Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862.

Bild:
<< vorherige Seite

gatorum hat das etymologisch nicht zu rechtfertigende Glis,
Milch,
woraus das spätere Gleis und Klais, Milch (vgl.
Grolman, "Wörterbuch") gemacht ist. Der Bedeler orden hat
das Glis als Melk in das Niederdeutsche übertragen. Es ist nicht
zu bezweifeln, daß die Erklärung des Milch für Bilch schon in
der ältesten pforzheimer Ausgabe, welche dem Bedeler orden als
Original für die niederdeutsche Uebersetzung diente, ein Druck-
fehler
ist.

Höchst drastisch sind die darauf von Hartlieb unter dem Titel:
Attributa quae meretrices dant suis amatoribus, angeführten
Schimpfwörter, mit welchen die Metzen ihre Buhlen bezeichnen.
Die losbändige Objectivität und Emancipation von aller Furcht,
Zucht und Sitte, welche ebenso scharf wie die ruchlose Uebergewalt
der Metzen über ihre Buhlen und wie die Erniedrigung und
Nichtswürdigkeit der letztern zu Tage tritt, wird scharf und treffend
in der kaustischen Commentirung Hartlieb's bezeichnet: Haec sunt
praedicata, haec attributa, haec sunt merita laudis et honoris,
quibus amasiae suos amatores, vel absentes vel cominus, hoc
est, de propinquo tempore incongruo ad se adventantes ex-
ornant atque decorant.
Die Vocabeln, von welchen, bezeichnend
genug für Geist, Gewalt und Perennität der Prostitution, nur
sehr wenig obsolet geworden sind, stehen bei Hartlieb in folgender
Ordnung:

A Aff.
B breymaul.
C clotz.
D diltapp.
E esel.
F fantast, si est suppositum, vel Fritzhanenfeder, si est
laicus vel eques.
G gauch.
H hautzinger, holtzbock.
I iuuver.
K kalbsstasch.
L lapp, lellmaul, Leffelmaul, secundu moderniores liebhertz.

gatorum hat das etymologiſch nicht zu rechtfertigende Glis,
Milch,
woraus das ſpätere Gleis und Klais, Milch (vgl.
Grolman, „Wörterbuch“) gemacht iſt. Der Bedeler orden hat
das Glis als Melk in das Niederdeutſche übertragen. Es iſt nicht
zu bezweifeln, daß die Erklärung des Milch für Bilch ſchon in
der älteſten pforzheimer Ausgabe, welche dem Bedeler orden als
Original für die niederdeutſche Ueberſetzung diente, ein Druck-
fehler
iſt.

Höchſt draſtiſch ſind die darauf von Hartlieb unter dem Titel:
Attributa quae meretrices dant suis amatoribus, angeführten
Schimpfwörter, mit welchen die Metzen ihre Buhlen bezeichnen.
Die losbändige Objectivität und Emancipation von aller Furcht,
Zucht und Sitte, welche ebenſo ſcharf wie die ruchloſe Uebergewalt
der Metzen über ihre Buhlen und wie die Erniedrigung und
Nichtswürdigkeit der letztern zu Tage tritt, wird ſcharf und treffend
in der kauſtiſchen Commentirung Hartlieb’s bezeichnet: Haec sunt
praedicata, haec attributa, haec sunt merita laudis et honoris,
quibus amasiae suos amatores, vel absentes vel cominus, hoc
est, de propinquo tempore incongruo ad se adventantes ex-
ornant atque decorant.
Die Vocabeln, von welchen, bezeichnend
genug für Geiſt, Gewalt und Perennität der Proſtitution, nur
ſehr wenig obſolet geworden ſind, ſtehen bei Hartlieb in folgender
Ordnung:

