Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862.

Bild:
<< vorherige Seite

lich ähnlicher Art. Die Formeln im Anfang und am Schluß sind
beinahe Stereotypen geworden, sodaß Friedrich a. a. O. auf seinem
seltsamen Currentschriftbogen eine kurze Sammlung geben konnte,
welche im Grunde dieselben. Höflichkeitsformeln gegen nahe und
entferntere Verwandte, Bekannte, Freunde und Gönner enthält.
Ueber die briefliche Anrede führt Friedrich noch Folgendes an, was
jetzt durchaus noch nicht obsolet geworden ist.

Ein unverheirathetes oder verheirathetes Mitglied der jüdischen
Gemeinde, welches eben kein besonderes ausgezeichnetes Ansehen
oder Verdienst besitzt, wird in der Synagoge zum Vorlesen nur als
[fremdsprachliches Material], Rabbi, oder auch nur mit seinem bloßen Namen aufgerufen
und bekommt in Briefen den Titel Kemar [[fremdsprachliches Material]]. 1)

Ein verheirathetes angesehenes oder dem gelehrten Studium
obliegendes Mitglied der Gemeinde wird in der Synagoge als
[fremdsprachliches Material], Chower, aufgerufen und bekommt in Briefen den Titel
Keharrer [[fremdsprachliches Material]]. 2)

Ein verheiratheter Jsraelit, welcher studirt hat, wird in der
Synagoge [fremdsprachliches Material], morenu, unser Gesetzlehrer, aufgerufen und be-
kommt in Briefen den Titel Mehurrer [[fremdsprachliches Material]]. 3) Beide Titel
können jedoch nur dann beansprucht werden, wenn ein Rabbiner
dazu die Erlaubniß und ein schriftliches Document darüber er-
theilt hat.

Ein Rabbiner, welcher in der Synagoge gewöhnlich mit
[fremdsprachliches Material], more morenu, angeredet wird, bekommt außer vielen
andern Titeln in Briefen vorzüglich noch den: [fremdsprachliches Material], av
bes din,
Vater, Präsident des Gerichts.

Alle diese Titel, welche Friedrich, a. a. O., S. iii--ix, ohne
jedoch über Etymologie, Abstammung und Bedeutung irgendetwas
anzuführen, umständlich abhandelt, sind indeß immer nur verein-

1) Kemar ist die phonetische Belebung der Abbreviatur [fremdsprachliches Material] -- [fremdsprachliches Material]
kewod maalas rabbi, die Ehre des erhabenen Rabbi.
2) Wiederum phonetisch belebte Abbreviatur [fremdsprachliches Material], d. h. [fremdsprachliches Material]
kewod haraf rabbi.
3) Ebenso abbrevirt aus [fremdsprachliches Material], moreni haraf rabbi, mein
Lehrer und hochweiser Rabbi.

lich ähnlicher Art. Die Formeln im Anfang und am Schluß ſind
beinahe Stereotypen geworden, ſodaß Friedrich a. a. O. auf ſeinem
ſeltſamen Currentſchriftbogen eine kurze Sammlung geben konnte,
welche im Grunde dieſelben. Höflichkeitsformeln gegen nahe und
entferntere Verwandte, Bekannte, Freunde und Gönner enthält.
Ueber die briefliche Anrede führt Friedrich noch Folgendes an, was
jetzt durchaus noch nicht obſolet geworden iſt.

Ein unverheirathetes oder verheirathetes Mitglied der jüdiſchen
Gemeinde, welches eben kein beſonderes ausgezeichnetes Anſehen
oder Verdienſt beſitzt, wird in der Synagoge zum Vorleſen nur als
[fremdsprachliches Material], Rabbi, oder auch nur mit ſeinem bloßen Namen aufgerufen
und bekommt in Briefen den Titel Kemar [[fremdsprachliches Material]]. 1)

Ein verheirathetes angeſehenes oder dem gelehrten Studium
obliegendes Mitglied der Gemeinde wird in der Synagoge als
[fremdsprachliches Material], Chower, aufgerufen und bekommt in Briefen den Titel
Keharrer [[fremdsprachliches Material]]. 2)

Ein verheiratheter Jſraelit, welcher ſtudirt hat, wird in der
Synagoge [fremdsprachliches Material], morenu, unſer Geſetzlehrer, aufgerufen und be-
kommt in Briefen den Titel Mehurrer [[fremdsprachliches Material]]. 3) Beide Titel
können jedoch nur dann beanſprucht werden, wenn ein Rabbiner
dazu die Erlaubniß und ein ſchriftliches Document darüber er-
theilt hat.

