selben Plantinischen Officin ein eigenes Werk heraus unter dem Titel: "De Literis et Lingua Getarum sive Gothorum. Item de Notis Lombardicis. Quibus accesserunt Specimina varia- rum Linguarum, quarum Indicem pagina quae Praefationem sequitur, ostendit" u. s. w. (Leyden 1597). Dies sehr selten gewordene Werk ist schon deshalb besonders wichtig, weil es S. 102-- 105 die erste kleine Sammlung von Zigeunerwörtern (70 an der Zahl) enthält und außerdem, in alphabetischer Ordnung wie jene, eine Sammlung von 58 Gaunerwörtern. Doch hat Vul- canius, seiner auf dem Titel angedeuteten Aufgabe gemäß, über die gothischen Buchstaben und verschiedene Alphabete namentlich in Betracht der damaligen Zeit, in welcher das urkundliche Ma- terial besonders für Sprachforschung überall noch so wenig an das Tageslicht gebracht war, viel Bemerkenswerthes gesagt und dazu noch manches Jnteressante aus dem Althochdeutschen beigegeben, namentlich S. 65 und 66 ein kleines althochdeutsches Vocabular und S. 92--94 ein cantabrisches Wörterbuch beigefügt, welches letztere Kaspar Waser in seinem "Libellus Commentariorum ad Mithridatem Gesneri", S. 135, als Index vocabulorum ali- quot Vasconicorum wieder abgedruckt hat. Doch kommen diese schätzenswerthen Materialien und Erörterungen hier nicht in Be- tracht gegen den zweiten Theil des Werks, welcher den "Commen- tariolus de Notis Lombardicis" enthält Vulcanius, welcher die ganze Zeit des Kriegselends während der Alba'schen Statthalter- schaft in den Niederlanden durchlebt hatte, erzählt S. iv der Vor- rede seines Werks, daß aus der vandalischen Zerstörung seiner vaterländischen Bibliotheken ihm Fragmente eines alten Manuscripts (lacerae quaedam tabulae) zur Hand gekommen seien, in welchen von einem unbekannten Verfasser über die gothische Sprache und über die Lombardischen Noten Mittheilungen aus einem uralten Manuscript enthalten seien. Ueber den Verfasser der ihm vorlie- genden lacerae tabulae spricht Vulcanius verschiedene Vermuthun- gen aus und hält es auch für möglich, daß Anton Schonhov dieser gewesen sei. Doch ist durch Ermittelung der Person wol kaum etwas gewonnen, da Schonhov selbst nur als Referent apho-
ſelben Plantiniſchen Officin ein eigenes Werk heraus unter dem Titel: „De Literis et Lingua Getarum sive Gothorum. Item de Notis Lombardicis. Quibus accesserunt Specimina varia- rum Linguarum, quarum Indicem pagina quae Praefationem sequitur, ostendit“ u. ſ. w. (Leyden 1597). Dies ſehr ſelten gewordene Werk iſt ſchon deshalb beſonders wichtig, weil es S. 102— 105 die erſte kleine Sammlung von Zigeunerwörtern (70 an der Zahl) enthält und außerdem, in alphabetiſcher Ordnung wie jene, eine Sammlung von 58 Gaunerwörtern. Doch hat Vul- canius, ſeiner auf dem Titel angedeuteten Aufgabe gemäß, über die gothiſchen Buchſtaben und verſchiedene Alphabete namentlich in Betracht der damaligen Zeit, in welcher das urkundliche Ma- terial beſonders für Sprachforſchung überall noch ſo wenig an das Tageslicht gebracht war, viel Bemerkenswerthes geſagt und dazu noch manches Jntereſſante aus dem Althochdeutſchen beigegeben, namentlich S. 65 und 66 ein kleines althochdeutſches Vocabular und S. 92—94 ein cantabriſches Wörterbuch beigefügt, welches letztere Kaspar Waſer in ſeinem „Libellus Commentariorum ad Mithridatem Gesneri“, S. 135, als Index