A Aff.
B breymaul.
C clotz.
D diltapp.
E esel.
F fantast, si est suppositum, vel Fritzhanenfeder, si est
laicus vel eques.
G gauch.
H hautzinger, holtzbock.
I iuuver.
K kalbsstasch.
L lapp, lellmaul, Leffelmaul, secundũ moderniores liebhertz.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><hi rendition="#aq"><pb facs="#f0088" n="76"/>
gatorum</hi> hat das etymologi&#x017F;ch nicht zu rechtfertigende <hi rendition="#g">Glis,<lb/>
Milch,</hi> woraus das &#x017F;pätere <hi rendition="#g">Gleis</hi> und <hi rendition="#g">Klais,</hi> Milch (vgl.<lb/>
Grolman, &#x201E;Wörterbuch&#x201C;) gemacht i&#x017F;t. Der Bedeler orden hat<lb/>
das <hi rendition="#aq">Glis</hi> als <hi rendition="#g">Melk</hi> in das Niederdeut&#x017F;che übertragen. Es i&#x017F;t nicht<lb/>
zu bezweifeln, daß die Erklärung des <hi rendition="#g"><hi rendition="#b">M</hi>ilch</hi> für <hi rendition="#g"><hi rendition="#b">B</hi>ilch</hi> &#x017F;chon in<lb/>
der älte&#x017F;ten pforzheimer Ausgabe, welche dem Bedeler orden als<lb/>
Original für die niederdeut&#x017F;che Ueber&#x017F;etzung diente, ein <hi rendition="#g">Druck-<lb/>
fehler</hi> i&#x017F;t.</p><lb/>
                <p>Höch&#x017F;t dra&#x017F;ti&#x017F;ch &#x017F;ind die darauf von Hartlieb unter dem Titel:<lb/><hi rendition="#aq">Attributa quae meretrices dant suis amatoribus,</hi> angeführten<lb/>
Schimpfwörter, mit welchen die Metzen ihre Buhlen bezeichnen.<lb/>
Die losbändige Objectivität und Emancipation von aller Furcht,<lb/>
Zucht und Sitte, welche eben&#x017F;o &#x017F;charf wie die ruchlo&#x017F;e Uebergewalt<lb/>
der Metzen über ihre Buhlen und wie die Erniedrigung und<lb/>
Nichtswürdigkeit der letztern zu Tage tritt, wird &#x017F;charf und treffend<lb/>
in der kau&#x017F;ti&#x017F;chen Commentirung Hartlieb&#x2019;s bezeichnet: <hi rendition="#aq">Haec sunt<lb/>
praedicata, haec attributa, haec sunt merita laudis et honoris,<lb/>
quibus amasiae suos amatores, vel absentes vel cominus, hoc<lb/>
est, de propinquo tempore incongruo ad se adventantes ex-<lb/>
ornant atque decorant.</hi> Die Vocabeln, von welchen, bezeichnend<lb/>
genug für Gei&#x017F;t, Gewalt und Perennität der Pro&#x017F;titution, nur<lb/>
&#x017F;ehr wenig ob&#x017F;olet geworden &#x017F;ind, &#x017F;tehen bei Hartlieb in folgender<lb/>
Ordnung:</p><lb/>
                <list>
                  <item> <hi rendition="#aq">A Aff.</hi> </item><lb/>
                  <item> <hi rendition="#aq">B breymaul.</hi> </item><lb/>
                  <item> <hi rendition="#aq">C clotz.</hi> </item><lb/>
                  <item> <hi rendition="#aq">D diltapp.</hi> </item><lb/>
                  <item> <hi rendition="#aq">E esel.</hi> </item><lb/>
                  <item> <hi rendition="#aq">F fantast, si est suppositum, vel Fritzhanenfeder, si est<lb/>
laicus vel eques.</hi> </item><lb/>
                  <item> <hi rendition="#aq">G gauch.</hi> </item><lb/>
                  <item> <hi rendition="#aq">H hautzinger, holtzbock.</hi> </item><lb/>
                  <item> <hi rendition="#aq">I iuuver.</hi> </item><lb/>
                  <item> <hi rendition="#aq">K kalbsstasch.</hi> </item><lb/>
                  <item> <hi rendition="#aq">L lapp, lellmaul, Leffelmaul, secund&#x0169; moderniores liebhertz.</hi> </item>
                </list><lb/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0088] gatorum hat das etymologiſch nicht zu rechtfertigende Glis, Milch, woraus das ſpätere Gleis und Klais, Milch (vgl. Grolman, „Wörterbuch“) gemacht iſt. Der Bedeler orden hat das Glis als Melk in das Niederdeutſche übertragen. Es iſt nicht zu bezweifeln, daß die Erklärung des Milch für Bilch ſchon in der älteſten pforzheimer Ausgabe, welche dem Bedeler orden als Original für die niederdeutſche Ueberſetzung diente, ein Druck- fehler iſt. Höchſt draſtiſch ſind die darauf von Hartlieb unter dem Titel: Attributa quae meretrices dant suis amatoribus, angeführten Schimpfwörter, mit welchen die Metzen ihre Buhlen bezeichnen. Die losbändige Objectivität und Emancipation von aller Furcht, Zucht und Sitte, welche ebenſo ſcharf wie die ruchloſe Uebergewalt der Metzen über ihre Buhlen und wie die Erniedrigung und Nichtswürdigkeit der letztern zu Tage tritt, wird ſcharf und treffend in der kauſtiſchen Commentirung Hartlieb’s bezeichnet: Haec sunt praedicata, haec attributa, haec sunt merita laudis et honoris, quibus amasiae suos amatores, vel absentes vel cominus, hoc est, de propinquo tempore incongruo ad se adventantes ex- ornant atque decorant. Die Vocabeln, von welchen, bezeichnend genug für Geiſt, Gewalt und Perennität der Proſtitution, nur ſehr wenig obſolet geworden ſind, ſtehen bei Hartlieb in folgender Ordnung: A Aff. B breymaul. C clotz. D diltapp. E esel. F fantast, si est suppositum, vel Fritzhanenfeder, si est laicus vel eques. G gauch. H hautzinger, holtzbock. I iuuver. K kalbsstasch. L lapp, lellmaul, Leffelmaul, secundũ moderniores liebhertz.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/88
Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/88>, abgerufen am 22.11.2024.