Ein Rabbiner, welcher in der Synagoge gewöhnlich mit
[fremdsprachliches Material], more morenu, angeredet wird, bekommt außer vielen
andern Titeln in Briefen vorzüglich noch den: [fremdsprachliches Material], av
bes din,
Vater, Präſident des Gerichts.

Alle dieſe Titel, welche Friedrich, a. a. O., S. iii—ix, ohne
jedoch über Etymologie, Abſtammung und Bedeutung irgendetwas
anzuführen, umſtändlich abhandelt, ſind indeß immer nur verein-

1) Kemar iſt die phonetiſche Belebung der Abbreviatur [fremdsprachliches Material][fremdsprachliches Material]
kewod maalas rabbi, die Ehre des erhabenen Rabbi.
2) Wiederum phonetiſch belebte Abbreviatur [fremdsprachliches Material], d. h. [fremdsprachliches Material]
kewod haraf rabbi.
3) Ebenſo abbrevirt aus [fremdsprachliches Material], moreni haraf rabbi, mein
Lehrer und hochweiſer Rabbi.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0457" n="423"/>
lich ähnlicher Art. Die Formeln im Anfang und am Schluß &#x017F;ind<lb/>
beinahe Stereotypen geworden, &#x017F;odaß Friedrich a. a. O. auf &#x017F;einem<lb/>
&#x017F;elt&#x017F;amen Current&#x017F;chriftbogen eine kurze Sammlung geben konnte,<lb/>
welche im Grunde die&#x017F;elben. Höflichkeitsformeln gegen nahe und<lb/>
entferntere Verwandte, Bekannte, Freunde und Gönner enthält.<lb/>
Ueber die briefliche Anrede führt Friedrich noch Folgendes an, was<lb/>
jetzt durchaus noch nicht ob&#x017F;olet geworden i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Ein unverheirathetes oder verheirathetes Mitglied der jüdi&#x017F;chen<lb/>
Gemeinde, welches eben kein be&#x017F;onderes ausgezeichnetes An&#x017F;ehen<lb/>
oder Verdien&#x017F;t be&#x017F;itzt, wird in der Synagoge zum Vorle&#x017F;en nur als<lb/><gap reason="fm"/>, Rabbi, oder auch nur mit &#x017F;einem bloßen Namen aufgerufen<lb/>
und bekommt in Briefen den Titel <hi rendition="#aq">Kemar</hi> [<gap reason="fm"/>]. <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Kemar</hi> i&#x017F;t die phoneti&#x017F;che Belebung der Abbreviatur <gap reason="fm"/> &#x2014; <gap reason="fm"/><lb/><hi rendition="#aq">kewod maalas rabbi,</hi> die Ehre des erhabenen Rabbi.</note></p><lb/>
            <p>Ein verheirathetes ange&#x017F;ehenes oder dem gelehrten Studium<lb/>
obliegendes Mitglied der Gemeinde wird in der Synagoge als<lb/><gap reason="fm"/>, <hi rendition="#aq">Chower,</hi> aufgerufen und bekommt in Briefen den Titel<lb/><hi rendition="#aq">Keharrer</hi> [<gap reason="fm"/>]. <note place="foot" n="2)">Wiederum phoneti&#x017F;ch belebte Abbreviatur <gap reason="fm"/>, d. h. <gap reason="fm"/><lb/><hi rendition="#aq">kewod haraf rabbi.</hi></note></p><lb/>
            <p>Ein verheiratheter J&#x017F;raelit, welcher &#x017F;tudirt hat, wird in der<lb/>
Synagoge <gap reason="fm"/>, <hi rendition="#aq">morenu,</hi> un&#x017F;er Ge&#x017F;etzlehrer, aufgerufen und be-<lb/>
kommt in Briefen den Titel <hi rendition="#aq">Mehurrer</hi> [<gap reason="fm"/>]. <note place="foot" n="3)">Eben&#x017F;o abbrevirt aus <gap reason="fm"/>, <hi rendition="#aq">moreni haraf rabbi,</hi> mein<lb/>
