Oevrigkeit; Klugheit, Klogheit, u. s. w., zum Beweise, daß diese Endsilben spätern Ursprungs und dem Altniederdeutschen fremd sind.
Bei dieser diphthongischen Geltung des [fremdsprachliches Material] neben seiner conso- nantischen und vielseitig vocalischen Geltung scheint denn auch die Composition des diphthongischen [fremdsprachliches Material] eine spätere zu sein, welche be- sonders zur Vermeidung von Verwechselungen eingeführt wurde, ob- schon der Diphthong [fremdsprachliches Material], wenn auch nur neben dem diphthongischen [fremdsprachliches Material] und sparsam, doch bereits in den ältesten Schriften sich findet, bis er das diphthongische [fremdsprachliches Material] ebenso sehr zurückdrängte, wie in anderer Hinsicht das verdichtete [fremdsprachliches Material] vom [fremdsprachliches Material] zurückgeschoben wurde.
Auch das verdichtete [fremdsprachliches Material] und mit ihm das für [fremdsprachliches Material] als o gebrauchte [fremdsprachliches Material] hatte neben der vocalischen ursprünglich noch eine diphthongische Geltung (vgl. oben das vocalische [fremdsprachliches Material]), welche sich auch im heutigen jüdischen Volksmunde erhalten hat. Man hört das [fremdsprachliches Material] vielfach wie au und wie ou aussprechen. Diese Aussprache ist nach Ausweis der in dieser Beziehung sehr wichtigen ältesten Wörterbücher der Meschummodim schon sehr alt. Man hat diese Aussprache wol als die sächsische Judenmundart bezeichnet; doch ist diese flache und flüchtige Bezeichnung ganz haltlos und falsch. Man könnte sie mit weit mehr Fug und Recht die niedersächsische nennen. Bei näherer Forschung nach dem Grund und Umfang dieser Aussprache bemerkt man zunächst, daß vorzüglich das verdichtete [fremdsprachliches Material] wie au und ou ausgesprochen wird, gleichwie das [fremdsprachliches Material], wenn es an Stelle des verdichteten [fremdsprachliches Material] steht. Diese Aussprache findet aber wieder meistens nur dann statt, wenn das [fremdsprachliches Material] oder [fremdsprachliches Material] in einer Wurzelsilbe steht. Sie scheint ursprünglich auch nur vor gewissen Consonanten stattge- funden zu haben. Vergleicht man nun das Althochdeutsche, so findet man, daß hier das wurzelhafte o vor den Consonanten d, t, z, s, h, r und n aus au oder ou verdichtet ist. Hahn, "Alt- hochdeutsche Grammatik", S. 3, führt die Beispiele an: odi, rot, koz, los, hoh, ora, lon, in Vergleich mit dem Gothischen: auths, rauds, gaut, laus, hauhs, auso, laun. Jm Niederdeutschen hat sich dieselbe Aussprache bis zur Stunde vollkommen erhalten. Frei-
Oevrigkeit; Klugheit, Klôgheit, u. ſ. w., zum Beweiſe, daß dieſe Endſilben ſpätern Urſprungs und dem Altniederdeutſchen fremd ſind.
Bei dieſer diphthongiſchen Geltung des [fremdsprachliches Material] neben ſeiner conſo- nantiſchen und vielſeitig vocaliſchen Geltung ſcheint denn auch die Compoſition des diphthongiſchen [fremdsprachliches Material] eine ſpätere zu ſein, welche be- ſonders zur Vermeidung von Verwechſelungen eingeführt wurde, ob- ſchon der Diphthong [fremdsprachliches Material], wenn auch nur neben dem diphthongiſchen [fremdsprachliches Material] und ſparſam, doch bereits in den älteſten Schriften ſich findet, bis er das diphthongiſche [fremdsprachliches Material] ebenſo ſehr zurückdrängte, wie in anderer Hinſicht das verdichtete [fremdsprachliches Material] vom [fremdsprachliches Material] zurückgeſchoben wurde.
