Ahasverusspiel vorkommt, wo es heißt: [fremdsprachliches Material], omar melech leschreiber, spricht der König zum Schreiber.
Achtzigstes Kapitel. e. Das Adjectiv.
Zu dem großen Reichthum deutscher Adjectiva, welchen die jüdischdeutsche Sprache sehr frei und willkürlich aus allen deut- schen Provinzialismen und aus fremden Sprachen zusammenträgt und zu welchem sie noch die seltsamsten Bildungen hinzufügt, z. B.: [fremdsprachliches Material], rechtfertig für gerecht; [fremdsprachliches Material], ohnkeischtig für unkeusch; [fremdsprachliches Material], nothsachlich für nothwendig, findet sie noch einen großen Schatz von Adjectiven aus dem hebräischen Vorrath. Zwar ist die hebräische Sprache arm an Adjectiven, wie unter andern die Adjectiva der Materie ihr gänzlich fehlen. Sie ersetzt aber den Mangel dadurch, daß sie das Substantiv der Eigenschaft dem durch dieselbe näher zu bestimmenden Worte nachsetzt, z. B.: [fremdsprachliches Material], aron ez, eine Lade von Holz, hölzerne Lade. Ebenso werden Adjectiva, welche im Deutschen von Substantiven abgeleitet sind und einen Besitz, eine Beschaffenheit, eine Gewohn- heit anzeigen, durch Substantiva umschrieben, welche den Besitzer der Eigenschaft anzeigen. Vorzüglich findet dies bei den Wörtern [fremdsprachliches Material], isch, Mann; [fremdsprachliches Material], baal, Herr; [fremdsprachliches Material], ben, Sohn, und [fremdsprachliches Material], bas, Tochter, statt, z. B.: [fremdsprachliches Material], isch deworim, Mann der Worte, beredter Mann; [fremdsprachliches Material], baal tachliss, Mann, der den Endzweck vor Augen hat, Mann der Vollendung, ein fleißiger Mann; [fremdsprachliches Material], ben jissrael, Sohn Jsrael's, der Jude; [fremdsprachliches Material], bass schono, Tochter eines Jahres, einjährige Tochter.
Aus dieser eigenthümlichen Verwendung des Substantivs zu adjectivischer Bezeichnung eines näher zu bestimmenden Substan- tivs geht selbstverständlich hervor, daß das adjectivische Substantiv unverändert bleibt, wenn auch das Hauptsubstantiv verändert wird, z. B.: [fremdsprachliches Material], bass schono, einjährige Tochter, Plur. [fremdsprachliches Material],
Ahasverusſpiel vorkommt, wo es heißt: [fremdsprachliches Material], omar melech leschreiber, ſpricht der König zum Schreiber.
Achtzigſtes Kapitel. ε. Das Adjectiv.
Zu dem großen Reichthum deutſcher Adjectiva, welchen die jüdiſchdeutſche Sprache ſehr frei und willkürlich aus allen deut- ſchen Provinzialismen und aus fremden Sprachen zuſammenträgt und zu welchem ſie noch die ſeltſamſten Bildungen hinzufügt, z. B.: [fremdsprachliches Material], rechtfertig für gerecht; [fremdsprachliches Material], ohnkeiſchtig für unkeuſch; [fremdsprachliches Material], nothſachlich für nothwendig, findet ſie noch einen großen Schatz von Adjectiven aus dem hebräiſchen Vorrath. Zwar iſt die hebräiſche Sprache arm an Adjectiven, wie unter andern die Adjectiva der Materie ihr gänzlich fehlen. Sie erſetzt aber den Mangel dadurch, daß ſie das Subſtantiv der Eigenſchaft dem durch dieſelbe näher zu beſtimmenden Worte nachſetzt, z. B.: [fremdsprachliches Material], aron ez, eine Lade von Holz, hölzerne Lade. Ebenſo werden Adjectiva, welche im Deutſchen von Subſtantiven abgeleitet ſind und einen Beſitz, eine Beſchaffenheit, eine Gewohn- heit anzeigen, durch Subſtantiva umſchrieben, welche den Beſitzer der Eigenſchaft anzeigen. Vorzüglich findet dies bei den Wörtern [fremdsprachliches Material], isch, Mann; [fremdsprachliches Material], baal, Herr; [fremdsprachliches Material], ben, Sohn, und [fremdsprachliches Material], bas, Tochter, ſtatt, z. B.: [fremdsprachliches Material], isch deworim, Mann der Worte, beredter Mann; [fremdsprachliches Material], baal tachliss, Mann, der den Endzweck vor Augen hat, Mann der Vollendung, ein fleißiger Mann; [fremdsprachliches Material], ben jissrael, Sohn Jſrael’s, der Jude; [fremdsprachliches Material], bass schono, Tochter eines Jahres, einjährige Tochter.
Aus dieſer eigenthümlichen Verwendung des Subſtantivs zu adjectiviſcher Bezeichnung eines näher zu beſtimmenden Subſtan- tivs geht ſelbſtverſtändlich hervor, daß das adjectiviſche Subſtantiv unverändert bleibt, wenn auch das Hauptſubſtantiv verändert wird, z. B.: [fremdsprachliches Material], bass schono, einjährige Tochter, Plur. [fremdsprachliches Material],
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Ahasverusſpiel vorkommt, wo es heißt: _ ,
omar melech leschreiber, ſpricht der König zum Schreiber.
Achtzigſtes Kapitel.
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Zu dem großen Reichthum deutſcher Adjectiva, welchen die
jüdiſchdeutſche Sprache ſehr frei und willkürlich aus allen deut-
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und zu welchem ſie noch die ſeltſamſten Bildungen hinzufügt,
z. B.: _ , rechtfertig für gerecht; _ , ohnkeiſchtig für
unkeuſch; _ , nothſachlich für nothwendig, findet ſie noch
einen großen Schatz von Adjectiven aus dem hebräiſchen Vorrath.
Zwar iſt die hebräiſche Sprache arm an Adjectiven, wie unter
andern die Adjectiva der Materie ihr gänzlich fehlen. Sie erſetzt
aber den Mangel dadurch, daß ſie das Subſtantiv der Eigenſchaft
dem durch dieſelbe näher zu beſtimmenden Worte nachſetzt, z. B.:
_ , aron ez, eine Lade von Holz, hölzerne Lade.
Ebenſo werden Adjectiva, welche im Deutſchen von Subſtantiven
abgeleitet ſind und einen Beſitz, eine Beſchaffenheit, eine Gewohn-
heit anzeigen, durch Subſtantiva umſchrieben, welche den Beſitzer
der Eigenſchaft anzeigen. Vorzüglich findet dies bei den Wörtern
_ , isch, Mann; _ , baal, Herr; _ , ben,
Sohn, und _ , bas, Tochter, ſtatt, z. B.: _ , isch
deworim, Mann der Worte, beredter Mann; _ , baal tachliss,
Mann, der den Endzweck vor Augen hat, Mann der Vollendung, ein
fleißiger Mann; _ , ben jissrael, Sohn Jſrael’s, der Jude;
_ , bass schono, Tochter eines Jahres, einjährige Tochter.
Aus dieſer eigenthümlichen Verwendung des Subſtantivs zu
adjectiviſcher Bezeichnung eines näher zu beſtimmenden Subſtan-
tivs geht ſelbſtverſtändlich hervor, daß das adjectiviſche Subſtantiv
unverändert bleibt, wenn auch das Hauptſubſtantiv verändert wird,
z. B.: _ , bass schono, einjährige Tochter, Plur. _ ,
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/407>, abgerufen am 25.11.2024.
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