Formen und über die sogenannte kleine Zahl sowie über die sehr eigenthümliche jüdische Zeitrechnung in Kap. 86 gesprochen werden.
Zweiundachtzigstes Kapitel. e. Das Verbum.
Die jüdischdeutsche Sprache hat einen überaus großen Reich- thum an Verben. Jhr steht nicht nur die ganze Fülle der Zeit- wörter älterer und neuerer Sprachen zu Gebote, sie schafft in ganz eigenthümlicher Weise noch eine große Menge Zeitwörter aus der hebräischen Sprache dazu, indem sie an Verba hebräischen Stam- mes deutsche Endungen anhängt und diese so gebildeten Verba deutsch conjugirt, oder indem sie auch hebräische Substantiva, Ad- jectiva und besonders Participia 1) ohne weiteres mit den deut- schen Hülfszeitwörtern verbindet und flectirt. So große Gewalt nun auch hierbei die jüdischdeutsche Sprache dem Geiste beider Sprachen anthut und so höchst eigenthümlich sie in dieser Bil- dung des Verbums dasteht: so ist doch gerade das jüdischdeutsche Verbum sehr leicht und einfach, da seine Flexion durchaus nicht von der deutschen Grammatik abweicht. Nur in einzelnen recipir- ten rein hebräischen Redensarten treten die hebräischen Bildungs- silben des Verbums hervor, jedoch bei weitem seltener als beim Nomen, und diese Redensarten sind so bestimmte, stereotype For- meln, daß sie für den Nichtkenner der hebräischen Sprache sehr füglich und leicht als bloße Vocabulatur aufzufassen und zu ver- stehen sind. Zur allgemeinen Uebersicht der Bildungssilben (affor- mativa und praeformativa) möge nach Rödiger, a. a. O., §. 40, die sehr deutliche Tabelle des Perfects und Jmperfects, der beiden einzigen Tempusformen, Platz finden. Wie bei dem Personalpro- nomen haben auch hier die Geschlechter verschiedene Formen. An
1) welche dem Begriffe nach Adjectiva find und meistens die Ableitungs- präfixe [fremdsprachliches Material] haben.
Formen und über die ſogenannte kleine Zahl ſowie über die ſehr eigenthümliche jüdiſche Zeitrechnung in Kap. 86 geſprochen werden.
Zweiundachtzigſtes Kapitel. η. Das Verbum.
Die jüdiſchdeutſche Sprache hat einen überaus großen Reich- thum an Verben. Jhr ſteht nicht nur die ganze Fülle der Zeit- wörter älterer und neuerer Sprachen zu Gebote, ſie ſchafft in ganz eigenthümlicher Weiſe noch eine große Menge Zeitwörter aus der hebräiſchen Sprache dazu, indem ſie an Verba hebräiſchen Stam- mes deutſche Endungen anhängt und dieſe ſo gebildeten Verba deutſch conjugirt, oder indem ſie auch hebräiſche Subſtantiva, Ad- jectiva und beſonders Participia 1) ohne weiteres mit den deut- ſchen Hülfszeitwörtern verbindet und flectirt. So große Gewalt nun auch hierbei die jüdiſchdeutſche Sprache dem Geiſte beider Sprachen anthut und ſo höchſt eigenthümlich ſie in dieſer Bil- dung des Verbums daſteht: ſo iſt doch gerade das jüdiſchdeutſche Verbum ſehr leicht und einfach, da ſeine Flexion durchaus nicht von der deutſchen Grammatik abweicht. Nur in einzelnen recipir- ten rein hebräiſchen Redensarten treten die hebräiſchen Bildungs- ſilben des Verbums hervor, jedoch bei weitem ſeltener als beim Nomen, und dieſe Redensarten ſind ſo beſtimmte, ſtereotype For- meln, daß ſie für den Nichtkenner der hebräiſchen Sprache ſehr füglich und leicht als bloße Vocabulatur aufzufaſſen und zu ver- ſtehen ſind. Zur allgemeinen Ueberſicht der Bildungsſilben (affor- mativa und praeformativa) möge nach Rödiger, a. a. O., §. 40, die ſehr deutliche Tabelle des Perfects und Jmperfects, der beiden einzigen Tempusformen, Platz finden. Wie bei dem Perſonalpro- nomen haben auch hier die Geſchlechter verſchiedene Formen. An
1) welche dem Begriffe nach Adjectiva find und meiſtens die Ableitungs- präfixe [fremdsprachliches Material] haben.
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Formen und über die ſogenannte kleine Zahl ſowie über die ſehr
eigenthümliche jüdiſche Zeitrechnung in Kap. 86 geſprochen werden.
Zweiundachtzigſtes Kapitel.
η. Das Verbum.
Die jüdiſchdeutſche Sprache hat einen überaus großen Reich-
thum an Verben. Jhr ſteht nicht nur die ganze Fülle der Zeit-
wörter älterer und neuerer Sprachen zu Gebote, ſie ſchafft in ganz
eigenthümlicher Weiſe noch eine große Menge Zeitwörter aus der
hebräiſchen Sprache dazu, indem ſie an Verba hebräiſchen Stam-
mes deutſche Endungen anhängt und dieſe ſo gebildeten Verba
deutſch conjugirt, oder indem ſie auch hebräiſche Subſtantiva, Ad-
jectiva und beſonders Participia 1) ohne weiteres mit den deut-
ſchen Hülfszeitwörtern verbindet und flectirt. So große Gewalt
nun auch hierbei die jüdiſchdeutſche Sprache dem Geiſte beider
Sprachen anthut und ſo höchſt eigenthümlich ſie in dieſer Bil-
dung des Verbums daſteht: ſo iſt doch gerade das jüdiſchdeutſche
Verbum ſehr leicht und einfach, da ſeine Flexion durchaus nicht
von der deutſchen Grammatik abweicht. Nur in einzelnen recipir-
ten rein hebräiſchen Redensarten treten die hebräiſchen Bildungs-
ſilben des Verbums hervor, jedoch bei weitem ſeltener als beim
Nomen, und dieſe Redensarten ſind ſo beſtimmte, ſtereotype For-
meln, daß ſie für den Nichtkenner der hebräiſchen Sprache ſehr
füglich und leicht als bloße Vocabulatur aufzufaſſen und zu ver-
ſtehen ſind. Zur allgemeinen Ueberſicht der Bildungsſilben (affor-
mativa und praeformativa) möge nach Rödiger, a. a. O., §. 40,
die ſehr deutliche Tabelle des Perfects und Jmperfects, der beiden
einzigen Tempusformen, Platz finden. Wie bei dem Perſonalpro-
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/417>, abgerufen am 22.11.2024.
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