Auch das verdichtete [fremdsprachliches Material] und mit ihm das für [fremdsprachliches Material] als ô gebrauchte [fremdsprachliches Material] hatte neben der vocaliſchen urſprünglich noch eine diphthongiſche Geltung (vgl. oben das vocaliſche [fremdsprachliches Material]), welche ſich auch im heutigen jüdiſchen Volksmunde erhalten hat. Man hört das [fremdsprachliches Material] vielfach wie au und wie ou ausſprechen. Dieſe Ausſprache iſt nach Ausweis der in dieſer Beziehung ſehr wichtigen älteſten Wörterbücher der Meſchummodim ſchon ſehr alt. Man hat dieſe Ausſprache wol als die ſächſiſche Judenmundart bezeichnet; doch iſt dieſe flache und flüchtige Bezeichnung ganz haltlos und falſch. Man könnte ſie mit weit mehr Fug und Recht die niederſächſiſche nennen. Bei näherer Forſchung nach dem Grund und Umfang dieſer Ausſprache bemerkt man zunächſt, daß vorzüglich das verdichtete [fremdsprachliches Material] wie au und ou ausgeſprochen wird, gleichwie das [fremdsprachliches Material], wenn es an Stelle des verdichteten [fremdsprachliches Material] ſteht. Dieſe Ausſprache findet aber wieder meiſtens nur dann ſtatt, wenn das [fremdsprachliches Material] oder [fremdsprachliches Material] in einer Wurzelſilbe ſteht. Sie ſcheint urſprünglich auch nur vor gewiſſen Conſonanten ſtattge- funden zu haben. Vergleicht man nun das Althochdeutſche, ſo findet man, daß hier das wurzelhafte ô vor den Conſonanten d, t, z, s, h, r und n aus au oder ou verdichtet iſt. Hahn, „Alt- hochdeutſche Grammatik“, S. 3, führt die Beiſpiele an: ôdi, rôt, kôz, lôs, hôh, ôra, lôn, in Vergleich mit dem Gothiſchen: auths, rauds, gaut, laus, hauhs, ausô, laun. Jm Niederdeutſchen hat ſich dieſelbe Ausſprache bis zur Stunde vollkommen erhalten. Frei-
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der in dieſer Beziehung ſehr wichtigen älteſten Wörterbücher der
Meſchummodim ſchon ſehr alt. Man hat dieſe Ausſprache wol
als die ſächſiſche Judenmundart bezeichnet; doch iſt dieſe flache
und flüchtige Bezeichnung ganz haltlos und falſch. Man könnte
ſie mit weit mehr Fug und Recht die niederſächſiſche nennen. Bei
näherer Forſchung nach dem Grund und Umfang dieſer Ausſprache
bemerkt man zunächſt, daß vorzüglich das verdichtete _ wie au und
ou ausgeſprochen wird, gleichwie das _ , wenn es an Stelle des
verdichteten _ ſteht. Dieſe Ausſprache findet aber wieder meiſtens
nur dann ſtatt, wenn das _ oder _ in einer Wurzelſilbe ſteht. Sie
ſcheint urſprünglich auch nur vor gewiſſen Conſonanten ſtattge-
funden zu haben. Vergleicht man nun das Althochdeutſche, ſo
findet man, daß hier das wurzelhafte ô vor den Conſonanten d,
t, z, s, h, r und n aus au oder ou verdichtet iſt. Hahn, „Alt-
hochdeutſche Grammatik“, S. 3, führt die Beiſpiele an: ôdi, rôt,
kôz, lôs, hôh, ôra, lôn, in Vergleich mit dem Gothiſchen: auths,
rauds, gaut, laus, hauhs, ausô, laun. Jm Niederdeutſchen hat
ſich dieſelbe Ausſprache bis zur Stunde vollkommen erhalten. Frei-
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/335>, abgerufen am 24.11.2024.
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