[fremdsprachliches Material] Judenmauschel! Beschnittene, berissene Hebräer! Zuweilen wird [fremdsprachliches Material] pleonastisch einem mit einem Consonanten schlie- ßenden Worte angehängt, wo es dann als schwaches e erscheint, z. B. am Schluß des Ahasverusspiels, wo der zum Tode ver- urtheilte Haman jammert: [fremdsprachliches Material] Ach Weibe, lieb's Weibe mein!
So zulässig dies "vocalisirende" [fremdsprachliches Material] auch von den Gramma- tikern erklärt und so häufig auch sein Gebrauch ist, so wenig kann im Jüdischdeutschen das [fremdsprachliches Material] als Vocal und vocalisirend gelten. Dieser Gebrauch bleibt immer ungrammatisch und alle bessern jüdischdeutschen Schriftsteller vermeiden ihn.
Da die weiche flüssige Aussprache des hebräischen [fremdsprachliches Material] schon dem Vocallaut sehr nahe kam, bot sich das [fremdsprachliches Material] im Judendeutschen wol am leichtesten für den deutschen Vocal u dar. Die Verdoppelung des [fremdsprachliches Material] zum Lippenspiranten [fremdsprachliches Material] war ebenso leicht gegeben wie die des lateinischen v in den Sprachen, in welchen der Lippenspirant w sich anbildete und in denen er auch als Halbvocal gilt. Doch hielt das hebräische [fremdsprachliches Material] beim Uebergange in das jüdischdeutsche die consonantische Geltung noch immer fest, obschon der consonantische Gebrauch des [fremdsprachliches Material] im Judendeutschen schon früh zurückzuweichen an- fing, bis es in der neuern jüdischdeutschen Literatur als Conso- nant fast ganz wegfällig wurde. Man findet das consonantische [fremdsprachliches Material] sogar schon in den ältesten jüdischdeutschen Schriften nur spar- sam gebraucht, z. B. bei Burtorf, a. a. O., S. 650 und 655, aus dem Schevet Jehuda, Wahlmodus der [fremdsprachliches Material], versam- melt; [fremdsprachliches Material], fahren; in Rabbi Eliesar's Parabel über die Teschuwa, Talm. Tract. vom Sabbat, Buxtorf, S. 659, Z. 1: [fremdsprachliches Material], viel- leicht; und daselbst, S. 662, Z. 6 v. u. im falschen Messias El David aus dem Schevet Jehuda: [fremdsprachliches Material] am Jahr viertausend achthundert neunzig fünf Jahr u. s. w.
Der Grund dieses Wegfalls des consonantischen [fremdsprachliches Material] liegt zu-
[fremdsprachliches Material] Judenmauſchel! Beſchnittene, beriſſene Hebräer! Zuweilen wird [fremdsprachliches Material] pleonaſtiſch einem mit einem Conſonanten ſchlie- ßenden Worte angehängt, wo es dann als ſchwaches e erſcheint, z. B. am Schluß des Ahasverusſpiels, wo der zum Tode ver- urtheilte Haman jammert: [fremdsprachliches Material] Ach Weibĕ, lieb’s Weibĕ mein!
So zuläſſig dies „vocaliſirende“ [fremdsprachliches Material] auch von den Gramma- tikern erklärt und ſo häufig auch ſein Gebrauch iſt, ſo wenig kann im Jüdiſchdeutſchen das [fremdsprachliches Material] als Vocal und vocaliſirend gelten. Dieſer Gebrauch bleibt immer ungrammatiſch und alle beſſern jüdiſchdeutſchen Schriftſteller vermeiden ihn.
Da die weiche flüſſige Ausſprache des hebräiſchen [fremdsprachliches Material] ſchon dem Vocallaut ſehr nahe kam, bot ſich das [fremdsprachliches Material] im Judendeutſchen wol am leichteſten für den deutſchen Vocal u dar. Die Verdoppelung des [fremdsprachliches Material] zum Lippenſpiranten [fremdsprachliches Material] war ebenſo leicht gegeben wie die des lateiniſchen v in den Sprachen, in welchen der Lippenſpirant w ſich anbildete und in denen er auch als Halbvocal gilt. Doch hielt das hebräiſche [fremdsprachliches Material] beim Uebergange in das jüdiſchdeutſche die conſonantiſche Geltung noch immer feſt, obſchon der conſonantiſche Gebrauch des [fremdsprachliches Material] im Judendeutſchen ſchon früh zurückzuweichen an- fing, bis es in der neuern jüdiſchdeutſchen Literatur als Conſo- nant faſt ganz wegfällig wurde. Man findet das conſonantiſche [fremdsprachliches Material] ſogar ſchon in den älteſten jüdiſchdeutſchen Schriften nur ſpar- ſam gebraucht, z. B. bei Burtorf, a. a. O., S. 650 und 655, aus dem Schevet Jehuda, Wahlmodus der [fremdsprachliches Material], verſam- melt; [fremdsprachliches Material], fahren; in Rabbi Elieſar’s Parabel über die Teſchuwa, Talm. Tract. vom Sabbat, Buxtorf, S. 659, Z. 1: [fremdsprachliches Material], viel- leicht; und daſelbſt, S. 662, Z. 6 v. u. im falſchen Meſſias El David aus dem Schevet Jehuda: [fremdsprachliches Material] am Jahr viertauſend achthundert neunzig fünf Jahr u. ſ. w.
Der Grund dieſes Wegfalls des conſonantiſchen [fremdsprachliches Material] liegt zu-
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Da die weiche flüſſige Ausſprache des hebräiſchen _ ſchon dem
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David aus dem Schevet Jehuda:
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/304>, abgerufen am 24.11.2024.
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