Am vierten Tage sondert sich das Pfortadersystem schon sehr deutlich vom Hohlvenensystem dadurch, dass die Pfortader sich in die Leber verzweigt, in verhältnissmässig ungeheuer weiten und kurzen Kanälen und dadurch, dass der Veuenstamm, in welchem sich die Pfortader freilich noch mit ihrem Stamm ver- längert, bis zum Herzen eine sehr bemerkliche Strecke verläuft.
q. Herz.
Vom Herzen liegt der venöse Theil noch ganz nach links. Beide Herz- ohren vergrössern sich ansehnlich und bekommen Einkerbungen. Sie münden in den gemeinschaftlichen Venensack. Die Verdickung der Wand, welche anfäng- lich nur in den Herzohren herrschte, verbreitet sich am vierten Tage von ihnen aus auch auf den zwischenliegenden Venensack, der am Ende des vierten Tages nicht mehr die ursprüngliche Venenwand hat. Deswegen will ich von jetzt an die beiden Herzohren mit dem Venensacke zusammen die (noch einfache) Vor- kammer nennen. Die Kammer spitzt sich allmählig sehr zu. Die Spitze ist an- fangs mehr nach rechts gerichtet, rückt dann aber immer mehr nach hinten. Ihre Wände nehmen sehr an Dunkelheit zu, und auch der vordere Rand pflegt am Ende dieses Tages nicht recht hell zu seyn. Zwischen Kammer und Vorkammern wird der helle Zwischenkanal (Canalis auricularis) ansehnlicher. Der Aorten- wulst verdickt sich mit einer Hauptwölbung nach unten und links, und scheint erst jetzt den Namen eines eigenen Theils des Herzens zu verdienen. Die innere Höhlung hat in der Mitte eine grosse Weite, wie schon das durchschiessende Blut während der Circulation zu erkennen giebt. Macht man feine Queerschnitte, so findet man, dass die Höhlung nicht cylindrisch ist, sondern in jedem Queer- schnitte eine Spalte bildet, welche in der Mitte schmal, zu beiden Seiten weiter ist. Ist das ausgeschnittene Stück aber etwas lang, so kann man nicht durch die Spalte von einer Fläche zur andern hindurch sehen, weil die zweischneidige Höh- lung sich etwas um ihre Achse dreht. Die Kammer sieht äusserlich noch unge- theilt aus. Im Innern findet man aber eine stark vorspringende Falte, welche die Höhlung in zwei Abtheilungen scheidet, die längs des freien Randes der Falte mit einander Communication haben. Dieselbe läuft auf der einen Seite bis an die Basis der Aortenzwiebel, auf der andern bis in den Ohrkanal. Ob sie auch in dem Venensacke ist, konnte ich nicht unterscheiden, denn dieser ist zu undurch- sichtig, um ohne Zergliederung eine innere Falte in ihm zu erkennen, und zu klein, um eine zuverlässige Zergliederung gelingen zu lassen. Die Falte in der Herzkammer scheint mir nur eine Vergrösserung der schon am dritten Tage deut- lich gesehenen Falte. Sie verläuft aber jetzt auf eigenthümliche Weise schief, so dass durch sie ein rechtes und zugleich hinteres Fach von einem linken und vor-
dern
Am vierten Tage sondert sich das Pfortadersystem schon sehr deutlich vom Hohlvenensystem dadurch, daſs die Pfortader sich in die Leber verzweigt, in verhältniſsmäſsig ungeheuer weiten und kurzen Kanälen und dadurch, daſs der Veuenstamm, in welchem sich die Pfortader freilich noch mit ihrem Stamm ver- längert, bis zum Herzen eine sehr bemerkliche Strecke verläuft.
q. Herz.
