Erläuterung reicht aber nicht einmal zu diesem Zwecke aus, trotz- dem daß der Verfasser zum Pronomen possessivum die hebräi- schen Suffixen mit deutschem Ausdruck und zu den Zeitwörtern mehrere durchaus überflüssige Paradigmata gibt, welche letztere keineswegs dem Judendeutsch überhaupt eigenthümlich sind, son- dern die rohe Flexionsweise enthalten, wie sie dem gemeinen Mann überhaupt und namentlich in der niederdeutschen Mundart geläufig ist. Von einer jüdischdeutschen Grammatik kann daher nicht die Rede sein. Leseübungen hat der Verfasser gar nicht beigegeben. Das ist bei der Weise und dem Ton, den derselbe in seinen übri- gen Werken, wie z. B. im "Louberhüttenkränz" 1) und im "Linke Massematten" 2) u. s. w. zu Schmach und Hohn des Judenthums angeschlagen hat, aber auch nicht zu beklagen. Jm "Linke Masse- matten" zeigt sich der Verfasser als vollkommener Kenner des Gaunerthums, und das angehängte kleine Gaunerwörterbuch von nur 78 Vocabeln enthält lauter echte classische Gaunerausdrücke.
Neunundvierzigstes Kapitel. d) Anweisung zur Currentschrist.
a. Drucke.
Es sollen auch noch Anweisungen existiren zum Erlernen der jüdischdeutschen Currentschrift, wie diese, abweichend von der deutsch- rabbinischen Druckschrift, im schriftlichen Verkehr der Juden auch noch heute im geläufigsten Gebrauch ist und einen Hauptbestand- theil des Schreibunterrichts in den Judenschulen bildet. Da nun
1) "Louberhüttenkränz fer dien Eisig Herzfelder seiner Louberhütt. Zor Ergötzlichkeit fer die hochlöbliche Jüdenschaft am Schabbes unn Jontoff gewickelt und gewunden vun Jtzig Feitel Stern. Mit en lexekalisches Warterbuch behaft unn mit Kupferstichlich feihn unn koscher ausgetapezirt" (Meißen 1834).
2) "Die linke Massematten der houchlöbliche Jüdenschaft. E Pfillelich zon Unterricht unn zor Erbauing fer unnere Leut. Geschrieben unn drucken gelosst von J. F. Stern" u. s. w. (Meißen 1833).
Erläuterung reicht aber nicht einmal zu dieſem Zwecke aus, trotz- dem daß der Verfaſſer zum Pronomen possessivum die hebräi- ſchen Suffixen mit deutſchem Ausdruck und zu den Zeitwörtern mehrere durchaus überflüſſige Paradigmata gibt, welche letztere keineswegs dem Judendeutſch überhaupt eigenthümlich ſind, ſon- dern die rohe Flexionsweiſe enthalten, wie ſie dem gemeinen Mann überhaupt und namentlich in der niederdeutſchen Mundart geläufig iſt. Von einer jüdiſchdeutſchen Grammatik kann daher nicht die Rede ſein. Leſeübungen hat der Verfaſſer gar nicht beigegeben. Das iſt bei der Weiſe und dem Ton, den derſelbe in ſeinen übri- gen Werken, wie z. B. im „Louberhüttenkränz“ 1) und im „Linke Maſſematten“ 2) u. ſ. w. zu Schmach und Hohn des Judenthums angeſchlagen hat, aber auch nicht zu beklagen. Jm „Linke Maſſe- matten“ zeigt ſich der Verfaſſer als vollkommener Kenner des Gaunerthums, und das angehängte kleine Gaunerwörterbuch von nur 78 Vocabeln enthält lauter echte claſſiſche Gaunerausdrücke.
Neunundvierzigſtes Kapitel. d) Anweiſung zur Currentſchriſt.
α. Drucke.
