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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862.

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muthen, daß die deutsche Gaunersprache, vielleicht aber die offene
deutsche volkssprachthümliche Spielerei selbst die vereinzelte Ver-
mittelung gegeben hat. Schon seit längern Jahren sind aus dem
deutschen Volksmunde, besonders aus dem norddeutschen, ähnliche
Spielereien, freilich ziemlich alberner Art, in Erinnerung, bei wel-
chen die Anfangsbuchstaben der Silben und besonders die Vocale
betonter Silben componirter Wörter untereinander verwechselt wer-
den, eine Sprachverkehrung, die im Grunde geistlos ist, wenn
auch zuweilen drollige Quiproquos dabei vorkommen, und welche
sogar oft unwillkürlich auf schmuzige und sinnlose Ausdrücke hin-
ausläuft, namentlich wenn die alberne Gewöhnung sich gehen und
es an gebührlichem Ernst bei der Gelegenheit fehlen läßt. Solche
Albernheiten sind: Kinderschuh, Schinderkuh; Recht behaupten,
Hecht beraupen; Pechfackel, Fechpackel; bekannter Obscönitäten nicht
zu gedenken.

Bei weitem bestimmter als die Themura ist das Notarikon
in der Gaunersprache vertreten. Doch sind die gaunerischen Typen
derart fast sämmtlich dem Judendeutsch entnommen, wenn sie auch
wirklich aus deutschen Wörtern gebildet sind, z. B. Rat, Bag,
Lag, welche schon Th. III, S. 326, mit andern angeführt und
erläutert sind. Auch die bloße Benennung der Anfangsbuchstaben
der einzelnen Silben zur dunkeln Bezeichnung eines Wortes ist
gaunersprachgebräuchlich; meistens sind aber diese Typen wieder
jüdischdeutsche, z. B.: Lommetaleph ([irrelevantes Material - Zeichen fehlt]) für lo, lau, nein, nicht;
Schinpelommet, [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], schofel, schlecht, gemein u. s. w. Aber
auch deutsche Wörter werden so mit jüdischdeutscher Benennung
der Silbenanfangsbuchstaben bezeichnet, z. B.: Schin, [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], Schlie-
ßer; Schindollet, [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], Gendarm. Andere, doch gewiß schon
außer Cours gesetzte, tolle Abbreviaturen derart führt Selig in der
alten Ausgabe von 1767 an: [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], Bürgermeister; [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], Kaisergul-
den, Kopfgeld; [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], Kurfürst; [irrelevantes Material - Zeichen fehlt], Rathsherr u. s. w. Wer aber
möchte errathen, daß [irrelevantes Material - Zeichen fehlt] "grüße freundlich" heißt? Und wer noch,
daß [irrelevantes Material - Zeichen fehlt] Louisdor ist? Am vermessensten sind die aus hebräischen
und deutschen zusammengesetzten Wörter, von denen man die un-
geheuerlichsten Beispiele im Wörterbuch findet. Eins der merk-

muthen, daß die deutſche Gaunerſprache, vielleicht aber die offene
deutſche volksſprachthümliche Spielerei ſelbſt die vereinzelte Ver-
mittelung gegeben hat. Schon ſeit längern Jahren ſind aus dem
deutſchen Volksmunde, beſonders aus dem norddeutſchen, ähnliche
Spielereien, freilich ziemlich alberner Art, in Erinnerung, bei wel-
chen die Anfangsbuchſtaben der Silben und beſonders die Vocale
betonter Silben componirter Wörter untereinander verwechſelt wer-
den, eine Sprachverkehrung, die im Grunde geiſtlos iſt, wenn
auch zuweilen drollige Quiproquos dabei vorkommen, und welche
ſogar oft unwillkürlich auf ſchmuzige und ſinnloſe Ausdrücke hin-
ausläuft, namentlich wenn die alberne Gewöhnung ſich gehen und
es an gebührlichem Ernſt bei der Gelegenheit fehlen läßt. Solche
Albernheiten ſind: Kinderſchuh, Schinderkuh; Recht behaupten,
Hecht beraupen; Pechfackel, Fechpackel; bekannter Obſcönitäten nicht
zu gedenken.

