doch diese Bemerkung führt uns unsrer Aufgabe näher, und so soll denn §. 3. a. Stufe derUeber das gegenseitige Verhältniſs der verschiedenen bleibenden Thierformen. organischen Ausbildung. Um das wesentliche Verhältniſs der Formumwandlung in der Ausbildung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0236" n="206"/> Zustande. Die Vierhügel sind nicht herabgetreten, der Riechkolben ist hohl und<lb/> dick; es ist sogar eine Art Gewölbe da. Die Fuſswurzel der Vögel bildet sich aus<lb/> mehreren Knorpeln zu einem einzigen Knochen. Die Augen stehen im Hühnchen<lb/> anfänglich näher zusammen, als später, und geben ihm ein Menschengesicht. —<lb/> Junge Eidechsen besitzen ein sehr groſses Hirn. Die Froschlarve hat einen wah-<lb/> ren Schnabel, wie die Vögel, und vor dem Verluste des Schwanzes einen so langen<lb/> Darm, wie es nur in einigen Formen von Säugethieren bleibend ist. Die Frosch-<lb/> larve ist im ersten Anfange ungeschwänzt, ein Verhältniſs, das nur in den höch-<lb/> sten Formen der Säugethiere vorkommt, denn selbst der erwachsene Frosch hat<lb/> einen innern Schwanz, wie man den langen Schwanzwirbel nennen muſs. — Die<lb/> Tausendfüſse, die Milben und Hydrachnen haben, wenn sie aus dem Eie krie-<lb/> chen, nur drei Paar Füſse, wie die Insecten mit Metamorphose im ausgebildeten<lb/> Zustande. Wollte man nun auch die Arachniden meiner Ueberzeugung zuwider<lb/> für höher entwickelt anschn, als die wahren Insecten, so wird doch Jedermann<lb/> eingestehen, daſs die Insecten mit Metamorphose höhere Ausbildungen der My-<lb/> riapoden sind. Solche Beispiele dürften gar nicht vorkommen, wenn die Entwik-<lb/> kelung der höhern Thierformen in einem Durchbilden durch die niedern bestünde.</p><lb/> <p>5) Wir müſsten die Organe oder gröſsern Apparate auf dieselbe Weise,<lb/> wie sie im Embryo höherer Thiere sich ausbilden, auch in den verschiedenen<lb/> Thierklassen, wenn wir diese als aus einander entwickelt zusammenstellen, er-<lb/> scheinen sehen. Das ist lange nicht immer der Fall. Die hintere Extremität ist<lb/> in den meisten Fischen nur in ihrem Endgliede vollkommen, im Embryo höherer<lb/> Thiere bildet sich das Wurzelglied zuerst.</p><lb/> <p>6) Endlich müſsten solche Theile, die nur den höheren Thieren zukom-<lb/> men, in der Entwickelung derselben sehr spät auftreten. Das ist durchaus nicht<lb/> der Fall. Einige Theile der Wirbelsäule, der Stamm derselben und die Wirbel-<lb/> bogen sind im Hühnchen früher da, als irgend ein anderer Theil. Wie kann das<lb/> Hühnchen nun jemals Aehnlichkeit mit einem wirbellosen Thiere haben?</p><lb/> <p>Doch diese Bemerkung führt uns unsrer Aufgabe näher, und so soll denn<lb/> hier der Versuch gemacht werden, das wahre Verhältniſs aufzufinden.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 3.<lb/><hi rendition="#i">Ueber das gegenseitige Verhältniſs der verschiedenen bleibenden Thierformen.</hi></head><lb/> <note place="left"><hi rendition="#i">a.</hi> Stufe der<lb/> organischen<lb/> Ausbildung.</note> <p>Um das wesentliche Verhältniſs der Formumwandlung in der Ausbildung<lb/> des Individuums aufzusuchen, muſs ich vorher einen Blick auf die verschiedenen<lb/> Thierformen werfen. Ich habe diesen Gegenstand zwar schon an einem andern<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [206/0236]
Zustande. Die Vierhügel sind nicht herabgetreten, der Riechkolben ist hohl und
dick; es ist sogar eine Art Gewölbe da. Die Fuſswurzel der Vögel bildet sich aus
mehreren Knorpeln zu einem einzigen Knochen. Die Augen stehen im Hühnchen
anfänglich näher zusammen, als später, und geben ihm ein Menschengesicht. —
Junge Eidechsen besitzen ein sehr groſses Hirn. Die Froschlarve hat einen wah-
ren Schnabel, wie die Vögel, und vor dem Verluste des Schwanzes einen so langen
Darm, wie es nur in einigen Formen von Säugethieren bleibend ist. Die Frosch-
larve ist im ersten Anfange ungeschwänzt, ein Verhältniſs, das nur in den höch-
sten Formen der Säugethiere vorkommt, denn selbst der erwachsene Frosch hat
einen innern Schwanz, wie man den langen Schwanzwirbel nennen muſs. — Die
Tausendfüſse, die Milben und Hydrachnen haben, wenn sie aus dem Eie krie-
chen, nur drei Paar Füſse, wie die Insecten mit Metamorphose im ausgebildeten
Zustande. Wollte man nun auch die Arachniden meiner Ueberzeugung zuwider
für höher entwickelt anschn, als die wahren Insecten, so wird doch Jedermann
eingestehen, daſs die Insecten mit Metamorphose höhere Ausbildungen der My-
riapoden sind. Solche Beispiele dürften gar nicht vorkommen, wenn die Entwik-
kelung der höhern Thierformen in einem Durchbilden durch die niedern bestünde.
5) Wir müſsten die Organe oder gröſsern Apparate auf dieselbe Weise,
wie sie im Embryo höherer Thiere sich ausbilden, auch in den verschiedenen
Thierklassen, wenn wir diese als aus einander entwickelt zusammenstellen, er-
scheinen sehen. Das ist lange nicht immer der Fall. Die hintere Extremität ist
in den meisten Fischen nur in ihrem Endgliede vollkommen, im Embryo höherer
Thiere bildet sich das Wurzelglied zuerst.
6) Endlich müſsten solche Theile, die nur den höheren Thieren zukom-
men, in der Entwickelung derselben sehr spät auftreten. Das ist durchaus nicht
der Fall. Einige Theile der Wirbelsäule, der Stamm derselben und die Wirbel-
bogen sind im Hühnchen früher da, als irgend ein anderer Theil. Wie kann das
Hühnchen nun jemals Aehnlichkeit mit einem wirbellosen Thiere haben?
Doch diese Bemerkung führt uns unsrer Aufgabe näher, und so soll denn
hier der Versuch gemacht werden, das wahre Verhältniſs aufzufinden.
§. 3.
Ueber das gegenseitige Verhältniſs der verschiedenen bleibenden Thierformen.
Um das wesentliche Verhältniſs der Formumwandlung in der Ausbildung
des Individuums aufzusuchen, muſs ich vorher einen Blick auf die verschiedenen
Thierformen werfen. Ich habe diesen Gegenstand zwar schon an einem andern
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