Die darin vorkommenden wenigen Gaunervocabeln hat Sebastian Brant dem baseler Mandat entnommen und zwar, wie es scheint, nach dem fehlerhaften Manuscript seines Zeitgenossen Johannes Knebel von 1475, mit welchem Brant zusammen in Basel lebte. Auch im Narrenschiff findet man z. B. den falschen Ausdruck Jnen für Junen. Bemerkenswerth ist noch, daß im Narrenschiff das Stammverbum vom Worte Vopper des Mandats zuerst vor- kommt mit der Schreibung foppen (angelsächs., holländ. u. engl. fob, fop, Narr, Geck, Laffe, wovon im heutigen englischen Ge- brauch: fop doodle, Narr, Lump, und fop gallant, Stutzer, Zier- affe), welches noch jetzt im Niederdeutschen in der Bedeutung: jemandes Schwäche benutzen, hintergehen, aufziehen, gebräuchlich ist. Ferben, täuschen, betrügen, ist eine analoge Uebersetzung des jüdischdeutschen zebuim (s. im jüdischdeutschen Wörterbuch [irrelevantes Material - Zeichen fehlt]), Gefärbte, Uebertünchte, womit der Talmud den Gleisner und frommen Betrüger bezeichnet (vgl. Tendlau, a. a. O., Nr. 330 und 983). Von zebuim (zewa) ist wieder der Seffer des Liber Vagatorum in Kap. 25 abzuleiten. Ditzen, betrügen, stammt vom ahd. diezen, tönen, tosen, durch Geräusch betäuben, berau- schen, einnehmen; davon doz und duz, Geräusch, Lärmen. Da- von ist das noch heute vielgebrauchte niederdeutsche Döz, einge- nommener Mensch, Dummkopf; dözig, dösig, düsig, benom- men, betäubt, verdummt. Jn Johan grimm, Branntwein, er- scheint hier zum ersten mal jajin (Johann, Jochen, Jochem), compo- nirt mit grimm, welches doch wol nichts anderes ist, als das ahd. grimme, zornig, heftig, zur Bezeichnung der Schärfe des Brannt- weins. Schwentzen, gehen, streichen, streifen, vom ahd. swan- zen, swantzen, einherstolziren, auch übermüthig reden. Schechel, Branntweinkneipe, verdorben aus schochar ([irrelevantes Material - Zeichen fehlt]), er hat sich be- trunken. Ueber die Etymologie von Ribling vgl. das Wörterbuch. Besevlen, betrügen, s. das jüdischdeutsche Wörterbuch [irrelevantes Material - Zeichen fehlt]. Breit- har, Breithart, das weite, breite Feld. Lüßling, Ohr, vom ahd. lise, leise, davon lauschen. Breitfuß, Gans; Flughart, Huhn, werden Kap. 43 als Composita erläutert werden. Flö- ßeln, vom ahd. fluz, vluz, Strom, Fluß, in den Fluß werfen.
Die darin vorkommenden wenigen Gaunervocabeln hat Sebaſtian Brant dem baſeler Mandat entnommen und zwar, wie es ſcheint, nach dem fehlerhaften Manuſcript ſeines Zeitgenoſſen Johannes Knebel von 1475, mit welchem Brant zuſammen in Baſel lebte. Auch im Narrenſchiff findet man z. B. den falſchen Ausdruck Jnen für Junen. Bemerkenswerth iſt noch, daß im Narrenſchiff das Stammverbum vom Worte Vopper des Mandats zuerſt vor- kommt mit der Schreibung foppen (angelſächſ., holländ. u. engl. fob, fop, Narr, Geck, Laffe, wovon im heutigen engliſchen Ge- brauch: fop doodle, Narr, Lump, und fop gallant, Stutzer, Zier- affe), welches noch jetzt im Niederdeutſchen in der Bedeutung: jemandes Schwäche benutzen, hintergehen, aufziehen, gebräuchlich iſt. Ferben, täuſchen, betrügen, iſt eine analoge Ueberſetzung des jüdiſchdeutſchen zebuim (ſ. im jüdiſchdeutſchen Wörterbuch [irrelevantes Material – Zeichen fehlt]), Gefärbte, Uebertünchte, womit der Talmud den Gleisner und frommen Betrüger bezeichnet (vgl. Tendlau, a. a. O., Nr. 330 und 983). Von zebuim (zewa) iſt wieder der Seffer des Liber Vagatorum in Kap. 25 abzuleiten. Ditzen, betrügen, ſtammt vom ahd. diezen, tönen, toſen, durch