Bei weitem beſtimmter als die Themura iſt das Notarikon
in der Gaunerſprache vertreten. Doch ſind die gauneriſchen Typen
derart faſt ſämmtlich dem Judendeutſch entnommen, wenn ſie auch
wirklich aus deutſchen Wörtern gebildet ſind, z. B. Rat, Bag,
Lag, welche ſchon Th. III, S. 326, mit andern angeführt und
erläutert ſind. Auch die bloße Benennung der Anfangsbuchſtaben
der einzelnen Silben zur dunkeln Bezeichnung eines Wortes iſt
gaunerſprachgebräuchlich; meiſtens ſind aber dieſe Typen wieder
jüdiſchdeutſche, z. B.: Lommetaleph ([irrelevantes Material – Zeichen fehlt]) für lo, lau, nein, nicht;
Schinpelommet, [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], schofel, ſchlecht, gemein u. ſ. w. Aber
auch deutſche Wörter werden ſo mit jüdiſchdeutſcher Benennung
der Silbenanfangsbuchſtaben bezeichnet, z. B.: Schin, [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], Schlie-
ßer; Schindollet, [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], Gendarm. Andere, doch gewiß ſchon
außer Cours geſetzte, tolle Abbreviaturen derart führt Selig in der
alten Ausgabe von 1767 an: [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], Bürgermeiſter; [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], Kaiſergul-
den, Kopfgeld; [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], Kurfürſt; [irrelevantes Material – Zeichen fehlt], Rathsherr u. ſ. w. Wer aber
möchte errathen, daß [irrelevantes Material – Zeichen fehlt] „grüße freundlich“ heißt? Und wer noch,
daß [irrelevantes Material – Zeichen fehlt] Louisdor iſt? Am vermeſſenſten ſind die aus hebräiſchen
und deutſchen zuſammengeſetzten Wörter, von denen man die un-
geheuerlichſten Beiſpiele im Wörterbuch findet. Eins der merk-

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[301/0313] muthen, daß die deutſche Gaunerſprache, vielleicht aber die offene deutſche volksſprachthümliche Spielerei ſelbſt die vereinzelte Ver- mittelung gegeben hat. Schon ſeit längern Jahren ſind aus dem deutſchen Volksmunde, beſonders aus dem norddeutſchen, ähnliche Spielereien, freilich ziemlich alberner Art, in Erinnerung, bei wel- chen die Anfangsbuchſtaben der Silben und beſonders die Vocale betonter Silben componirter Wörter untereinander verwechſelt wer- den, eine Sprachverkehrung, die im Grunde geiſtlos iſt, wenn auch zuweilen drollige Quiproquos dabei vorkommen, und welche ſogar oft unwillkürlich auf ſchmuzige und ſinnloſe Ausdrücke hin- ausläuft, namentlich wenn die alberne Gewöhnung ſich gehen und es an gebührlichem Ernſt bei der Gelegenheit fehlen läßt. Solche Albernheiten ſind: Kinderſchuh, Schinderkuh; Recht behaupten, Hecht beraupen; Pechfackel, Fechpackel; bekannter Obſcönitäten nicht zu gedenken. Bei weitem beſtimmter als die Themura iſt das Notarikon in der Gaunerſprache vertreten. Doch ſind die gauneriſchen Typen derart faſt ſämmtlich dem Judendeutſch entnommen, wenn ſie auch wirklich aus deutſchen Wörtern gebildet ſind, z. B. Rat, Bag, Lag, welche ſchon Th. III, S. 326, mit andern angeführt und erläutert ſind. Auch die bloße Benennung der Anfangsbuchſtaben der einzelnen Silben zur dunkeln Bezeichnung eines Wortes iſt gaunerſprachgebräuchlich; meiſtens ſind aber dieſe Typen wieder jüdiſchdeutſche, z. B.: Lommetaleph (_ ) für lo, lau, nein, nicht; Schinpelommet, _ , schofel, ſchlecht, gemein u. ſ. w. Aber auch deutſche Wörter werden ſo mit jüdiſchdeutſcher Benennung der Silbenanfangsbuchſtaben bezeichnet, z. B.: Schin, _ , Schlie- ßer; Schindollet, _ , Gendarm. Andere, doch gewiß ſchon außer Cours geſetzte, tolle Abbreviaturen derart führt Selig in der alten Ausgabe von 1767 an: _ , Bürgermeiſter; _ , Kaiſergul- den, Kopfgeld; _ , Kurfürſt; _ , Rathsherr u. ſ. w. Wer aber möchte errathen, daß _ „grüße freundlich“ heißt? Und wer noch, daß _ Louisdor iſt? Am vermeſſenſten ſind die aus hebräiſchen und deutſchen zuſammengeſetzten Wörter, von denen man die un- geheuerlichſten Beiſpiele im Wörterbuch findet. Eins der merk-

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Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/313>, abgerufen am 24.11.2024.