vocabulorum ali- quot Vasconicorum wieder abgedruckt hat. Doch kommen dieſe ſchätzenswerthen Materialien und Erörterungen hier nicht in Be- tracht gegen den zweiten Theil des Werks, welcher den „Commen- tariolus de Notis Lombardicis“ enthält Vulcanius, welcher die ganze Zeit des Kriegselends während der Alba’ſchen Statthalter- ſchaft in den Niederlanden durchlebt hatte, erzählt S. iv der Vor- rede ſeines Werks, daß aus der vandaliſchen Zerſtörung ſeiner vaterländiſchen Bibliotheken ihm Fragmente eines alten Manuſcripts (lacerae quaedam tabulae) zur Hand gekommen ſeien, in welchen von einem unbekannten Verfaſſer über die gothiſche Sprache und über die Lombardiſchen Noten Mittheilungen aus einem uralten Manuſcript enthalten ſeien. Ueber den Verfaſſer der ihm vorlie- genden lacerae tabulae ſpricht Vulcanius verſchiedene Vermuthun- gen aus und hält es auch für möglich, daß Anton Schonhov dieſer geweſen ſei. Doch iſt durch Ermittelung der Perſon wol kaum etwas gewonnen, da Schonhov ſelbſt nur als Referent apho-
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ſelben Plantiniſchen Officin ein eigenes Werk heraus unter dem
Titel: „De Literis et Lingua Getarum sive Gothorum. Item
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sequitur, ostendit“ u. ſ. w. (Leyden 1597). Dies ſehr ſelten
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S. 102— 105 die erſte kleine Sammlung von Zigeunerwörtern
(70 an der Zahl) enthält und außerdem, in alphabetiſcher Ordnung
wie jene, eine Sammlung von 58 Gaunerwörtern. Doch hat Vul-
canius, ſeiner auf dem Titel angedeuteten Aufgabe gemäß, über
die gothiſchen Buchſtaben und verſchiedene Alphabete namentlich
in Betracht der damaligen Zeit, in welcher das urkundliche Ma-
terial beſonders für Sprachforſchung überall noch ſo wenig an das
Tageslicht gebracht war, viel Bemerkenswerthes geſagt und dazu
noch manches Jntereſſante aus dem Althochdeutſchen beigegeben,
namentlich S. 65 und 66 ein kleines althochdeutſches Vocabular
und S. 92—94 ein cantabriſches Wörterbuch beigefügt, welches
letztere Kaspar Waſer in ſeinem „Libellus Commentariorum ad
Mithridatem Gesneri“, S. 135, als Index vocabulorum ali-
quot Vasconicorum wieder abgedruckt hat. Doch kommen dieſe
ſchätzenswerthen Materialien und Erörterungen hier nicht in Be-
tracht gegen den zweiten Theil des Werks, welcher den „Commen-
tariolus de Notis Lombardicis“ enthält Vulcanius, welcher die
ganze Zeit des Kriegselends während der Alba’ſchen Statthalter-
ſchaft in den Niederlanden durchlebt hatte, erzählt S. iv der Vor-
rede ſeines Werks, daß aus der vandaliſchen Zerſtörung ſeiner
vaterländiſchen Bibliotheken ihm Fragmente eines alten Manuſcripts
(lacerae quaedam tabulae) zur Hand gekommen ſeien, in welchen
von einem unbekannten Verfaſſer über die gothiſche Sprache und
über die Lombardiſchen Noten Mittheilungen aus einem uralten
Manuſcript enthalten ſeien. Ueber den Verfaſſer der ihm vorlie-
genden lacerae tabulae ſpricht Vulcanius verſchiedene Vermuthun-
gen aus und hält es auch für möglich, daß Anton Schonhov
dieſer geweſen ſei. Doch iſt durch Ermittelung der Perſon wol
kaum etwas gewonnen, da Schonhov ſelbſt nur als Referent apho-
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/375>, abgerufen am 22.11.2024.
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