Quark u. s. w. Gleich hastig und einseitig sind auch viele ein- zelne Begriffe aufgefaßt, z. B.: Gallach, Beichtvater; heimthun, köpfen; grandiger schenegeln, vergrößern; Schem vom Ulm- scher, Zuname; Schofelstenz, Knotenstock u. s. w. Auch ganz falsche Auffassungen entstehen durch seine Flüchtigkeit, z. B.: Flößlings-Finchen, Fischangel; Kies-Klamine, Gewölbe; More, Zulauf; ich kaschpere ihn, daß er einmuhrt, ich rede ihm zu, daß er gesteht; wir bestieben Schimmel, es wintert zu. Sehr befremdend ist die haltlose Erklärung von Aufenthalt, Benne, nämlich: "1) kocheme Benne, wenn der Hausbesitzer weiß, daß der, welcher sich bei ihm aufhält, ein Gauner sey, und 2) wittische Benne, wenn der Hausbesitzer nicht weiß, wer sich eigentlich bei ihm aufhält".
Thiele, "Jüdische Gauner", S. 205, macht nun freilich dem Criminalassessor Bischoff das als billiger Gemeinplatz überall an- zubringende laxe Compliment, "daß er den Gegenstand mit Auf- merksamkeit und Liebe studirt habe". Aber gerade von Studium ist bei Bischoff überall so wenig die Rede, wie bei Thiele. Wie dieser manche Ausdrücke von Gottfried Selig geradezu verpfuscht, so corrumpirt auch Bischoff manche Ausdrücke, die er von Pfister abgeschrieben hat. So macht Bischoff den unverzeihlichen Fehler, daß er S. 34 den Schottenfeller, den Pfister zutreffender mit Marktdieb gibt, synonym mit dem Kiesler, Beutelschneider, Taschendieb, zusammenstellt. Ueberhaupt läuft die ganze Zusam- menstellung mit den Vocabeln von Pfister, die auch keineswegs vollständig ist, auf eine kahle Zusammenschreiberei hinaus, welche äußerst hastig, dürftig und ein offenbarer Nothgriff ist, um die vorhandenen eigenen Deficite zu decken. Von einer correcten kri- tischen Synonymik kann keine Rede sein. Darin hat Thiele voll- kommen recht, daß er bei der großen und argen Flüchtigkeit Bischoff's findet, wie "sich oft sehr wesentliche Abweichungen zwi- schen Bischoff und Pfister vor Augen legen". Vom Geist und Wesen der Gaunersprache hat Bischoff keine Jdee. Welcher Gau- ner würde es verstehen, wenn man mit Bischoff (S. 45) zu ihm sagte: "Muhr ächtig, sonst steck ich dem Schoder 'n Zinken, da-
Quark u. ſ. w. Gleich haſtig und einſeitig ſind auch viele ein- zelne Begriffe aufgefaßt, z. B.: Gallach, Beichtvater; heimthun, köpfen; grandiger ſchenegeln, vergrößern; Schem vom Ulm- ſcher, Zuname; Schofelſtenz, Knotenſtock u. ſ. w. Auch ganz falſche Auffaſſungen entſtehen durch ſeine Flüchtigkeit, z. B.: Flößlings-Finchen, Fiſchangel; Kies-Klamine, Gewölbe; More, Zulauf; ich kaſchpere ihn, daß er einmuhrt, ich rede ihm zu, daß er geſteht; wir beſtieben Schimmel, es wintert zu. Sehr befremdend iſt die haltloſe Erklärung von Aufenthalt, Benne, nämlich: „1) kocheme Benne, wenn der Hausbeſitzer weiß, daß der, welcher ſich bei ihm aufhält, ein Gauner ſey, und 2) wittiſche Benne, wenn der Hausbeſitzer nicht weiß, wer ſich eigentlich bei ihm aufhält“.
