Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862.

Bild:
<< vorherige Seite

das [fremdsprachliches Material] zu [fremdsprachliches Material] umgestellt ist. Auch kommen Finalbuchstaben in der
Mitte und Mittelbuchstaben am Ende vor.

Diese keineswegs müßig aufgeführten Eigenthümlichkeiten sind
wohl zu bemerken, da sie mehr oder minder, näher oder entfernter
sowol im Jüdischdeutschen als auch in der Gaunersprache Anwen-
dung finden. Ueber die krumm geschriebenen Zeilen wird weiter
unten (Kap. 71) gesprochen werden. Man vgl. auch das in Kap. 84
über die kabbalistischen Formen Gesagte.



Vierundsechzigstes Kapitel.
d) Die Ligaturen.
a. Quadratschrift.

Jn alten hebräischen Handschriften, besonders in den erfurter
Manuscripten und in ältern Drucken, findet man nicht selten zwei
Buchstaben in einen einzigen Charakter zusammengezogen, für
welche jetzt überhaupt nicht mehr gebräuchliche Ligaturen kaum
selbst die besten Druckereien noch Charaktere besitzen. Diese Liga-
turen scheinen der alten Quadratschrift ganz fremd und erst von
spätern Abschreibern eingeführt, auch immer nur auf einige Buch-
staben, namentlich [fremdsprachliches Material] und [fremdsprachliches Material], beschränkt gewesen zu
sein. Sie sind auch wahrscheinlich erst den griechischen Manuscript-
ligaturen nachgeahmt worden, welche bei der Behendigkeit der
griechischen kleinen Buchstabenschrift die Verbindung mehrerer Buch-
staben, ja ganzer Wörter, z. B. einai, esti, ton, uper, para,
tauta, menos, meta, epeide u. s. w., gern und leicht in einen
einzigen Zug faßten und so allgemein wurden, daß sie auch in
die alten Drucke übergingen und zu ihrem Verständniß eine be-
sondere Commentirung nöthig machten, wie denn auch der bereits
angeführte Vitray (1636) auf S. 21 und 22 seiner "Orientali-
schen Alphabete" nicht weniger als 140 griechische Ligaturen er-
läutert. Jn hebräischen Quadratschriftdrucken neuerer Zeit sind die
Ligaturen ganz verschwunden bis auf eine, welche man auch jetzt

das [fremdsprachliches Material] zu [fremdsprachliches Material] umgeſtellt iſt. Auch kommen Finalbuchſtaben in der
Mitte und Mittelbuchſtaben am Ende vor.

Dieſe keineswegs müßig aufgeführten Eigenthümlichkeiten ſind
wohl zu bemerken, da ſie mehr oder minder, näher oder entfernter
ſowol im Jüdiſchdeutſchen als auch in der Gaunerſprache Anwen-
dung finden. Ueber die krumm geſchriebenen Zeilen wird weiter
unten (Kap. 71) geſprochen werden. Man vgl. auch das in Kap. 84
über die kabbaliſtiſchen Formen Geſagte.



Vierundſechzigſtes Kapitel.
d) Die Ligaturen.
α. Quadratſchrift.

