Bach, Carl Philipp Emanuel: Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen. Bd. 1. 2. Aufl. Berlin, 1753.Vom Vortrage. sogar nur dann und wann glücken, muß man öffentlich weglas-sen, man müßte denn in einer gantz besondern Fassung des Ge- müthes seyn. Auch durch Probirung der Triller und andrer kleinen Manieren kan man das Jnstrumeut zuvor erforschen. Alle diese Vorsichten sind aus zweyerley Ursachen nothwendig, erstlich, damit der Vortrag leicht und fliessend sey, und ferner, damit man gewisse ängstliche Gebährden vermeiden könne, die die Zu- hörer, anstatt sie zu ermuntern, vielmehr verdrießlich machen müssen. §. 10. Der Grad der Bewegung läßt sich so wohl nach §. 11. Die begleitenden Stimmen muß man, soviel mög- §. 12. Wir haben im §. 8. als ein Mittel, den guten natür- O 2
Vom Vortrage. ſogar nur dann und wann gluͤcken, muß man oͤffentlich weglaſ-ſen, man muͤßte denn in einer gantz beſondern Faſſung des Ge- muͤthes ſeyn. Auch durch Probirung der Triller und andrer kleinen Manieren kan man das Jnſtrumeut zuvor erforſchen. Alle dieſe Vorſichten ſind aus zweyerley Urſachen nothwendig, erſtlich, damit der Vortrag leicht und flieſſend ſey, und ferner, damit man gewiſſe aͤngſtliche Gebaͤhrden vermeiden koͤnne, die die Zu- hoͤrer, anſtatt ſie zu ermuntern, vielmehr verdrießlich machen muͤſſen. §. 10. Der Grad der Bewegung laͤßt ſich ſo wohl nach §. 11. Die begleitenden Stimmen muß man, ſoviel moͤg- §. 12. Wir haben im §. 8. als ein Mittel, den guten natuͤr- O 2
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Vom Vortrage.
ſogar nur dann und wann gluͤcken, muß man oͤffentlich weglaſ-
ſen, man muͤßte denn in einer gantz beſondern Faſſung des Ge-
muͤthes ſeyn. Auch durch Probirung der Triller und andrer
kleinen Manieren kan man das Jnſtrumeut zuvor erforſchen. Alle
dieſe Vorſichten ſind aus zweyerley Urſachen nothwendig, erſtlich,
damit der Vortrag leicht und flieſſend ſey, und ferner, damit
man gewiſſe aͤngſtliche Gebaͤhrden vermeiden koͤnne, die die Zu-
hoͤrer, anſtatt ſie zu ermuntern, vielmehr verdrießlich machen muͤſſen.
§. 10. Der Grad der Bewegung laͤßt ſich ſo wohl nach
dem Jnhalte des Stuͤckes uͤberhaupt, den man durch gewiſſe
bekannte italiaͤniſche Kunſt-Woͤrter anzuzeigen pflegt, als beſon-
ders aus den geſchwindeſten Noten und Figuren darinnen beur-
theilen. Bey dieſer Unterſuchung wird man ſich in den Stand
ſetzen, weder im Allegro uͤbereilend, noch im Adagio zu ſchlaͤfrig
zu werden.
§. 11. Die begleitenden Stimmen muß man, ſoviel moͤg-
lich, von derjenigen Hand verſchonen, welche den herrſchenden
Geſang fuͤhret, damit ſie ſelbigen mit aller Freyheit ungehindert
geſchickt herausbringen koͤnne.
§. 12. Wir haben im §. 8. als ein Mittel, den guten
Vortrag zu erlernen, die Beſuchung guter Muſicken vorgeſchla-
gen. Wir fuͤgen allhier noch hinzu, daß man keine Gelegen-
heit verabſaͤumen muͤſſe, geſchickte Saͤnger beſonders zu hoͤren:
Man lernet dadurch ſingend dencken, und wird man wohl thun,
daß man ſich hernach ſelbſt einen Gedancken vorſinget, um den
rechten Vortrag deſſelben zu treffen. Dieſes wird allezeit von
groͤſſerm Nutzen ſeyn, als ſolches aus weitlaͤuftigen Buͤchern und
Discurſen zu hohlen, worinn man von nichts anderm als von
Natur, Geſchmack, Geſang, Melodie, hoͤret, ungeachtet ihre
Urheber oͤfters nicht im Stande ſind, zwey Noten zu ſetzen, welche
natuͤr-
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