Lehrer und hochwei&#x017F;er Rabbi.</note> Beide Titel<lb/>
können jedoch nur dann bean&#x017F;prucht werden, wenn ein Rabbiner<lb/>
dazu die Erlaubniß und ein &#x017F;chriftliches Document darüber er-<lb/>
theilt hat.</p><lb/>
            <p>Ein Rabbiner, welcher in der Synagoge gewöhnlich mit<lb/><gap reason="fm"/>, <hi rendition="#aq">more morenu,</hi> angeredet wird, bekommt außer vielen<lb/>
andern Titeln in Briefen vorzüglich noch den: <gap reason="fm"/>, <hi rendition="#aq">av<lb/>
bes din,</hi> Vater, Prä&#x017F;ident des Gerichts.</p><lb/>
            <p>Alle die&#x017F;e Titel, welche Friedrich, a. a. O., S. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">iii&#x2014;ix,</hi></hi> ohne<lb/>
jedoch über Etymologie, Ab&#x017F;tammung und Bedeutung irgendetwas<lb/>
anzuführen, um&#x017F;tändlich abhandelt, &#x017F;ind indeß immer nur verein-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[423/0457] lich ähnlicher Art. Die Formeln im Anfang und am Schluß ſind beinahe Stereotypen geworden, ſodaß Friedrich a. a. O. auf ſeinem ſeltſamen Currentſchriftbogen eine kurze Sammlung geben konnte, welche im Grunde dieſelben. Höflichkeitsformeln gegen nahe und entferntere Verwandte, Bekannte, Freunde und Gönner enthält. Ueber die briefliche Anrede führt Friedrich noch Folgendes an, was jetzt durchaus noch nicht obſolet geworden iſt. Ein unverheirathetes oder verheirathetes Mitglied der jüdiſchen Gemeinde, welches eben kein beſonderes ausgezeichnetes Anſehen oder Verdienſt beſitzt, wird in der Synagoge zum Vorleſen nur als _ , Rabbi, oder auch nur mit ſeinem bloßen Namen aufgerufen und bekommt in Briefen den Titel Kemar [_ ]. 1) Ein verheirathetes angeſehenes oder dem gelehrten Studium obliegendes Mitglied der Gemeinde wird in der Synagoge als _ , Chower, aufgerufen und bekommt in Briefen den Titel Keharrer [_ ]. 2) Ein verheiratheter Jſraelit, welcher ſtudirt hat, wird in der Synagoge _ , morenu, unſer Geſetzlehrer, aufgerufen und be- kommt in Briefen den Titel Mehurrer [_ ]. 3) Beide Titel können jedoch nur dann beanſprucht werden, wenn ein Rabbiner dazu die Erlaubniß und ein ſchriftliches Document darüber er- theilt hat. Ein Rabbiner, welcher in der Synagoge gewöhnlich mit _ , more morenu, angeredet wird, bekommt außer vielen andern Titeln in Briefen vorzüglich noch den: _ , av bes din, Vater, Präſident des Gerichts. Alle dieſe Titel, welche Friedrich, a. a. O., S. iii—ix, ohne jedoch über Etymologie, Abſtammung und Bedeutung irgendetwas anzuführen, umſtändlich abhandelt, ſind indeß immer nur verein- 1) Kemar iſt die phonetiſche Belebung der Abbreviatur _ — _ kewod maalas rabbi, die Ehre des erhabenen Rabbi. 2) Wiederum phonetiſch belebte Abbreviatur _ , d. h. _ kewod haraf rabbi. 3) Ebenſo abbrevirt aus _ , moreni haraf rabbi, mein Lehrer und hochweiſer Rabbi.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/457
Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/457>, abgerufen am 23.11.2024.