und verbesserten bei solchen Zusammenkünften ihre Platten- oder Spitzbuben-Sprache. Sie hätten es dahin zu bringen ge- trachtet, daß kein teutsch-lautendes Wort mehr unter ihrer Sprache sein mögte; sie hätten es aber dahin nicht bringen können. Er selbst hätte ein Wörterbuch davon geschrie- ben, welches fünf Finger dick sei. Wenn sie nun so eine Zeit bey- sammen gewesen, zerstreueten sie sich, einer nach Sachsen, die an- dern nach Schwaben, Böhmen, Bayern und am Rhein und so weiter; hielten da wieder ihre Zusammenkünfte, und lehreten die andern die Sprache. Die Bande wäre schon sehr lange, und wären derselben zwey, die Francken und die Thüringer. Letztere wären zwar der Anzahl nach stärcker, aber die Francken wären viel herzhaffter, und die Thüringer hätten deshalb vor die Francken vielen Respect, wie denn auch viele Thüringer, die er und der Crönner-Peterle in der obern Schencke zu Brengemünde, unweit Arnstadt, angetroffen, als er und Peter einen Cramer zu Jchters- hausen bestehlen wollen, sogleich vor ihnen aufgestanden und ihnen Platz gemacht, als sie in die obere Stube gekommen; denn sie hätten einander gekennt.
Wenn gestreift würde, sässen die Diebe bei ihren Platten oder Herbergsleuten sicher und versteckt, oder setzten sich auf Berge, wo man die Landschafft übersehen, und sich gleich in ein ander Territorium wenden könnte, wie sie denn die Streiffung allzeit, auch offt von denen Gerichtsknechten erführen: dahingegen die Streiffer offt im übelsten Wetter auf dem Felde umher irren müß- ten. Ob gleich manchen Tages zwey, drey von der Bande gerich- tet würden, hätten sie wieder fünf bis sechs andere, die sich zu ihnen schlügen, oder von ihnen angeworben würden. Und wenn ein Dieb unter dem Galgen stünde, und Gnade kriegte, könnte er doch das Stehlen nicht lassen, sondern stöhle an dem ersten Orte, wo er hinkäme, wieder. Er selbst habe sich noch etliche hundert Oerter aufgezeichnet gehabt, wo er und seine Cameraden noch stehlen wollen. Unter den herumstreuenden Bettelleuten sei fast keiner, der es nicht mit der Bande halte. Sein Schwiegervater, der alte Bamberger Georg, wäre immer durchgekommen, weil er
und verbeſſerten bei ſolchen Zuſammenkünften ihre Platten- oder Spitzbuben-Sprache. Sie hätten es dahin zu bringen ge- trachtet, daß kein teutſch-lautendes Wort mehr unter ihrer Sprache ſein mögte; ſie hätten es aber dahin nicht bringen können. Er ſelbſt hätte ein Wörterbuch davon geſchrie- ben, welches fünf Finger dick ſei. Wenn ſie nun ſo eine Zeit bey- ſammen geweſen, zerſtreueten ſie ſich, einer nach Sachſen, die an- dern nach Schwaben, Böhmen, Bayern und am Rhein und ſo weiter; hielten da wieder ihre Zuſammenkünfte, und lehreten die andern die Sprache. Die Bande wäre ſchon ſehr lange, und wären derſelben zwey, die Francken und die Thüringer. Letztere wären zwar der Anzahl nach ſtärcker, aber die Francken wären viel herzhaffter, und die Thüringer hätten deshalb vor die Francken vielen Reſpect, wie denn auch viele Thüringer, die er und der Crönner-Peterle in der obern Schencke zu Brengemünde, unweit Arnſtadt, angetroffen, als er und Peter einen Cramer zu Jchters- hauſen beſtehlen wollen, ſogleich vor ihnen aufgeſtanden und ihnen Platz gemacht, als ſie in die obere Stube gekommen; denn ſie hätten einander gekennt.