Jn alten hebräiſchen Handſchriften, beſonders in den erfurter
Manuſcripten und in ältern Drucken, findet man nicht ſelten zwei
Buchſtaben in einen einzigen Charakter zuſammengezogen, für
welche jetzt überhaupt nicht mehr gebräuchliche Ligaturen kaum
ſelbſt die beſten Druckereien noch Charaktere beſitzen. Dieſe Liga-
turen ſcheinen der alten Quadratſchrift ganz fremd und erſt von
ſpätern Abſchreibern eingeführt, auch immer nur auf einige Buch-
ſtaben, namentlich [fremdsprachliches Material] und [fremdsprachliches Material], beſchränkt geweſen zu
ſein. Sie ſind auch wahrſcheinlich erſt den griechiſchen Manuſcript-
ligaturen nachgeahmt worden, welche bei der Behendigkeit der
griechiſchen kleinen Buchſtabenſchrift die Verbindung mehrerer Buch-
ſtaben, ja ganzer Wörter, z. B. εἶναι, ἔστι, τῶν, ὑπέρ, παρὰ,
ταῦτα, μένος, μετά, ἐπειδή u. ſ. w., gern und leicht in einen
einzigen Zug faßten und ſo allgemein wurden, daß ſie auch in
die alten Drucke übergingen und zu ihrem Verſtändniß eine be-
ſondere Commentirung nöthig machten, wie denn auch der bereits
angeführte Vitray (1636) auf S. 21 und 22 ſeiner „Orientali-
ſchen Alphabete“ nicht weniger als 140 griechiſche Ligaturen er-
läutert. Jn hebräiſchen Quadratſchriftdrucken neuerer Zeit ſind die
Ligaturen ganz verſchwunden bis auf eine, welche man auch jetzt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0352" n="318"/>
das <gap reason="fm"/> zu <gap reason="fm"/> umge&#x017F;tellt i&#x017F;t. Auch kommen Finalbuch&#x017F;taben in der<lb/>
Mitte und Mittelbuch&#x017F;taben am Ende vor.</p><lb/>
            <p>Die&#x017F;e keineswegs müßig aufgeführten Eigenthümlichkeiten &#x017F;ind<lb/>
wohl zu bemerken, da &#x017F;ie mehr oder minder, näher oder entfernter<lb/>
&#x017F;owol im Jüdi&#x017F;chdeut&#x017F;chen als auch in der Gauner&#x017F;prache Anwen-<lb/>
dung finden. Ueber die <hi rendition="#g">krumm</hi> ge&#x017F;chriebenen Zeilen wird weiter<lb/>
unten (Kap. 71) ge&#x017F;prochen werden. Man vgl. auch das in Kap. 84<lb/>
über die kabbali&#x017F;ti&#x017F;chen Formen Ge&#x017F;agte.</p>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#fr">Vierund&#x017F;echzig&#x017F;tes Kapitel.</hi> </head><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#aq">d)</hi> <hi rendition="#fr">Die Ligaturen.</hi> </head><lb/>
              <div n="5">
                <head>&#x03B1;. <hi rendition="#b">Quadrat&#x017F;chrift.</hi></head><lb/>
                <p>Jn alten hebräi&#x017F;chen Hand&#x017F;chriften, be&#x017F;onders in den erfurter<lb/>
Manu&#x017F;cripten und in ältern Drucken, findet man nicht &#x017F;elten zwei<lb/>
Buch&#x017F;taben in einen einzigen Charakter zu&#x017F;ammengezogen, für<lb/>
welche jetzt überhaupt nicht mehr gebräuchliche Ligaturen kaum<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t die be&#x017F;ten Druckereien noch Charaktere be&#x017F;itzen. Die&#x017F;e Liga-<lb/>
turen &#x017F;cheinen der alten Quadrat&#x017F;chrift ganz fremd und er&#x017F;t von<lb/>
&#x017F;pätern Ab&#x017F;chreibern eingeführt, auch immer nur auf einige Buch-<lb/>
&#x017F;taben, namentlich <gap reason="fm"/> und <gap reason="fm"/>, be&#x017F;chränkt gewe&#x017F;en zu<lb/>
&#x017F;ein. Sie &#x017F;ind auch wahr&#x017F;cheinlich er&#x017F;t den griechi&#x017F;chen Manu&#x017F;cript-<lb/>
