sie sich mehr die Grundharmonien, als die vorgeschriebenen Noten einprägen. Ich vergebe es eher einem Accompagnisten, daß er von dem zuweilen vorkommenden Exempel (b) überrascht wird, wenn die Ziffern fehlen, das Tempo hurtig ist, und die Hälfte des Exempels vielleicht gar auf dem Anfange einer neuen Zeile geschrieben stehet: als wenn er vor den verwechselten Ausführun- gen bey (a) stutzet.
[Abbildung]
§. 8.
Der Accompagnist thut wohl, wenn er überhaupt, besonders aber bey fremden Modulationen, das erste Intervall des Sängers, zu dessen Erleichterung, bey der letzten Brechung der vorgeschlagenen Harmonie in der Oberstimme nimmt, weil es da am deutlichsten zu hören ist. Ehe man diese Hülfe unter- lässet, so erlaubet man lieber einige Unregelmäßigkeiten, wenn es nicht zu ändern ist, und gehet aus der Vorbereitung einer Dis- sonanz, oder nimmt die Auflösung derselben in einer unrechten Stimme vor, blos damit man geschwinde in die Lage kommen könne, wo es die Noth erfordert, welches letztere jedoch, ohne sich einer solchen Freyheit zu bedienen, mehrentheils durch ein geschwindes Harpeggio gar leicht ist.
§. 9.
Wenn bey einem Recitativ mit begleitenden Instrumen- ten nach einer Cadenz, oder nach einem Absatze, der Baß vorschlägt und die übrigen Instrumente nachschlagen: so muß der Clavierist
seine
Acht und dreyßigſtes Capitel.
ſie ſich mehr die Grundharmonien, als die vorgeſchriebenen Noten einprägen. Ich vergebe es eher einem Accompagniſten, daß er von dem zuweilen vorkommenden Exempel (b) überraſcht wird, wenn die Ziffern fehlen, das Tempo hurtig iſt, und die Hälfte des Exempels vielleicht gar auf dem Anfange einer neuen Zeile geſchrieben ſtehet: als wenn er vor den verwechſelten Ausführun- gen bey (a) ſtutzet.
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§. 8.
Der Accompagniſt thut wohl, wenn er überhaupt, beſonders aber bey fremden Modulationen, das erſte Intervall des Sängers, zu deſſen Erleichterung, bey der letzten Brechung der vorgeſchlagenen Harmonie in der Oberſtimme nimmt, weil es da am deutlichſten zu hören iſt. Ehe man dieſe Hülfe unter- läſſet, ſo erlaubet man lieber einige Unregelmäßigkeiten, wenn es nicht zu ändern iſt, und gehet aus der Vorbereitung einer Diſ- ſonanz, oder nimmt die Auflöſung derſelben in einer unrechten Stimme vor, blos damit man geſchwinde in die Lage kommen könne, wo es die Noth erfordert, welches letztere jedoch, ohne ſich einer ſolchen Freyheit zu bedienen, mehrentheils durch ein geſchwindes Harpeggio gar leicht iſt.
§. 9.
Wenn bey einem Recitativ mit begleitenden Inſtrumen- ten nach einer Cadenz, oder nach einem Abſatze, der Baß vorſchlägt und die übrigen Inſtrumente nachſchlagen: ſo muß der Clavieriſt
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Acht und dreyßigſtes Capitel.
ſie ſich mehr die Grundharmonien, als die vorgeſchriebenen Noten
einprägen. Ich vergebe es eher einem Accompagniſten, daß er
von dem zuweilen vorkommenden Exempel (b) überraſcht wird,
wenn die Ziffern fehlen, das Tempo hurtig iſt, und die Hälfte
des Exempels vielleicht gar auf dem Anfange einer neuen Zeile
geſchrieben ſtehet: als wenn er vor den verwechſelten Ausführun-
gen bey (a) ſtutzet.
[Abbildung]
§. 8. Der Accompagniſt thut wohl, wenn er überhaupt,
beſonders aber bey fremden Modulationen, das erſte Intervall
des Sängers, zu deſſen Erleichterung, bey der letzten Brechung
der vorgeſchlagenen Harmonie in der Oberſtimme nimmt, weil
es da am deutlichſten zu hören iſt. Ehe man dieſe Hülfe unter-
läſſet, ſo erlaubet man lieber einige Unregelmäßigkeiten, wenn
es nicht zu ändern iſt, und gehet aus der Vorbereitung einer Diſ-
ſonanz, oder nimmt die Auflöſung derſelben in einer unrechten Stimme
vor, blos damit man geſchwinde in die Lage kommen könne, wo es die
Noth erfordert, welches letztere jedoch, ohne ſich einer ſolchen Freyheit
zu bedienen, mehrentheils durch ein geſchwindes Harpeggio gar leicht iſt.
§. 9. Wenn bey einem Recitativ mit begleitenden Inſtrumen-
ten nach einer Cadenz, oder nach einem Abſatze, der Baß vorſchlägt
und die übrigen Inſtrumente nachſchlagen: ſo muß der Clavieriſt
ſeine
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Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bach_versuch02_1762/328>, abgerufen am 22.07.2024.
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