Vom Herzen liegt der venöse Theil noch ganz nach links. Beide Herz- ohren vergröſsern sich ansehnlich und bekommen Einkerbungen. Sie münden in den gemeinschaftlichen Venensack. Die Verdickung der Wand, welche anfäng- lich nur in den Herzohren herrschte, verbreitet sich am vierten Tage von ihnen aus auch auf den zwischenliegenden Venensack, der am Ende des vierten Tages nicht mehr die ursprüngliche Venenwand hat. Deswegen will ich von jetzt an die beiden Herzohren mit dem Venensacke zusammen die (noch einfache) Vor- kammer nennen. Die Kammer spitzt sich allmählig sehr zu. Die Spitze ist an- fangs mehr nach rechts gerichtet, rückt dann aber immer mehr nach hinten. Ihre Wände nehmen sehr an Dunkelheit zu, und auch der vordere Rand pflegt am Ende dieses Tages nicht recht hell zu seyn. Zwischen Kammer und Vorkammern wird der helle Zwischenkanal (Canalis auricularis) ansehnlicher. Der Aorten- wulst verdickt sich mit einer Hauptwölbung nach unten und links, und scheint erst jetzt den Namen eines eigenen Theils des Herzens zu verdienen. Die innere Höhlung hat in der Mitte eine groſse Weite, wie schon das durchschieſsende Blut während der Circulation zu erkennen giebt. Macht man feine Queerschnitte, so findet man, daſs die Höhlung nicht cylindrisch ist, sondern in jedem Queer- schnitte eine Spalte bildet, welche in der Mitte schmal, zu beiden Seiten weiter ist. Ist das ausgeschnittene Stück aber etwas lang, so kann man nicht durch die Spalte von einer Fläche zur andern hindurch sehen, weil die zweischneidige Höh- lung sich etwas um ihre Achse dreht. Die Kammer sieht äuſserlich noch unge- theilt aus. Im Innern findet man aber eine stark vorspringende Falte, welche die Höhlung in zwei Abtheilungen scheidet, die längs des freien Randes der Falte mit einander Communication haben. Dieselbe läuft auf der einen Seite bis an die Basis der Aortenzwiebel, auf der andern bis in den Ohrkanal. Ob sie auch in dem Venensacke ist, konnte ich nicht unterscheiden, denn dieser ist zu undurch- sichtig, um ohne Zergliederung eine innere Falte in ihm zu erkennen, und zu klein, um eine zuverlässige Zergliederung gelingen zu lassen. Die Falte in der Herzkammer scheint mir nur eine Vergröſserung der schon am dritten Tage deut- lich gesehenen Falte. Sie verläuft aber jetzt auf eigenthümliche Weise schief, so daſs durch sie ein rechtes und zugleich hinteres Fach von einem linken und vor-
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Am vierten Tage sondert sich das Pfortadersystem schon sehr deutlich vom
Hohlvenensystem dadurch, daſs die Pfortader sich in die Leber verzweigt, in
verhältniſsmäſsig ungeheuer weiten und kurzen Kanälen und dadurch, daſs der
Veuenstamm, in welchem sich die Pfortader freilich noch mit ihrem Stamm ver-
längert, bis zum Herzen eine sehr bemerkliche Strecke verläuft.
Vom Herzen liegt der venöse Theil noch ganz nach links. Beide Herz-
ohren vergröſsern sich ansehnlich und bekommen Einkerbungen. Sie münden in
den gemeinschaftlichen Venensack. Die Verdickung der Wand, welche anfäng-
lich nur in den Herzohren herrschte, verbreitet sich am vierten Tage von ihnen
aus auch auf den zwischenliegenden Venensack, der am Ende des vierten Tages
nicht mehr die ursprüngliche Venenwand hat. Deswegen will ich von jetzt an
die beiden Herzohren mit dem Venensacke zusammen die (noch einfache) Vor-
kammer nennen. Die Kammer spitzt sich allmählig sehr zu. Die Spitze ist an-
fangs mehr nach rechts gerichtet, rückt dann aber immer mehr nach hinten.
Ihre Wände nehmen sehr an Dunkelheit zu, und auch der vordere Rand pflegt am
Ende dieses Tages nicht recht hell zu seyn. Zwischen Kammer und Vorkammern
wird der helle Zwischenkanal (Canalis auricularis) ansehnlicher. Der Aorten-
wulst verdickt sich mit einer Hauptwölbung nach unten und links, und scheint
erst jetzt den Namen eines eigenen Theils des Herzens zu verdienen. Die innere
Höhlung hat in der Mitte eine groſse Weite, wie schon das durchschieſsende Blut
während der Circulation zu erkennen giebt. Macht man feine Queerschnitte, so
findet man, daſs die Höhlung nicht cylindrisch ist, sondern in jedem Queer-
schnitte eine Spalte bildet, welche in der Mitte schmal, zu beiden Seiten weiter
ist. Ist das ausgeschnittene Stück aber etwas lang, so kann man nicht durch die
Spalte von einer Fläche zur andern hindurch sehen, weil die zweischneidige Höh-
lung sich etwas um ihre Achse dreht. Die Kammer sieht äuſserlich noch unge-
theilt aus. Im Innern findet man aber eine stark vorspringende Falte, welche die
Höhlung in zwei Abtheilungen scheidet, die längs des freien Randes der Falte
mit einander Communication haben. Dieselbe läuft auf der einen Seite bis an die
Basis der Aortenzwiebel, auf der andern bis in den Ohrkanal. Ob sie auch in
dem Venensacke ist, konnte ich nicht unterscheiden, denn dieser ist zu undurch-
sichtig, um ohne Zergliederung eine innere Falte in ihm zu erkennen, und zu
klein, um eine zuverlässige Zergliederung gelingen zu lassen. Die Falte in der
Herzkammer scheint mir nur eine Vergröſserung der schon am dritten Tage deut-
lich gesehenen Falte. Sie verläuft aber jetzt auf eigenthümliche Weise schief, so
daſs durch sie ein rechtes und zugleich hinteres Fach von einem linken und vor-
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Baer, Karl Ernst von: Über Entwicklungsgeschichte der Thiere. Bd. 1. Königsberg, 1828, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baer_thiere_1828/102>, abgerufen am 24.11.2024.
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