Geräuſch betäuben, berau- ſchen, einnehmen; davon doz und duz, Geräuſch, Lärmen. Da- von iſt das noch heute vielgebrauchte niederdeutſche Döz, einge- nommener Menſch, Dummkopf; dözig, döſig, düſig, benom- men, betäubt, verdummt. Jn Johan grimm, Branntwein, er- ſcheint hier zum erſten mal jajin (Johann, Jochen, Jochem), compo- nirt mit grimm, welches doch wol nichts anderes iſt, als das ahd. grimme, zornig, heftig, zur Bezeichnung der Schärfe des Brannt- weins. Schwentzen, gehen, ſtreichen, ſtreifen, vom ahd. swan- zen, swantzen, einherſtolziren, auch übermüthig reden. Schechel, Branntweinkneipe, verdorben aus schochar ([irrelevantes Material – Zeichen fehlt]), er hat ſich be- trunken. Ueber die Etymologie von Ribling vgl. das Wörterbuch. Beſevlen, betrügen, ſ. das jüdiſchdeutſche Wörterbuch [irrelevantes Material – Zeichen fehlt]. Breit- har, Breithart, das weite, breite Feld. Lüßling, Ohr, vom ahd. lise, leiſe, davon lauſchen. Breitfuß, Gans; Flughart, Huhn, werden Kap. 43 als Compoſita erläutert werden. Flö- ßeln, vom ahd. fluz, vluz, Strom, Fluß, in den Fluß werfen.
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Die darin vorkommenden wenigen Gaunervocabeln hat Sebaſtian
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nach dem fehlerhaften Manuſcript ſeines Zeitgenoſſen Johannes
Knebel von 1475, mit welchem Brant zuſammen in Baſel lebte.
Auch im Narrenſchiff findet man z. B. den falſchen Ausdruck
Jnen für Junen. Bemerkenswerth iſt noch, daß im Narrenſchiff
das Stammverbum vom Worte Vopper des Mandats zuerſt vor-
kommt mit der Schreibung foppen (angelſächſ., holländ. u. engl.
fob, fop, Narr, Geck, Laffe, wovon im heutigen engliſchen Ge-
brauch: fop doodle, Narr, Lump, und fop gallant, Stutzer, Zier-
affe), welches noch jetzt im Niederdeutſchen in der Bedeutung:
jemandes Schwäche benutzen, hintergehen, aufziehen, gebräuchlich
iſt. Ferben, täuſchen, betrügen, iſt eine analoge Ueberſetzung des
jüdiſchdeutſchen zebuim (ſ. im jüdiſchdeutſchen Wörterbuch _ ),
Gefärbte, Uebertünchte, womit der Talmud den Gleisner und
frommen Betrüger bezeichnet (vgl. Tendlau, a. a. O., Nr. 330
und 983). Von zebuim (zewa) iſt wieder der Seffer des Liber
Vagatorum in Kap. 25 abzuleiten. Ditzen, betrügen, ſtammt
vom ahd. diezen, tönen, toſen, durch Geräuſch betäuben, berau-
ſchen, einnehmen; davon doz und duz, Geräuſch, Lärmen. Da-
von iſt das noch heute vielgebrauchte niederdeutſche Döz, einge-
nommener Menſch, Dummkopf; dözig, döſig, düſig, benom-
men, betäubt, verdummt. Jn Johan grimm, Branntwein, er-
ſcheint hier zum erſten mal jajin (Johann, Jochen, Jochem), compo-
nirt mit grimm, welches doch wol nichts anderes iſt, als das ahd.
grimme, zornig, heftig, zur Bezeichnung der Schärfe des Brannt-
weins. Schwentzen, gehen, ſtreichen, ſtreifen, vom ahd. swan-
zen, swantzen, einherſtolziren, auch übermüthig reden. Schechel,
Branntweinkneipe, verdorben aus schochar (_ ), er hat ſich be-
trunken. Ueber die Etymologie von Ribling vgl. das Wörterbuch.
Beſevlen, betrügen, ſ. das jüdiſchdeutſche Wörterbuch _ . Breit-
har, Breithart, das weite, breite Feld. Lüßling, Ohr, vom
ahd. lise, leiſe, davon lauſchen. Breitfuß, Gans; Flughart,
Huhn, werden Kap. 43 als Compoſita erläutert werden. Flö-
ßeln, vom ahd. fluz, vluz, Strom, Fluß, in den Fluß werfen.
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/73>, abgerufen am 22.11.2024.
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