Es ſollen auch noch Anweiſungen exiſtiren zum Erlernen der jüdiſchdeutſchen Currentſchrift, wie dieſe, abweichend von der deutſch- rabbiniſchen Druckſchrift, im ſchriftlichen Verkehr der Juden auch noch heute im geläufigſten Gebrauch iſt und einen Hauptbeſtand- theil des Schreibunterrichts in den Judenſchulen bildet. Da nun
1) „Louberhüttenkränz fer dien Eisig Herzfelder ſeiner Louberhütt. Zor Ergötzlichkeit fer die hochlöbliche Jüdenſchaft am Schabbes unn Jontoff gewickelt und gewunden vun Jtzig Feitel Stern. Mit en lexekaliſches Warterbuch behaft unn mit Kupferſtichlich feihn unn koſcher ausgetapezirt“ (Meißen 1834).
2) „Die linke Maſſematten der houchlöbliche Jüdenſchaft. E Pfillelich zon Unterricht unn zor Erbauing fer unnere Leut. Geſchrieben unn drucken gelosst von J. F. Stern“ u. ſ. w. (Meißen 1833).
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Erläuterung reicht aber nicht einmal zu dieſem Zwecke aus, trotz-
dem daß der Verfaſſer zum Pronomen possessivum die hebräi-
ſchen Suffixen mit deutſchem Ausdruck und zu den Zeitwörtern
mehrere durchaus überflüſſige Paradigmata gibt, welche letztere
keineswegs dem Judendeutſch überhaupt eigenthümlich ſind, ſon-
dern die rohe Flexionsweiſe enthalten, wie ſie dem gemeinen Mann
überhaupt und namentlich in der niederdeutſchen Mundart geläufig
iſt. Von einer jüdiſchdeutſchen Grammatik kann daher nicht die
Rede ſein. Leſeübungen hat der Verfaſſer gar nicht beigegeben.
Das iſt bei der Weiſe und dem Ton, den derſelbe in ſeinen übri-
gen Werken, wie z. B. im „Louberhüttenkränz“ 1) und im „Linke
Maſſematten“ 2) u. ſ. w. zu Schmach und Hohn des Judenthums
angeſchlagen hat, aber auch nicht zu beklagen. Jm „Linke Maſſe-
matten“ zeigt ſich der Verfaſſer als vollkommener Kenner des
Gaunerthums, und das angehängte kleine Gaunerwörterbuch von
nur 78 Vocabeln enthält lauter echte claſſiſche Gaunerausdrücke.
Neunundvierzigſtes Kapitel.
d) Anweiſung zur Currentſchriſt.
α. Drucke.
Es ſollen auch noch Anweiſungen exiſtiren zum Erlernen der
jüdiſchdeutſchen Currentſchrift, wie dieſe, abweichend von der deutſch-
rabbiniſchen Druckſchrift, im ſchriftlichen Verkehr der Juden auch
noch heute im geläufigſten Gebrauch iſt und einen Hauptbeſtand-
theil des Schreibunterrichts in den Judenſchulen bildet. Da nun
1) „Louberhüttenkränz fer dien Eisig Herzfelder ſeiner Louberhütt. Zor
Ergötzlichkeit fer die hochlöbliche Jüdenſchaft am Schabbes unn Jontoff gewickelt
und gewunden vun Jtzig Feitel Stern. Mit en lexekaliſches Warterbuch behaft
unn mit Kupferſtichlich feihn unn koſcher ausgetapezirt“ (Meißen 1834).
2) „Die linke Maſſematten der houchlöbliche Jüdenſchaft. E Pfillelich zon
Unterricht unn zor Erbauing fer unnere Leut. Geſchrieben unn drucken gelosst
von J. F. Stern“ u. ſ. w. (Meißen 1833).
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Avé-Lallemant, Friedrich Christian Benedikt: Das Deutsche Gaunerthum. Bd. 3. Leipzig, 1862, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/avelallemant_gaunerthum03_1862/274>, abgerufen am 18.07.2024.
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