Wenn geſtreift würde, ſäſſen die Diebe bei ihren Platten oder Herbergsleuten ſicher und verſteckt, oder ſetzten ſich auf Berge, wo man die Landſchafft überſehen, und ſich gleich in ein ander Territorium wenden könnte, wie ſie denn die Streiffung allzeit, auch offt von denen Gerichtsknechten erführen: dahingegen die Streiffer offt im übelſten Wetter auf dem Felde umher irren müß- ten. Ob gleich manchen Tages zwey, drey von der Bande gerich- tet würden, hätten ſie wieder fünf bis ſechs andere, die ſich zu ihnen ſchlügen, oder von ihnen angeworben würden. Und wenn ein Dieb unter dem Galgen ſtünde, und Gnade kriegte, könnte er doch das Stehlen nicht laſſen, ſondern ſtöhle an dem erſten Orte, wo er hinkäme, wieder. Er ſelbſt habe ſich noch etliche hundert Oerter aufgezeichnet gehabt, wo er und ſeine Cameraden noch ſtehlen wollen. Unter den herumſtreuenden Bettelleuten ſei faſt keiner, der es nicht mit der Bande halte. Sein Schwiegervater, der alte Bamberger Georg, wäre immer durchgekommen, weil er
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und verbeſſerten bei ſolchen Zuſammenkünften ihre Platten- oder
Spitzbuben-Sprache. Sie hätten es dahin zu bringen ge-
trachtet, daß kein teutſch-lautendes Wort mehr unter
ihrer Sprache ſein mögte; ſie hätten es aber dahin nicht
bringen können. Er ſelbſt hätte ein Wörterbuch davon geſchrie-
ben, welches fünf Finger dick ſei. Wenn ſie nun ſo eine Zeit bey-
ſammen geweſen, zerſtreueten ſie ſich, einer nach Sachſen, die an-
dern nach Schwaben, Böhmen, Bayern und am Rhein und ſo
weiter; hielten da wieder ihre Zuſammenkünfte, und lehreten die
andern die Sprache. Die Bande wäre ſchon ſehr lange, und
wären derſelben zwey, die Francken und die Thüringer. Letztere
wären zwar der Anzahl nach ſtärcker, aber die Francken wären
viel herzhaffter, und die Thüringer hätten deshalb vor die Francken
vielen Reſpect, wie denn auch viele Thüringer, die er und der
Crönner-Peterle in der obern Schencke zu Brengemünde, unweit
Arnſtadt, angetroffen, als er und Peter einen Cramer zu Jchters-
hauſen beſtehlen wollen, ſogleich vor ihnen aufgeſtanden und ihnen
Platz gemacht, als ſie in die obere Stube gekommen; denn ſie
hätten einander gekennt.
Wenn geſtreift würde, ſäſſen die Diebe bei ihren Platten
oder Herbergsleuten ſicher und verſteckt, oder ſetzten ſich auf Berge,
wo man die Landſchafft überſehen, und ſich gleich in ein ander
Territorium wenden könnte, wie ſie denn die Streiffung allzeit,
auch offt von denen Gerichtsknechten erführen: dahingegen die
Streiffer offt im übelſten Wetter auf dem Felde umher irren müß-
ten. Ob gleich manchen Tages zwey, drey von der Bande gerich-
tet würden, hätten ſie wieder fünf bis ſechs andere, die ſich zu
ihnen ſchlügen, oder von ihnen angeworben würden. Und wenn
ein Dieb unter dem Galgen ſtünde, und Gnade kriegte, könnte er
doch das Stehlen nicht laſſen, ſondern ſtöhle an dem erſten Orte,
wo er hinkäme, wieder. Er ſelbſt habe ſich noch etliche hundert
Oerter aufgezeichnet gehabt, wo er und ſeine Cameraden noch
ſtehlen wollen. Unter den herumſtreuenden Bettelleuten ſei faſt
keiner, der es nicht mit der Bande halte. Sein Schwiegervater,
der alte Bamberger Georg, wäre immer durchgekommen, weil er
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 4. Leipzig, 1862, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum04_1862/161>, abgerufen am 24.11.2024.
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