Thiele, „Jüdiſche Gauner“, S. 205, macht nun freilich dem Criminalaſſeſſor Biſchoff das als billiger Gemeinplatz überall an- zubringende laxe Compliment, „daß er den Gegenſtand mit Auf- merkſamkeit und Liebe ſtudirt habe“. Aber gerade von Studium iſt bei Biſchoff überall ſo wenig die Rede, wie bei Thiele. Wie dieſer manche Ausdrücke von Gottfried Selig geradezu verpfuſcht, ſo corrumpirt auch Biſchoff manche Ausdrücke, die er von Pfiſter abgeſchrieben hat. So macht Biſchoff den unverzeihlichen Fehler, daß er S. 34 den Schottenfeller, den Pfiſter zutreffender mit Marktdieb gibt, ſynonym mit dem Kiesler, Beutelſchneider, Taſchendieb, zuſammenſtellt. Ueberhaupt läuft die ganze Zuſam- menſtellung mit den Vocabeln von Pfiſter, die auch keineswegs vollſtändig iſt, auf eine kahle Zuſammenſchreiberei hinaus, welche äußerſt haſtig, dürftig und ein offenbarer Nothgriff iſt, um die vorhandenen eigenen Deficite zu decken. Von einer correcten kri- tiſchen Synonymik kann keine Rede ſein. Darin hat Thiele voll- kommen recht, daß er bei der großen und argen Flüchtigkeit Biſchoff’s findet, wie „ſich oft ſehr weſentliche Abweichungen zwi- ſchen Biſchoff und Pfiſter vor Augen legen“. Vom Geiſt und Weſen der Gaunerſprache hat Biſchoff keine Jdee. Welcher Gau- ner würde es verſtehen, wenn man mit Biſchoff (S. 45) zu ihm ſagte: „Muhr ächtig, ſonſt ſteck ich dem Schoder ’n Zinken, da-
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Quark u. ſ. w. Gleich haſtig und einſeitig ſind auch viele ein-
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köpfen; grandiger ſchenegeln, vergrößern; Schem vom Ulm-
ſcher, Zuname; Schofelſtenz, Knotenſtock u. ſ. w. Auch ganz
falſche Auffaſſungen entſtehen durch ſeine Flüchtigkeit, z. B.:
Flößlings-Finchen, Fiſchangel; Kies-Klamine, Gewölbe;
More, Zulauf; ich kaſchpere ihn, daß er einmuhrt, ich rede
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zu. Sehr befremdend iſt die haltloſe Erklärung von Aufenthalt,
Benne, nämlich: „1) kocheme Benne, wenn der Hausbeſitzer
weiß, daß der, welcher ſich bei ihm aufhält, ein Gauner ſey, und
2) wittiſche Benne, wenn der Hausbeſitzer nicht weiß, wer ſich
eigentlich bei ihm aufhält“.
Thiele, „Jüdiſche Gauner“, S. 205, macht nun freilich dem
Criminalaſſeſſor Biſchoff das als billiger Gemeinplatz überall an-
zubringende laxe Compliment, „daß er den Gegenſtand mit Auf-
merkſamkeit und Liebe ſtudirt habe“. Aber gerade von Studium
iſt bei Biſchoff überall ſo wenig die Rede, wie bei Thiele. Wie
dieſer manche Ausdrücke von Gottfried Selig geradezu verpfuſcht,
ſo corrumpirt auch Biſchoff manche Ausdrücke, die er von Pfiſter
abgeſchrieben hat. So macht Biſchoff den unverzeihlichen Fehler,
daß er S. 34 den Schottenfeller, den Pfiſter zutreffender mit
Marktdieb gibt, ſynonym mit dem Kiesler, Beutelſchneider,
Taſchendieb, zuſammenſtellt. Ueberhaupt läuft die ganze Zuſam-
menſtellung mit den Vocabeln von Pfiſter, die auch keineswegs
vollſtändig iſt, auf eine kahle Zuſammenſchreiberei hinaus, welche
äußerſt haſtig, dürftig und ein offenbarer Nothgriff iſt, um die
vorhandenen eigenen Deficite zu decken. Von einer correcten kri-
tiſchen Synonymik kann keine Rede ſein. Darin hat Thiele voll-
kommen recht, daß er bei der großen und argen Flüchtigkeit
Biſchoff’s findet, wie „ſich oft ſehr weſentliche Abweichungen zwi-
ſchen Biſchoff und Pfiſter vor Augen legen“. Vom Geiſt und
Weſen der Gaunerſprache hat Biſchoff keine Jdee. Welcher Gau-
ner würde es verſtehen, wenn man mit Biſchoff (S. 45) zu ihm
ſagte: „Muhr ächtig, ſonſt ſteck ich dem Schoder ’n Zinken, da-
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/260>, abgerufen am 27.11.2024.
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