ligaturen nachgeahmt worden, welche bei der Behendigkeit der<lb/>
griechi&#x017F;chen kleinen Buch&#x017F;taben&#x017F;chrift die Verbindung mehrerer Buch-<lb/>
&#x017F;taben, ja ganzer Wörter, z. B. &#x03B5;&#x1F36;&#x03BD;&#x03B1;&#x03B9;, &#x1F14;&#x03C3;&#x03C4;&#x03B9;, &#x03C4;&#x1FF6;&#x03BD;, &#x1F51;&#x03C0;&#x03AD;&#x03C1;, &#x03C0;&#x03B1;&#x03C1;&#x1F70;,<lb/>
&#x03C4;&#x03B1;&#x1FE6;&#x03C4;&#x03B1;, &#x03BC;&#x03AD;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C2;, &#x03BC;&#x03B5;&#x03C4;&#x03AC;, &#x1F10;&#x03C0;&#x03B5;&#x03B9;&#x03B4;&#x03AE; u. &#x017F;. w., gern und leicht in einen<lb/>
einzigen Zug faßten und &#x017F;o allgemein wurden, daß &#x017F;ie auch in<lb/>
die alten Drucke übergingen und zu ihrem Ver&#x017F;tändniß eine be-<lb/>
&#x017F;ondere Commentirung nöthig machten, wie denn auch der bereits<lb/>
angeführte Vitray (1636) auf S. 21 und 22 &#x017F;einer &#x201E;Orientali-<lb/>
&#x017F;chen Alphabete&#x201C; nicht weniger als 140 griechi&#x017F;che Ligaturen er-<lb/>
läutert. Jn hebräi&#x017F;chen Quadrat&#x017F;chriftdrucken neuerer Zeit &#x017F;ind die<lb/>
Ligaturen ganz ver&#x017F;chwunden bis auf eine, welche man auch jetzt<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[318/0352] das _ zu _ umgeſtellt iſt. Auch kommen Finalbuchſtaben in der Mitte und Mittelbuchſtaben am Ende vor. Dieſe keineswegs müßig aufgeführten Eigenthümlichkeiten ſind wohl zu bemerken, da ſie mehr oder minder, näher oder entfernter ſowol im Jüdiſchdeutſchen als auch in der Gaunerſprache Anwen- dung finden. Ueber die krumm geſchriebenen Zeilen wird weiter unten (Kap. 71) geſprochen werden. Man vgl. auch das in Kap. 84 über die kabbaliſtiſchen Formen Geſagte. Vierundſechzigſtes Kapitel. d) Die Ligaturen. α. Quadratſchrift. Jn alten hebräiſchen Handſchriften, beſonders in den erfurter Manuſcripten und in ältern Drucken, findet man nicht ſelten zwei Buchſtaben in einen einzigen Charakter zuſammengezogen, für welche jetzt überhaupt nicht mehr gebräuchliche Ligaturen kaum ſelbſt die beſten Druckereien noch Charaktere beſitzen. Dieſe Liga- turen ſcheinen der alten Quadratſchrift ganz fremd und erſt von ſpätern Abſchreibern eingeführt, auch immer nur auf einige Buch- ſtaben, namentlich _ und _ , beſchränkt geweſen zu ſein. Sie ſind auch wahrſcheinlich erſt den griechiſchen Manuſcript- ligaturen nachgeahmt worden, welche bei der Behendigkeit der griechiſchen kleinen Buchſtabenſchrift die Verbindung mehrerer Buch- ſtaben, ja ganzer Wörter, z. B. εἶναι, ἔστι, τῶν, ὑπέρ, παρὰ, ταῦτα, μένος, μετά, ἐπειδή u. ſ. w., gern und leicht in einen einzigen Zug faßten und ſo allgemein wurden, daß ſie auch in die alten Drucke übergingen und zu ihrem Verſtändniß eine be- ſondere Commentirung nöthig machten, wie denn auch der bereits angeführte Vitray (1636) auf S. 21 und 22 ſeiner „Orientali- ſchen Alphabete“ nicht weniger als 140 griechiſche Ligaturen er- läutert. Jn hebräiſchen Quadratſchriftdrucken neuerer Zeit ſind die Ligaturen ganz verſchwunden bis auf eine, welche man auch jetzt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/352
Zitationshilfe: Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/352>, abgerufen am 25.11.2024.